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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich
Politischer Bezirk Krems
291 |
Mauternbach, gegenüber Nr. 10 |
1576 |
Epitaph der Maria von Trenbach, Solnhofer Plattenkalk und (in Resten) dunkelrot und gelb gefaßter Sandstein, ursprünglich wohl aus der Pfarrkirche oder dem Friedhof von Mautern stammend, sekundär in einem schmucklosen barocken Bildstock an der Durchzugsstraße gegenüber dem Haus Nr. 10 vermauert. Kleine Ädikula mit zentralem Relief aus Solnhofer Plattenkalk. In Rundbogenfeld unter Wolkenband links unten junges Mädchen mit Haarkranz in langem Kleid mit Halskrause (durch kleines Kreuz rechts neben der Figur als verstorben gekennzeichnet) kniend im Gebet vor dem Kruzifixus in der rechten Bildhälfte (über dem Kreuzestitulus [I] die Heiliggeisttaube), zu ihren Füßen ein kleiner Hund, in der Bildmitte unten der ihr zugeordnete Wappenschild. Von den zum Gebet gefalteten Händen ausgehend zum Kreuz hin reichendes gewundenes Spruchband (II), im Hintergrund Stadtkulisse. Die flankierenden gerauteten Pilaster (Sandstein, Marmor vortäuschend dunkelrot gefaßt) stützen den breiten Fries mit vierzeiliger Inschrift (III), im Aufsatz halbkreisförmiges Relief Gottvater mit Segensgestus als Halbfigur, im Unterhang Rollwerktafel mit fünzeiliger queroblonger Inschriftenkartusche (IV). In den 1960er Jahren Relief stark fleckig, Fries an beiden Seiten und Rollwerktafel beschädigt. 1988 restauriert (Erich Pummer, Rossatz), dabei rote Fassung der Sandsteinteile weitgehend entfernt, Inschriften nachgezogen.
H. 115 cm, B. 48 cm, Bu. 0,6 cm (I), 1 cm (II), 1,2 cm (III) und 1,5 cm (IV). – Kapitalis.
Textedition
I.
· I · N · R · Na) ·
II.
MOR//IENSb) // VIVOb) ·
III.
VIRGI͜NISc) . HA͜EC . CASTA͜E . MA͜RIA͜ E . GRA͜VIS . V͜RN͜A . TEN[ET] /
FRIGIIDA . M͜ E(M)BRA . STVDETd) . SP(IRIT)VS . ASTRA . POL[I]e) /
FILIA TRE(N)BECCIf) . FVERAT : PERCHA͜RA . PA͜RE(N)TI[S] /
STAMINA . SED . FREGIT . PA͜RCA . DOL(O)SAf) MA(N)[V]e)
IV.
AN(N)Og) . M . DLXXVI . / DIE . VI . SEPTEM(B)R(IS)f) / A͜ETATIS . IIII
. AN(N)OR(VM) XXX . / HEBDO(MADARVM) MIGRAVIT / AD
SVPEROSh) ·
Anmerkungen
Kommentar
Die mit zahlreichen Vertretern der Familie wenigstens zeitweise in Niederösterreich lebenden Trenbacher wurden zwar nie formal in den NÖ Ritterstand aufgenommen, in den ständischen Aufnahmeakten werden sie jedoch namentlich als zum Jahr 1598 ausgestorben geführt2).
Die Verstorbene dürfte eine natürliche Tochter des 1564 in Göttweig eingetretenen Konventualen und Priors (1566–1578, gest. 1597) sowie Pfarrers von Mautern und Unternalb, Sixtus Laurentius von Trenbach, gewesen sein. Sixtus Laurentius war der illegitime Sohn einer Verwandten des Passauer Bischofs Urban von Trenbach (vgl. Kat.-Nr. 341†), der 1586 seinen Wiener Offizial Melchior Klesl anwies, Sixtus Laurentius, der entgegen einer früher abgegebenen Erklärung das Wappen der Familie führte, dessen „pettschaft und wappenring, auch innsigl, do er dergleichen hette, gegen bezahlung des werts an metal abzufordern“3). Mit seiner Frau und der Tochter Maria hatte Trenbach, vom erst viel später im Konvent disziplinierend und gegenreformatorisch tätigen Göttweiger Abt Michael Herrlich (s. Kat.-Nr. 304) unbehelligt, im Mauterner Pfarrhof gewohnt4). Möglicherweise war jedoch die Tatsache der illegitimen Geburt Marias dafür verantwortlich, daß der Name ihres später als Pfarrer von Unternalb verstorbenen Vaters in der Grabinschrift nicht genannt wird.
Die in den Distichen der versifizierten Grabbezeugung ausgedrückte Leib/Seele-Dichotomie (urna tenet frigida membra, studet spiritus astra poli) gehört in unzähligen Variationen seit dem Frühmittelalter zu den verbreitesten Topoi metrischer Grabinschriften (vgl. auch Kat.-Nr. 204). Die mit einer großen Vielzahl an Verben hergestellte Junktur von „spiritus“ und „astra“ gehört zum Standardrepertoire spätantiker und mittelalterlicher Epitaphiendichtung5).
Das Epitaph zeigt in Größe, Material, Gesamtkomposition, ornamentalen Details der Pilaster, der steinfarbigen Fassung des Rahmens und der Schriftformen größte Übereinstimmung mit dem wohl im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts zweifellos in derselben Werkstatt entstandenen Epitaph des Hieronymus (?) Geyer von Osterburg in der Pfarrkirche Weiten6). Beide Denkmäler scheinen also entweder anhand derselben Vorlage eines Musterbuchs angefertigt worden zu sein oder lediglich durch Inschriften, Wappen und Details der bildlichen Darstellung individualisierte Halbfertigprodukte darzustellen. Vermutlich ebenfalls aus dieser Werkstätte stammt das zu Lebzeiten entstandene rotmarmorne Epitaph des Sixtus Laurentius in der Pfarrkirche Unternalb, das dem Verstorbenen wie dessen Tochter auf dem Mauterner Epitaph das Spruchband MORIENS VIVO, eine Paraphrase von Trenbachs Wortdevise „Vivo et morior“ beilegt7). Als weitere Arbeit dieser Werkstatt hat Leonore Pühringer-Zwanowetz anhand der stilistischen Parallelen zum Mauternbacher Epitaph ein Relief (ehem. Teil eines Epitaphs?) aus Solnhofer Plattenkalk mit dem Gekreuzigten und einer Stifterfigur aus dem Kremser Haus Göglstr. 18, heute WEINSTADTmuseum Krems (Inv.-Nr. S 26) eingeordnet8).
Literatur
Andreas Zajic
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
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Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich Politischer Bezirk Krems Mauternbach, gegenüber Nr. 10 • Epitaph • Plattenkalk • Sandstein • Kreuzestitulus • Kapitalis • Inschriften des Totengedenkens •
Ferus, Johannes •
Geyer, Hieronymus •
Herrlich, Michael •
Johannes a Via •
Klesl, Melchior •
Pühringer-Zwanowetz, Leonore •
Pummer, Erich •
Trenbach, Maria, Sixtus Laurentius, Urban •
Göttweig, Benediktinerkloster •
Krems a. d. Donau, Dominikanerkloster •
Mainz •
Mautern a. d. Donau •
Obernalb •
Passau •
Unternalb •
Weiten
Abbildungen
Abb. 133: Epitaph der Maria von Trenbach (1576) ©
ÖAW, Wien, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Michael Malina)
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Ich lebe, auch wenn ich sterbe (II).
Die erkalteten Glieder der keuschen Jungfrau Maria umfaßt diese gewichtige Urne, die Seele strebt nach den Sternen des Himmels. Eine Trenbach-Tochter war sie, den Eltern überaus lieb, doch die (zarten) Fäden zerriß das Schicksal mit trügerischer Hand (III).
Im Jahr 1576, am 6. September wanderte sie ins Jenseits hinüber, ihres Alters vier Jahre und 30 Wochen (IV).
Elegische Distichen (III).