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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

281 Albrechtsberg a. d. Gr. Krems,
Pfk. Mariä Stiegen
1571

Wappengrabplatte des Christoph Sebastian von Peukham, roter Marmor, an der Nordwand der südlichen Kapelle (Marienkapelle) der dritte Stein von Westen, ursprünglich an unbekanntem Standort in der alten Pfarrkirche, von 15911) (?) bis zum Umbau der Kirche um 1765 an nicht näher bekanntem Standort ebd. an der Wand, danach im Boden der südlichen Kapelle, von dort 1914 nach außen an die Südseite des Langhauses verbracht, dort bis 1991. In den oberen zwei Dritteln des Steins 14-zeilige Inschrift, darunter in vertieftem Feld (die Oberfläche des Steins an drei Seiten als schmale Rahmung) zwei Vollwappen. Gesamte Platte stark abgetreten, besonders in der oberen Hälfte teilweise völliger Schriftverlust.

H. 205 cm, B. 103 cm, Bu. 4,5–5 cm. – Kapitalis.


Textedition
			

HIEa) [VNTER DISEM STAI]N LIGT / DER [EDL GESTR]ENG H[E]RRa) [CHR]ISTOF / SEB[ASTIAN VON P]EVCKH[A]IM ZV AL/BRE[CHTSBERG]a) NEBEN [S]EINEN ELT=/ERN H[ERRNa) ERASM] VON PEVCKHAIM / VNDb) F[RAVE]N CATHARINA GEBORNEN / VON [LAPPITZ] B[E]GRABEN VND IST / DEN · 3 · APRIL[IS] IM · 1571 · IAR CHRISTc) / SEINES ALTER[S] IM · 28 · IAR GESTOR/BEN WEL[CHE]Ma) FR[A]W ELISABETH / GEBOR[N]E [B]EHEMIN VON FRIDESH=/AIM SEIN [NAC]HGELASSNE WITTIB / AVS CHO[N]LI[C]HER LIEB DISE / GEDACH[TNV]S VERORDENT HATd)

Anmerkungen
a) Anfangsbuchstabe vergrößert.
b) N retrograd.
c) sic!
d) Beschädigungen erg. nach ÖNB, Cod. 9221, fol. 57r.

Wappen: Peukham2); Friedesheim3).


Kommentar

Christoph Sebastian von Peukham, wohl 1544 als Sohn des Erasmus (d. J.) von Peukham und dessen zweiter Gemahlin Katharina von Lappitz (s. Kat.-Nr. 224) geboren, folgte nach Erreichung der Vogtbarkeit seinem Vater im Besitz der Herrschaft Albrechtsberg nach. Zusätzlich zu den ererbten Gütern brachte er das Amt Neustadtl und vermutlich auch die Burg Streitwiesen an sich4). In seiner Funktion als Albrechtsberger Kirchenpatron setzte er die unter seinem Vater aufgebrochenen und unter der Verwaltung seiner Mutter weiterbestehenden Streitigkeiten5) mit den jeweiligen Pfarrern und der Pfarrgemeinde fort. 1566 schloß er mit der Pfarre einen Vergleich, wonach die im selben Jahre von ihm einbehaltenen Pfarreinkünfte an den Pfarrer auszubezahlen waren, weiters der unrechtmäßig eingehobene Albrechtsberger Zehent wieder der Pfarre zugute kommen sollte6). Die weiteren Auseinandersetzungen standen vor dem Hintergrund der konfessionellen Differenzen zwischen der – wenigstens im Prozeß von einer katholischen Gruppe vertretenen – Pfarrgemeinde und der protestantischen Herrschaft. 1571 klagte die Gemeinde Albrechtsberg bei Kaiser Maximilian II. wegen des schlechten Bauzustands der Pfarrkirche7). Im selben Jahr führte die Gemeinde Klage beim Passauer Offizial gegen Peukham, weil er den Pfarrer Wolfgang Ortwein (Erdtwein) ohne deren Vorwissen eingesetzt hatte. In diesem Zusammenhang wurde Ortwein auch die „stürmung der pilder unnd hinnembung der ornata unnd anderer khirchen geziert“ mit Billigung und Auftrag Peukhams vorgeworfen. Aus seiner Ehe mit Elisabeth Beheim von Friedesheim (s. Kat.-Nr. 320) stammten die Söhne Hans Bernhard und Erasmus, die beiden ledig verstorbenen Wolf Wilhelm und Christian Sebastian8) und wohl wenigstens eine Tochter, über die sich eine weitschichtige Verwandtschaft mit dem kaiserlichen Rat und Kammerprokurator bzw. Hofkammerrat Dr. Johann Baptist Linsmayer von Greiffenberg zu Weinzierl herstellte.

Christoph Sebastian starb, wie in der Inschrift angegeben, am 3. April 1571 und wurde in der Nähe seiner Eltern in der Pfarrkirche Albrechtsberg begraben. Dabei scheint das vorliegende Denkmal – im Auftrag seiner Witwe angefertigt – zunächst als Grabplatte die Begräbnisstätte im Kirchenboden bedeckt zu haben9). Da es allerdings in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts als „an der maur“ befindlich bezeichnet wird10), ohne daß in der Zwischenzeit ein größerer Umbau der Kirche die Verlegung notwendig gemacht hätte, liegt die Annahme nahe, Christophs Witwe hätte anläßlich der Errichtung der Peukhamschen Gruft 1591 (s. Kat.-Nr. 320) die sterblichen Überreste ihres ersten Ehemanns in der neuen Gruft wiederbestatten und die nunmehr funktionslos gewordene Grabplatte an der Kirchenmauer befesttigen lassen.

Die Inschrift weist tendenziell recht schmale Einzelformen in aufgrund des bescheidenen Niveaus variantenreicher Ausführung auf: Bei A mit stark unterschiedlichem Winkel der Schrägschäfte sitzt der Balken meist recht hoch, B hat in der Mehrzahl einen größeren unteren Bogen und einen nicht bis zum Schaft geschlossenen Mittelteil, E weist in der Regel einen verkürzten Mittel- und verlängerten unteren Balken auf, bei G reicht die Cauda bis zur Mittellinie, M ist in der Mehrzahl gerade, vereinzelt leicht konisch ausgeführt, bei beiden Formen reicht der Mittelteil fast bis an die Basislinie, O ist eher schmal, der Bogen von P mit einer Haarlinie bis zum Schaft geschlossen, das durchgehend sehr schmale R hat eine gerade oder leicht durchgebogene, vereinzelt stachelförmige Cauda, W besteht aus zwei verschränkten V. Generell ist der Unterschied zwischen Haar- und Schattenlinien wenig ausgeprägt, freie Schaft-, Balken und Bogenenden sind teilweise spachtelförmig verbreitert, teilweise mit dreieckigen Sporen besetzt.

1) S. Kommentar.
2) S. Si NÖ 1, 343f. und Taf. 187 und vgl. die tingierten Darstellungen in NÖLA, Hs. 82, fol. 40r und NÖLA, Hs. 236/1, pag. 406.
3) S. Si NÖ 1, 101 und Taf. 50, am Stein jedoch ohne Herzschild, vgl. auch die tingierte Darstellung in NÖLA, Hs. 82, fol. 118v.
4) Vgl. NÖLA, Schloßarchiv Seisenegg Kt. 12, C-143: Hans Bernhard von Peukham an seinen „schwager und nachbar“ Johann Linsmayer von Greiffenberg zu Weinzierl etc. wegen Verkaufsanbahnungen über das Amt Neustadtl, 1601 März 9, Streitwiesen; 1 Ebl. Papier. Plesser/Groß, Heimatkunde 296, nennen als Datum für den Erwerb von Streitwiesen durch die Peukham 1598.
5) DASP, Pfarr- und Klosterakten Albrechtsberg, 1588: Aufstellung der Einlagen der Pfarre durch Pfarrer Georg Lufft: „Item hat die frau Peuckhamerin mir entzogen ain zehendt auf iren gründen und öden häusern, so iehrlich ainem pharrer der zehendt davon ist geraicht worden, in die zwen mutth habern und khorn...“.
6) Ebd., 1566 Dezember 29, Hartenstein: Vergleich zwischen der Pfarre als Kläger und Peukham (s. o.); Kommissare: Ludwig Beheim von Friedesheim zu Lengenfeld, Leo Laglberger zu Niedernondorf, Sigmund Leisser zu Kammern, Achaz Gundrechinger zu Heinrichschlag, Ortolf Eisenhammer, Prokurator der NÖ Landrechte, und Wolf Vöttenhuber zu Haiding, Bestandinhaber von Brunn a. Walde, vgl. auch Plesser, Kirchengeschichte (1939) 9 und Zajic, „Zu ewiger gedächtnis aufgericht“ 131.
7) Ebd. (1571 vor April 3), Albrechtsberg; Rat von Albrechtsberg („Oboraczbar“) an K. Maximilian. „So nimbt der von Buchaym (!) die grunndt zu seinen hannden, da mit gaadt die kristlichenn kirchen zu grunnd unnd zu bodenn, wie es dan layder vor augen ist, das mir schier nicht frolich dorffen zu predich leudenn, mir mussenn besorgen, das die glockhenn durch das gewelmb obar fahlenn unnd etliches volck in der kirchen verderben; auch ist die kirchen ann dem dach gannz baufellich, das es zu besorgen ist, das der regenn das gewelmb werdt verderben (...)“. Auch der Pfarrhof sei so ruinös, daß sich kein Pfarrer lange aufhalten wolle. Die Schuld dafür liege bei Peukham, der die Kirchengüter einziehe, „dann wo midt soll die christliche kirche erhalten werden, dann midt denn guettern so zu der kiergen gehorenn (...)“. Die Klage über den schlechten Bauzustand der Kirche war schon 1534 gegen Christophs Vater Erasmus erhoben worden (s. Kat.-Nr. 225).
8) S. Si NÖ 1, 344 und Schodl 218. Zu Hans Bernhard vgl. auch Kat.-Nr. 373. Erasmus, 1608 k. Fähnrich, unterzeichnete den Horner Bund und wurde 1620 geächtet, s. Schodl, Zusammensetzung 218.
9) Darauf deuten die Formulierung HIE VNTER DISEM STAIN (die allerdings schon gegen Ende des 15. Jh. ihre eigentliche Bedeutung verliert und als feste Formel auch auf Epitaphien aufscheint, die von Anfang an senkrecht an der Wand angebracht waren), die Beschädigung, die Größe und vor allem die Gestaltung des Steines (flache und bis auf das Wappenrelief schmucklose Platte) hin.
10) S. ÖNB, Cod. 9221, fol. 57r.
Literatur

NÖLA Hs. 82, fol. 119v. – ÖNB, Cod. 9221, fol. 57r. – DASP, Nachlässe 5, Heft L, fol. 34r. – ÖKT 4, 7. – Riesenhuber, Kunstdenkmäler 15 („Zehn Grabsteine [von] 1442 [bis] 1793“). – Biedermann, Albrechtsberg 12 (Anm. 29) und 35. – Eppel, Waldviertel 76. – Zotti, Kunst 2, 15. – Dehio Nord 7 („Verwitterter Stein mit 2 reliefierten Wappen“). – Zajic, Aeternae Memoriae Sacrum, Kat.-Nr. 83 (Abb. 83). – Zajic, „Zu ewiger gedächtnis aufgericht“ 135.



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 281,
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Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
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