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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

247 Grafenegg, Schloß 1553

Wappengrabplatte des Erhard oder Lienhard (Leonhard) und anderer Angehöriger der Familie Kelberharder, hellroter Marmor, sekundär im Kapellenhof an der Wand der erste Stein von Westen, ursprünglich wahrscheinlich in der vor 1791 abgebrochenen Pfarrkirche Grafenwörth. Hochrechteckige Platte mit zehnzeiliger Inschrift unter leicht vertieftem, annähernd quadratischem Feld mit Vollwappen in der oberen Hälfte. Gesamte Platte stark abgetreten, in der linken Hälfte und am unteren Rand Inschrift völlig verloren, oberer Rand des Steins mit der Spitze der Helmzier annähernd waagrecht abgebrochen, rechte untere Ecke beschädigt.

H. 153 cm, B. 87 cm, Bu. 4,5 cm. – Gotische Minuskel mit Versalien.


Textedition
			

– – – begr]aben die Edln vn(d) / [– – –] khelbersharder / [– – –] ist gestorben jm / [– – –] jar vnd her nach / [– – –]ardt khelbersharder / [– – –] ist den 19 dag / [– – –] im 53 jar vnd / [– – – n]amens vn(d) stam/[mens – – – a]ll[e]n der allma)/[– – –]

Anmerkungen
a) erg. vermutlich allm/[ächtige gott – – – o. ä.; die Schriftreste der letzten Z. nicht mehr zuordenbar.

Wappen: Kelberharder1).


Kommentar

Der in Z. 5 der Inschrift nur in Resten erhaltene Vorname dürfte entweder zu Erhard oder Lienhard (Leonhard), dem offenbar 1553 verstorbenen letzten Vertreter der niederadeligen Kelberharder (wohl nach dem schon gegen Ende des 14. Jahrhunderts in fremdem Eigentum befindlichen festen Sitz Kälberhart), zu ergänzen sein. Das Schloß Grafenwörth befand sich schon um die Mitte des 15. Jahrhunderts im Besitz der Kelberharder, die bald nach 1400 im Umfeld der Maissauer auftraten und durch wiederholten Frauentausch mit den Grabnern mehrfach verschwägert waren.

Lienhard (Leonhard) Kelberharder zu Grafenwörth verkaufte 1541 zusammen mit Erhard Pichler von Rieggers einen von ihrem Verwandten Georg Pottschaller ererbten Hof samt Zubehör in Pottschall und das Dorf Oberradl an Georg Geyer von Osterburg zu Haindorf, im selben Jahr kaufte er zwei Brandstätten in Jettsdorf von seinem „schwager“ Hans Mam(m)inger zu Nußdorf ob d. Traisen an2). 1543 war er Angehöriger des am 24. August des Jahrs in Krems gesammelten ständischen Aufgebots für den Einsatz in Preßburg3), 1548 befand er sich mit dem Kloster Herzogenburg im Streit wegen der beiderseitigen Rechte an den Grundholden in (Nieder-)Seebarn a. Wagram4). Noch 1550 wird er als Inhaber von Grafenwörth genannt, sein mutmaßlicher Bruder Erhard war zur selben Zeit Burggraf von Horn5).

Leonhard war offenbar mit Brigitta, wahrscheinlich einer Tochter des Adam (d. Ä.) und der Katharina Schwetkowitz, verheiratet. Eine aus dieser Ehe stammende Tochter Katharina starb 1555 und wurde in der Wiener Minoritenkirche bestattet6). Zur Grafenwörther Herrschaft gehörte vor 1602 auch der wohl nach den Kelberhardern benannte Kälberhof bei Würnsdorf sowie das Kelberharder Amt in Krumau am Kamp7).

Eine inschriftenpaläographische Beurteilung ist angesichts des schlechten Erhaltungszustands nicht sinnvoll.

1) Si NÖ 1, 216f. (Kälberharter) und Taf. 104, vgl. auch NÖLA, Hs. 236/4, pag. 772.
2) S. NÖLA, Landrechtsurk. 169 (1541 Dezember 6; Siegler u. a. Georg Grabner) und NÖLA, Privaturk. 4138 (1541 Juni 1, Nußdorf ob d. Traisen).
3) S. NÖLA, Hs. 78/3, pag. 219.
4) S. StiA Herzogenburg, H. n. 648 (1548 Jänner 21, Grafenwörth): Andreas Thonradl zu Thernberg und Rehberg, Bernhard Thurzó zu Grafenegg, Valentin Vindinger zu Droß und Matthäus von Neidegg zu Ranna entscheiden als Kommission im oben genannten Streit.
5) S. NÖLA, Hs. 78/1, pag. 644 und NÖLA, Hs. 236/1, pag. 774.
6) Zur kopial überlieferten Inschrift des Grabdenkmals, offenbar einer Wappengrabplatte oder einem Epitaph mit den Wappen beider Eltern, s. ÖNB, Cod. Ser. nov. 12.781, pag. 128 und Salvadori, Minoritenkirche 343.
7) Vgl. Vancsa, Kälberhof und Plesser/Groß, Heimatkunde 201. 1602 kaufte den Kälberhof und das Krumauer Amt Peter Gregorotzki (s. Kat.-Nr. 288) von Hans und Georg Rueber zu Pixendorf an, s. NÖLA, Hs. 236/5, pag. 250 (recte 450!) und Lampl, Krumau 547.
Literatur

ÖKT 1, Beiheft 31 (Wappen: „Schweinskopf“, „unleserliche Inschrift“; E. 16. Jh.). – ÖAW, NLH, 3. 4. 1966. – Schmidtbauer, Grafenegg 7.



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 247,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil3/noe-3-obj247.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 120: Grabplattenfragment
der Kelberharder (1553)
©  ÖAW, Wien, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Michael Malina)