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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

300 Raan Nr. 3a 1580

Wappenstein mit Wortdevise und Jahreszahl, graugelber Sandstein, außen am Gartenportal des Gebäudes. Portal mit schlicht profiliertem Gewände, aufgesetzt Gebälk mit mehrfach profiliertem verkröpften Gesims, im Fries zwischen zwei hermenbesetzten Pilastern anstelle der Kämpferblöcke drei Eheallianzwappen in Rollwerkkartuschen, darüber gefälteltes Spruchband.

H. (des Wappenfelds) 40 cm, B. 94 cm, Bu. 4 cm. – Kapitalis.


Textedition
			

ICH BEDAC//HTS · GO//T : V(EIT) A(LBRECHT)a) : / VOLBRA//CH͜TS · 1580

Anmerkungen
a) V͜A in Nexus litterarum.

Wappen: Kreig1); Puchheim2); Roggendorf3).


Kommentar

Das heute stark veränderte Wohngebäude, als Sitz des Verwalters des nebenliegenden Wirtschaftsoder Meierhofs zur damals Puchheimschen Herrschaft Horn gehörig, wurde offenbar um 1580 von Veit Albrecht von Puchheim zu einem kleinen Adelssitz aus- bzw. umgebaut.

Veit Albrecht von Puchheim (1535–1584), aus alter österreichischer Herrenstandsfamilie4) stammend, war im Testament seines Vaters Hans (IX.) 1544 als Hofknabe des Passauer Bischofs Wolfgangs von Salm (vgl. Kat.-Nr. 244) vorgesehen gewesen. Nach einer Schulausbildung in Wien (bis 1551) und einer Kavalierstour mit den Stationen Brüssel und Augsburg kehrte er 1556 nach Niederösterreich zurück. Von 1566 bis 1576 fungierte er als Herrenstandsverordneter, 1570 wurde er kaiserlicher Rat und Hofkriegsrat. Persönlich theologisch interessiert, gehörte er zu jenen tonangebenden Adeligen, die nach 1570 auf eine Regulierung des evangelischen Kirchenwesens im Land unter der Enns drängten und für die Vorbereitung der „Kirchen-Agenda“ von 1571 sorgten. 1577 erließ er zusammen mit seinem Pfarrer Laurenz Becher eine Kirchenordnung für seine Herrschaft Horn und ließ in der Horner Stadtpfarrkirche Hl. Stephan (damals außerhalb der Stadt) anläßlich des Todes seiner ersten, mit ihm 1559 vermählten Frau Elisabeth von Kreig/Krajířová z Krajku und seiner Mutter Anna von Seeberg eine Gruftanlage einbauen, die bis 1620 mindestens 18 mal mit Familienangehörigen belegt wurde.

Seine zweite Frau Helena, eine Tochter des NÖ Landmarschalls Hans Wilhelm von Roggendorf und der Margarete von Herberstein, hatte er bald nach der 1578 geschlossenen Heiratsabrede am 1. März 1579 geehelicht. Nach seinem kinderlosen Tod am 25. Februar 1584 fiel die Herrschaft Horn an seinen Bruder Dietrich, der sie wieder mit der ebenfalls Puchheimschen Herrschaft Wildberg vereinigte. Helena von Roggendorf verließ nach dem Tod ihres Mannes Horn und lebte anscheinend in einem illegitimen Verhältnis mit Michael Gebhart, dem evangelischen Prädikanten der von ihrem Vater ererbten Herrschaft Mittergrabern5).

Die nach der Ächtung des Reichard von Puchheim 1620 von der Hofkammer konfiszierten Herrschaften Horn und Drosendorf hatte 1622 der Hofkammervizepräsident Vinzenz Muschinger erworben. Durch dessen zweite Tochter Martha Elisabeth fielen beide Herrschaften 1627 an deren Ehemann Ferdinand Sigmund Graf Kurz von Senftenau, kaiserlicher Rat, Kämmerer und Reichshofrat sowie nachmaliger Reichsvizekanzler, der im selben Jahr auch Raan zur Arrondierung des Horner Besitzes ankaufte6).

1) S. Si NÖ 1, 246 und Taf. 126 (Wappen I).
2) S. Si OÖ 278 und Taf. 75 (Wappen IV) und Si NÖ 1, 367 und Taf. 201 (Wappen II).
3) S. Si NÖ 1, 379 („Anderes Wappen“) und Taf. 212 (Wappen III), am Stein jedoch abweichend Feld 3 linksgewendet.
4) Vgl. zur Frühgeschichte des Geschlechts jetzt Weltin, Anfänge.
5) Vgl. Reingrabner, Adel (1976) 36f. mit Anm. 262, Neugebauer, Landtage 100f., Reingrabner, Adel (1990) 202, 209 (Kat.-Nr. 8.02) und 216 (Kat.-Nr. 8.22), Reingrabner, Elisabeth von Puchheim 40 und Zajic, „Zu ewiger gedächtnis aufgericht“ 118. Die Wappen Veit Albrechts und Helenas bzw. das Seeberger Wappen finden sich auch an der Sgraffitofassade des ehem. Puchheimschen Freihauses in Horn, Kirchenpl. 1, vgl. Dehio Nord 459. Die Wappengrabplatte der 1570 verstorbenen Margarete von Roggendorf, geb. von Herberstein, ursprünglich im Chor der Pfk. Hl. Stephan in Frauendorf an der Schmida, hatte sich noch im 18. Jahrhundert an der Kirchenaußenseite bzw. am Friedhof befunden und scheint verloren zu sein, vgl. die Federzeichnung in StiB Göttweig, Cod. rot 895 (Dückelmann), fol. 137r.
6) S. Stögmann, Kurz 45.
Literatur

Dehio Nord 931.



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 300,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil3/noe-3-obj300.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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