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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

244 Mautern a. d. Donau, Schloßg. 6–8 (Schloß) 1551

Wappenstein mit Bauinschrift, roter Marmor, außen an der Südseite über dem Portal in Sandsteinrahmung vertieft eingelassen. Hochrechteckiger Stein, in der oberen Hälfte in leicht vertieftem Rundbogenfeld (die Zwickel mit zwei Volutenspangen ausgefüllt) Bischofswappen unter von Pedum durchsteckter Mitra und zwei Helmen, darunter siebenzeilige Inschrift.

H. ca. 150 cm, B. ca. 90 cm, Bu. ca. 10 cm. – Kapitalis.


Textedition
			

REVERENDISSIMVS · IN · CHR(IST)O / PATER · ET · D(OMI)N(V)S · WOLFFGAN/GVS · EX · FAMILIA · COMITVM · A · / SALM · EP(ISCOP)VS · PATAVIENSISa) / CV͜M · HANC · DOMVSb) · PA͜RTE(M) · NOVA(M) / ERLXISSETc) AN͜NO · D(OMI)NI · M · D · LI / HVNC · LAPIDEM · APPONI · IVSSITd)

Anmerkungen
a) folgt ein Leerraum im Ausmaß von zwei Zeichen bis zum rechten Rand.
b) O in D eingeschrieben.
c) sic! für EREXISSET.
d) Trennzeichen quadrangelförmig.

Der in Christus wohlehrwürdige Pater und Herr Wolfgang aus dem Geschlecht der Grafen von Salm, Bischof von Passau, ließ diesen Stein, nachdem er diesen neuen Gebäudeteil im Jahr 1551 errichten hatte lassen, anbringen.


Wappen: Hochstift Passau/Salm-Neuburg1).


Kommentar

Das Mauterner Schloß war von 972 bis 1734 Amtssitz des bischöflich-Passauischen Pflegers der Stadt und wurde im Spätmittelalter dementsprechend auch als Gerichtshof oder Dechanthof bezeichnet. Der in der heutigen Form im 18. Jahrhundert erbaute Nordflügel des Gebäudes liegt über der adaptierten Nordmauer des römischen Kastells, Teile des Südflügels mit der 1306 erwähnten Andreaskapelle bzw. des Ostflügels dürften bereits um 1300 existiert haben, mit dem vor 1667 errichteten Westflügel (noch um 1900 nach dem Erbauer, dem Passauer Hauptmann Karl Joseph von Caretto sog. „Carettoflügel“) wurde die Anlage zu einem regelmäßigen Viereck geschlossen. Die vorliegende Bauinschrift bezieht sich auf die um die Mitte des 16. Jahrhunderts abgeschlossene Neuerrichtung oder Adaptierung des Südflügels2).

Der neben der konventionellen bischöflichen Intitulatio prominent formulierte Hinweis Bischof Wolfgangs von Passau (Bischof 1541–1555) auf die Abstammung aus gräflicher Familie findet sich in anderer Form auch in der Inschrift eines Wappensteins von 1552 im ehemaligen Passauer Marschallhaus, in wörtlicher Übereinstimmung erscheint die gesamte Intitulatio der Mauterner Inschrift auch in der Inschrift des zu Lebzeiten errichteten verlorenen Grabdenkmals Bischof Wolfgangs im Passauer Dom3).

Die Tafel stammt angesichts der deutlichen Parallelen in der etwas unbeholfenen und plumpen Gestaltung der Vollwappen (charakteristisch u. a. die schneckenartigen Einrollungen der Zaddelenden der Helmdecke sowie an den oberen Schildecken) aus jener Werkstatt, die innerhalb des Bearbeitungsgebiets schon die Wappengrabplatte des Hans und der Brigitta Kirchberger (Kat.-Nr. 210) angefertigt hatte. Während auf jener jedoch überwiegend breite, annähernd in ein Quadrat einschreibbare Einzelformen bei geringem Zeilenzwischenraum ein äußerst dichtes Schriftbild ergeben, sind die Buchstaben in der gegenständlichen Inschrift bei weitgehend gleichem Formenkanon deutlich schlanker proportioniert. Abweichend ist auch der in Mautern weniger stark ausgeprägte Wechsel von Haar- und Schattenstrichen. An Einzelformen differieren vom älteren Stein im wesentlichen nur das M mit hier deutlich weniger weit gegen die Basislinie reichendem Mittelteil und R mit hier durchgebogener oder nur minimal geschwungener Cauda.

1) Geviert von Hochstift Passau (steigender Wolf ) und Salm-Neuburg (Si OÖ 314 [Wappen I] und Taf. 82 [Nieder-Salm I]); rechts offener Helm, aus Helmkrone wachsender bekleideter Arm, eine Kugel (?) haltend; links offener Helm, darüber Stulphut mit zwei gestürzten Salmen.
2) S. StiB Göttweig, Cod. rot 896 (Dückelmann), fol. 216r (zur Andreaskapelle), Schweiger, Zauber 327f. und Ertel, Bauwerke 6. Freundliche Hinweise lieferte auch Dr. Gerd Maroli (Mautern).
3) S. DI 67, Kat.-Nr. 541, 555† und 556†. Zu Leben und Person Wolfgangs von Salm (gest. 1555), Sohn des bekannten Feldherren Niklas (II.) Graf Salm-Neuburg und der Elisabeth von Roggendorf, vgl. knapp mit Verweisen auf die ausführlichere ältere Literatur Leidl, Salm passim. Ein „Epicedion“ in elegischen Distichen auf Bischof Wolfgang von Martin Mylius erschien 1555 in Wien im Druck, literarische Grabinschriften (eine „ara“ und ein „epitaphium“) auf Wolfgang Salm stammen aus der Feder des Nikolaus Reusner s. bei Reusner, Anathemata fol. A5r, s. zu diesem Inschriftendruck Zajic, (Grab-)Inschriftensammlungen 241 und 243.
Literatur

ÖKT 1, 318. – Thiel/Dungl, Mautern 313. – Schaffran, Land 83. – Dworschak, Krems-Stein 39. – ÖAW, NLH, 4. 7. 1958. – Eppel, Kunst 189. – Schweiger, Zauber 327. – Maroli, Entstehungsgeschichte Anm. 41. – Dehio Süd 1377. – www.burgen-austria.com/Archiv.asp?Artikel=Mautern%20-%20Schloss (Werner Hammerl; Juli 2006; Abb.).



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 244,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil3/noe-3-obj244.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich  Politischer Bezirk Krems  Mautern a. d. Donau, Schloßg. 6–8 (Schloß)    •  Wappenstein  •  roter Marmor  •  Kapitalis  •  Caretto, Karl Joseph  •  Kirchberger, Hans  •  Mylius, Martin  •  Neidegg, Brigitta  •  Reusner, Nikolaus  •  Roggendorf, Elisabeth  •  Salm, Niklas II.  •  Salm, Wolfgang  •  Mautern a. d. Donau  •  Passau

Abbildungen

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Abb. 121: Bauinschrift (1551)
©  ÖAW, Wien, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Michael Malina)Bundesdenkmalamt, Wien, Fotoarchiv