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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

299 Imbach, Pfk. Mariä Geburt 1580

Epitaph des Kolumban und der Margarete Sichelschmid, Sandstein und Solnhofer Plattenkalk, im zweiten Chorjoch an der Nordwand. Der Aufbau paraphrasiert eine Ädikula: Kleine zentrale Relieftafel aus Solnhofer Plattenkalk; in der oberen Hälfte Hl. Dreifaltigkeit in Wolkenband thronend, darüber und flankierend mehrere Cherubsköpfe, in der unteren Hälfte die im Gebet kniende Stifterfamilie, links der Verstorbene in spanischem Kostüm, mit einem kleinen Kreuz bezeichnet, vor ihm zwei Söhne, rechts die Mutter mit langem Mantelkleid und steifem flachen Hut und Kinnbinde, vor ihr zwei Töchter, die beiden Knaben und das kleinere Mädchen mit kleinen Kreuzen als verstorben gekennzeichnet. Andachtsbild gerahmt von zwei gedrungenen Sandsteinpilastern mit Volutenkapitellen und Beschlagwerkdekor, im unteren Abschnitt je eine Löwenmaske, nach außen Volutenspangen als Rahmenfragmente. Darüber Gebälk mit schmalem profilierten Architrav, in der Frieszone dreizeilige gestaffelt zentrierte Inschrift (I), darüber breites, profiliertes Gesims. Im Aufsatz Rollwerkkartusche aus Sandstein mit vollrunder Tafel aus Solnhofer Plattenkalk, darauf zwei aneinandergeschobene (Eheallianz-)Wappenschilde (der [heraldisch] rechte linksgewendet), an einem gemeinsamen Riemen aufgehängt. Kartusche von zwei Putti flankiert, die sich an den seitlichen Rollwerkwalzen anhalten. Im Untersatz querrechteckige, unten mittig mit runder Ausbuchtung versehene neunzeilige Inschrifttafel (II) aus Solnhofer Plattenkalk, in Beschlagwerkrahmung aus Sandstein. Inschrift (II) vergoldet.

H. 194 cm, B. 110 cm, Bu. 2,5 cm (I) bzw. 2 cm (II, Z. 1–6; Z. 7–9 von 1,3 auf 0,7 cm kontinuierlich abnehmend). – Kapitalis.


Textedition
			

I. DIS · IST · MEIN · LIEBER · SON · AN DEM / ICH · EIN · WOLGEFALLEN · HAB · DEN / SOLT · IR · HOREN · ALLE , MATH(AEI) AM · 3a) II. HIE · LIGT · BEGRABEN · DER · ERSAM · / VND · WEIS , COLLVMBANVSb) · SICH͜LSMIT / VND · MARGRETA · SEIN · EHLICH͜E · HAVS/FRAV · SAMT · VIER · IREN · EHLEIBLICH(EN) · / KINDERN , ER · IST · GESTORBE(N) · DEN · / XVIII · APRIL(I)S ; IM · LXXX · IAR , VND · SIE · / DEN <..> TAG <– – –> DES <..> IAR · GOT · WELE · INE(N)c) / VN(D) VNS · AL(LEN) · GN͜E/DIG SEIN(N)a)

Anmerkungen
a) Trennzeichen quadrangelförmig.
b) Anfangsbuchstabe leicht vergrößert.
c) ab hier in der unteren Ausbuchtung.

Nach Mt 3,17 (I).


Wappen: Sichelschmid1); unbekannt2).


Kommentar

Kolumban Sichelschmid war ein Sohn der Anna und des Senftenberger Richters Stephan Sichelschmid, der 1533 in dieser Funktion bei der Übergabe der Temporalien des dem Dominikanerinnenkloster inkorporierten Katharinenbenefiziums an Priorin Otilia Enzenberger anwesend war3). Kolumbans Witwe Margarete heiratete 1581 den offenbar aus Gedersdorf stammenden Imbacher Schaffer (seit wenigstens 1588) Josaphat (d. J.) Ysperer (Isperer), dem sie die ehemaligen Sichelschmidschen Häuser (seit 1555, heute Kircheng. 6 und 8 bzw. Hofstatt 69) in die Ehe einbrachte. Ysperer war noch 1598 als Verwalter der Klosterherrschaft im Amt, 1612 schenkte er das Haus in den Hofstätten seinen Schwiegereltern, dem kaiserlichen Rat und vormaligen NÖ Vizedom (1581) Wolf(gang) und der Anna Maria Furth von Furthenburg. Ein Verwandter Ysperers war im frühen 17. Jahrhundert Inhaber des ehemals Balthasar Winkler gehörenden Freihauses in Gföhl (vgl. Kat.-Nr. 301†). Ysperers Nachfolger als Imbacher Schaffer war Paul Mandl, der 1611 bereits als ehemaliger Inhaber dieses Amts genannt wird4).

Im architektonischen Gesamtaufbau, dem Beschlagwerkdekor der Pilaster und der Figurenzeichnung erinnert das Epitaph stark an zwei offensichtlich aus einer gemeinsamen Werkstatt stammende Epitaphien im oberösterreichischen Mühlviertel, nämlich an die Epitaphien des Pfarrers Ambrosius Faschang (gest. 1591) in der Pfarrkirche Kirchberg ob d. Donau bzw. des Hans und der Katharina Öder (nach 1575) in der Pfarrkirche Neufelden5).

Die Inschriften I und II wurden zwar offensichtlich von Angehörigen derselben Werkstatt ausgeführt, was die übereinstimmenden Einzelformen zeigen, die unterschiedlichen Materialien der beschrifteten Flächen (oben Sandstein, unten Solnhofer Plattenkalk) und ein generell schwächeres Ausführungsniveau der oberen Inschrift lassen jedoch deutliche Unterschiede zutage treten. Die untere Inschrift wurde wohl mit einigem gestalterischen Anspruch konzipiert, das Resultat läßt aber Schwächen erkennen, vor allem eine völlig ungenügende Raumeinteilung, wodurch schon die für das Todesdatum der Witwe freigelassenen Stellen viel zu knapp geraten sind und der Text ab Ende von Z. 7 nur noch in der kleinen Ausbuchtung der Tafel nach unten untergebracht werden konnte.

An mehreren Einzelformen ist ein gewisses Stilisierungsniveau abzulesen, wie an B mit tendenziell größerem unteren, den oberen und den Schaft im Idealfall nicht berührenden Bogen, oder R mit vom Bogen leicht abgesetzter Cauda. Nicht immer konnten diese Prinzipien jedoch verwirklicht werden. Besonders bei A schwankt der Duktus auffällig, selten gelingt es auch, die Schrägschäfte von M an der Oberlinie spitz zusammentreffen zu lassen. Freie Schaft- und Bogenenden werden zu kräftigen Serifen ausgezogen, die Schattenachse der nur mäßig fetten Schäfte und Bögen liegt in den Rechtsschrägen. Bei den verwendeten epigraphischen Kürzungszeichen ist der Siculus ungewöhnlicherweise nach oben geöffnet.

1) Sitzender Löwe; in der erhobenen rechten Pranke eine Sichel.
2) Senkrecht gestellter, leicht durchgebogener, teils belaubter Ast.
3) S. HHStA, AUR 1533 VIII 25 (1533 August 25, Imbach; Notariatsinstrument des Gregor Khallersdorffer, Benefiziat in Krems), vgl. Fux, Schleier 268. Stephan Sichelschmid von Senftenberg besaß 1530 und noch 1555 offenbar auch zwei dem Spitzer Pfarrer mit 2 bzw. 6 den. dienstbare Häuser in Spitz (?) „in Paradeiß“ und „am Khlauberhoff“, s. DASP, PA Spitz 7/1/1 (Kirchenrechnungen 1), Dienstbuch des Fr. Viktor Lauser für 1530–34, fol. 19v und 51r. Während das väterliche Haus in Spitz „am Klauberhof “ 1575/76 im Besitz Kolumbans war, hatte das Haus „im Paradeis“ 1576 mit Georg Voglmair einen anderen Besitzer.
4) S. Fux, Schleier 103, 142, 535, 572 und 603. Zu den am 3. März 1601 mit dem oben genannten, am 20. November 1581 nobilitierten Wolf(gang) (gest. vor 1605) in den NÖ Ritterstand aufgenommenen Furth (seit 30. September 1609: von Furthenburg vgl. NÖLA, Hs. 236/2, pag. 765f. und Si OÖ 54.
5) S. Dehio Mühlviertel 348f. und 472 und vgl. in Zukunft den von Rainer Schraml für die DI vorbereiteten Band mit den Inschriften der PB Rohrbach und Urfahr-Umgebung.
Literatur

DASP, Nachlässe 5, Heft K, fol. 37r. – ÖKT 1, 193 (A. 17. Jh.). – Riesenhuber, Kunstdenkmäler 130 („Sieben Grabsteine, 17. und 18. Jh.“). – Schaffran, Land 133. – ÖAW, NLH, 18. 4. 1962. – Zotti, Kunst 2, 165 (A. 17. Jh.). – Dehio Nord 469. – Hanika, Imbach 22. – Fux, Schleier 103 und 534f. (Abb.).



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 299,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil3/noe-3-obj299.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 137–138: Epitaph des Kolumban Sichelschmid (1580) und Detail
©  ÖAW, Wien, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Michael Malina)