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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

292 Schiltern, Schloß 1576 (?)

„Venezianischer“ Rauchfang mit Bauzahl und Initialen, (ehem.) Sgraffito-, jetzt größtenteils Sekkomalerei, im Schloßhof auf dem Dach des Nordtrakts. Vier- bis fünfgeschossiger, an Nord-, Ost- und Südseite dekorativ bemalter Aufbau: Zuoberst mehrfach geschweifter, durch Ziegelsattel- und darunterliegendes Mansarddach gedeckter, mehrfach geschweifter und mit Abzugsöffnungen versehener Giebel als Windfang. Darunter durch mehrfach profiliertes rot/weiß gebändertes Gesims abgesetztes niedriges Geschoß mit je zwei sgraffitierten Arkadenstellungen an den Längsseiten und einer einfachen Arkade an der Schmalseite, die Doppelarkaden mit naiven Halbfiguren (hell auf dunkelgrauem Putzgrund) in Wams, Halskrause und Barett gefüllt. Darunter, von einer einfachen gebänderten Stableiste getrennt, höheres Geschoß: in naiver roter Umrißzeichnung an der Südseite Kniefigur eines Landsknechts in Pumphosen, mit Halskrause und Hut, in den Händen eine Helmbarte, an der Nordseite zwei Landsknechte (Musketiere) mit geschulterten Flinten einander gegenüberstehend, an der Ostseite vor dunkelgrauem Putzgrund heller Wappenschild mit über dem Wappenbild am Oberrand aufgemalten roten Initialen (I), unter dem Schild, durch schmale rot/weiße Ornamentleiste getrennt, Bauzahl (II). Im darunterliegenden, durch mehrfach profiliertes Gesims abgesetzten höheren, durch in roten Linien aufgemalte Putzquaderung gegliederten Geschoß an der Ostseite vollflächige naive Darstellung einer Frauenfigur in langem roten, vorne über weißem Unterkleid aufspringenden Mantelkleid mit Hermelinsaum, darüber eine kurze Jacke, extrem breite Halskrause und breitkrempiger roter Hut, der Hintergrund mit Weinrankengeflecht ausgefüllt. Unterstes Geschoß, bereits zur Hälfte in die Dachhaut eingebunden, durch schmales schmuckloses Gesims abgesetzt und mit gemalter Putzquaderung versehen. Umrißzeichnung der Figuren rot aufgemalt, der Putzgrund der Sgraffitoflächen dunkelgrau. 1965 und rezent restauriert.

Bu. ca. 12 cm (I) bzw. 25 cm (II). – Kapitalis.


Textedition
			

I. C(HRISTOPH) V(LRICH) W(OLF) H(ANS) H(ERREN) G(EBRVEDER) L(EISSER) II. ·1·57·6a) ·

Anmerkungen
a) Lesung unsicher: 1596 (?); als Trennzeichen rot aufgemalte Rauten.

Wappen: Leisser1).


Kommentar

Hans, ein Sohn des 1553 verstorbenen Christoph Leisser zu Neunzen und der Margarete von Eibiswald (s. ausführlicher Kat.-Nr. 294 und 314), wurde für sich selbst und als Lehensträger seiner Vettern Christoph, Ulrich, Wolf und Georg Leisser 1569 (?) mit Kronsegg belehnt, das zusammen mit Schiltern von Helmhard Jörger als Gerhab der unvogtbaren Erben des Adam Mühlwanger verkauft worden war2). Seine am 29. August 1593 verstorbene Frau Katharina von Hohenfeld wollte er mit Erlaubnis des Zwettler Abtes Johann Seyfried in der dem Kloster unterstehenden Pfarrkirche Edelbach, der Grablege seines Vaters, nach evangelischem Gebrauch beisetzen lassen. 1597 gehörte er zu den Beisitzern im Strafgericht des NÖ Bauernaufstands. Noch 1615 scheint er, nach Neunzen zubenannt, in Urkunden auf. Ulrich Leisser benannte sich noch 1626 nach Kronsegg und Neunzen3).

Die Ziffer 7 der Jahreszahl ist – soferne es sich nicht tatsächlich um eine durch restauratorische Eingriffe entstellte 9 handelt – einigermaßen kurios ausgefallen: der an der Basislinie nach links umgebogene Schaft trägt einen in zwei nebeneinandersitzende kleine Bögen, von denen der rechte gebrochen ist, umgeformten Deckbalken.

1) Si NÖ 1, 270 (Leysser, Fhren.) und Taf. 140 (Stammwappen), vgl. NÖLA, Hs. 237/4, pag. 215.
2) S. Topographie 5, 519f. Biedermann, Schiltern 13, nennt als Käufer von Kronsegg und Schiltern 1569 Hans, Erasmus, Maximilian, Sigmund und Ulrich Leisser und setzt die Belehnung ins Jahr 1595.
3) S. Plesser, Neunzen 236 und Kainz, Strafgericht 50. Weitere Angaben zu den genannten Personen und den Leisser allgemein s. in NÖLA, Hs. 236/4, pag. 215–225 sowie bei Si NÖ 1, 270.
Literatur

Biedermann, Schiltern 13f. (1596). – ÖAW, NLH, 5. 4. 1966. – Eppel, Waldviertel 206 (1596). – Dehio Nord



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 292,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil3/noe-3-obj292.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 127: Rauchfang (1576)
©  Bundesdenkmalamt, Wien, Fotoarchiv