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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich
Politischer Bezirk Krems
313 |
Lengenfeld, Pfk. Hl. Pankraz |
1588 |
Epitaph der Judith von Friedesheim, Solnhofer Plattenkalk und schwarzer Schiefer, im südlichen Seitenschiff im dritten Joch an der Südwand, 1897 von der Westwand des Seitenschiffs dorthin übertragen. Dreigeschossiger Aufbau: Annähernd quadratische zentrale Tafel aus Solnhofer Plattenkalk, im vertieften Bildfeld in der Mitte der Kruzifixus mit schwarz nachgezogenem Titulus (II), in dichten Wolkenbändern eilen vom linken und rechten oberen Bildrand zwei Engel herbei. Links unter dem Kreuzesstamm (in der Mitte Totenschädel über gekreuztem Gebein) die drei Ehemänner der Verstorbenen in Harnisch (die Helme über gekreuztem Handschuhpaar auf dem Boden abgesetzt) im Gebet kniend, durch drei kleine Spruchbänder mit schwarz nachgezogenen Inschriften (III–V) namentlich, die beiden äußeren Figuren durch kleine rot nachgezogene Kreuze über den Köpfen als verstorben gekennzeichnet, zwischen zweiter (durch einen ehemals schwarz bemalten Kommandostab in der Linken als Offizier gekennzeichnet) und dritter Figur kleine Gestalt eines männlichen, frühverstorbenen Kindes, durch kleines Spruchband mit schwarz nachgezogener Inschrift (VI) und Kreuz über dem Kopf namentlich und als verstorben gekennzeichnet. Jeweils unterhalb der Figur das zugehörige Vollwappen, unter dem Kleinkind ein Wappenschild. Rechts unter dem Kreuzesstamm die Verstorbene (ganz außen) und zwei ihrer Töchter in langen Mantelkleidern (Unterkleid der äußeren Figur als Brokatstoff charakterisiert) und flachen barettartigen Hauben im Gebet kniend, um den Hals der beiden äußeren Figuren lange Ketten mit abschließendem Bisamapfel (?), alle drei durch kleine Spruchbänder mit schwarz nachgezogenen Inschriften (VII–IX) namentlich, die beiden äußeren Figuren durch kleine Kreuze über den Köpfen als verstorben gekennzeichnet. Unter den Figuren der Töchter der jeweils zugehörige väterliche Wappenschild, unter der Verstorbenen ein Vollwappen. Im Bildhintergrund phantastische monumentale Stadtansicht. Im Aufsatz geschweifte Beschlagwerktafel aus Solnhofer Plattenkalk mit vollrund eingesetzter Platte aus schwarzem Schiefer mit achtzeiliger Inschrift (I). Im Unterhang schmucklose querrechteckige Tafel aus schwarzem Schiefer mit elfzeiliger Inschrift (X). Auf den Vollwappen geringe Reste ehemaliger, wohl sekundärer (heraldisch korrekter) Tingierung.
H. 186 cm, B. 94 cm, Bu. 2,5 cm (I und X) bzw. 1,5 cm (II) und 0,3–0,4 cm (III–IX). – Fraktur (I und X), Fraktur mit Elementen schreibschriftlicher Frakturkursive (Halbkurrent; III–IX) und Kapitalis (I und II).
Textedition
I.
Wie Moses Jn D͜er Wu/esten eine schlange erhöeh͜et / Hat Also mus Des
mensch͜e(n) Sohn / erhöchet werd͜en auf das alle Die / an Jhn glaub͜en nicht
verlohren / werden sondern das Ewige / Leben hab͜en, Joan(nes) 3 / NVMERI
· XXI
II.
· I · N · R · I ·
III.
H(err) H(anns) Von Landaw / freyherr Z(um) H(auss) V(nd) R(apottenstain)
IV.
H(err) H(anns) Rueber freyherr / vnd Ritter Veldobrister
V.
H(err) Christ(of ) Von Prag / freyherr Z(u) W(indhag) A(uf ) E(nglstain)
VI.
Samuel Rueber / freyherr Sönle
VII.
F(raw) Judit gebor(ne) Rueberin / freyherrin. 2 · Tochter
VIII.
F(raw) Marusch geb(orne) von Landaw / freyherrin. 1 Tochter
IX.
F(raw) Judit gebor(ne) vo(n) Frideshaim der 3 / f(rey)h(err)n gmahl hie begraben
X.
Die wolgeborn Fraw Fraw Judith Geborne von Frideshaim so erstlich͜en Herren
/ Hannsen von Landaw Freyh͜ errn Zum hauss vnd Rapottenstain Röm(ischer)
Kay(serlicher) M(ayesta)t etc(etera) / Rath Dan Herrn Hannsen Rueber Zu
Puchsendorff vnd Grafenwerth Freyh͜errn vnd / Rittern Auch Kay(serlicher)
M(ayesta)t etc(etera) Rath vnd General veld öb͜eristen Jm ob͜ ern Crais Hungarn
vnd / entlich Herrn Christoffen von prag Freyh͜ern Zu windhag auf Englstain
etc(etera) Nacheinandera) / Elich gehabt Jst d͜ en 7 Marty Neuen Calend͜ers Jm ·
1588 · Jar Christi, als sy 45 Jar · 10 / Monath vnd 17 tag gelebt h͜ ette Jn Jrem
phandschilling Des Schloß Grafenw͜erth Chri/=istlichb) gestorb͜ en vnd wie sy
alhie im schloß Lengenfeld geborn war Also auch in diser / phfarkhirch͜en
b͜egrab͜en vnd in Jres Geschlechts Frideshaimisch͜en Grufft hie vndten /
Eingesetzt word͜ en Alda Der Frelichen Auferstehung vom Todt erwartent
welch͜er / Jre Erben Jnhalt Jres Testaments Dise Gedächtnuß verorndnet habena)
Anmerkungen
Wappen: Landau1); Rueber2); Rueber2); Prag3); Rueber2); Landau1); Friedesheim4).
Kommentar
Judith von Friedesheim (geb. 1542) war eine Tochter des vormaligen Haller Münzmeisters Kaiser Maximilians I., späteren Kammergrafen von Kremnitz und Burghauptmanns bzw. Gespans von Altsohl (1524–1537/39) der Königin Maria sowie Rats Ferdinands I., Bernhard Beheim von Friedesheim (1483–1547), der Lengenfeld 1535 mittelbar von Christoph von Seisenegg (s. Kat.-Nr. 141) angekauft hatte, und dessen zweiter Ehefrau, Margarete von Blumenegg (Pluemeck, gest. 1572), und somit die jüngere Schwester der Elisabeth von Friedesheim (s. Kat.-Nr. 320)5). Ihrem ersten Ehemann Hans von Landau, einem Sohn Jörgs (I.) von Landau zum Haus, der am 19. Juni 1564 zusammen mit seinen jüngeren Brüdern Joachim, Lutz (Lucius, V.), Sigmund und Achaz mit dem Prädikat „zum Haus und Rapottenstein“ in den Freiherrenstand erhoben worden war, hatte sie nach dessen Tod 1575 ein monumentales Epitaph in der Landauschen Erbgrablege in der Pfarrkirche Wartberg ob d. Aist errichten lassen6). Ihren jüngeren Brüdern, dem als Auftraggeber bzw. Vollender des sogenannten „Friedesheimschen Wappenbuchs“ der NÖ Stände7) bekannten NÖ Ritterstandsverordneten (1595–99) und NÖ Regimentsrat (seit 1588) Wilhelm Bernhard (1545–1605) und Hans Thomas Beheim von Friedesheim (1546–1587) sowie deren Geschwistern und Erben verlieh Erzherzog Ernst per Dekret an die NÖ Regierung und Kammer 1584 das Privileg, fortan nur noch den Namen von Friedesheim führen zu dürfen. Während das vor liegende Epitaph die neue Titulatur verständlicherweise bereits verwendet, brauchte die Durchsetzung dieser Änderung bei anderen Schreibern wesentlich länger8). 1588 verkaufte Dorothea, geb. von Hohberg, Witwe nach Judiths drittem Bruder Ludwig von Friedesheim, anstelle und zugunsten ihres unvogtbaren Sohnes Melchior von Friedesheim ihrem Schwager Wilhelm Bernhard die ihrem Sohn gehörende und in einem im Vorjahr abgefaßten Teillibell beschriebene Hälfte an Schloß (sog. „Neues Schloß“, heute Langenloiserstr. 50), Herrschaft und Markt Lengenfeld samt dem von ihrem verstorbenen Mann neuerbauten Hof „auf der Haid gegen Baidenhölzern werz, die Schütten genant“ und den Dominikalgütern (Hofmühle, Ziegelofen, Stadel, Herrschaftstaverne samt Keller) sowie der Vogtei über die Pfarrkirche und Schloßkapelle Lengenfeld, den Pfarrhof und die Marktschule sowie die zugehörigen Gerichtsrechte. Lediglich „das ganz alte gschlosß mit seinem wassergraben und der mairhof daneben“ (sog. „Altes Schloß“ oder „Pudlhof“, östlich vom „Neuen Schloß“) sollte „soweit derselbe in der rinckhmaur (…) umbfangen ist“, jedoch unter Ausschluß des ebenfalls verkauften Patronats über die Schloßkapelle, ihrem Sohn verbleiben9). 1620 wurde die Herrschaft Lengenfeld von der Hofkammer nach Ächtung der Brüder Helmhart (1613 und 1618 NÖ Raitherr, 1619 NÖ Ritterstandsverordneter, 1620 Direktor des Horner Deputiertenkollegiums) und Karl von Friedesheim als Rebellen eingezogen und als Kompensation für dessen Forderungen über 45.000 fl. zusammen mit der ebenfalls eingezogenen Herrschaft Winkelberg (vormals Andreas von Stadel) an Michael Adolf Graf Althan übergeben, der sie umgehend dem von ihm gegründeten Kremser Jesuitenkolleg stiftete10).
In der Friedesheimschen Gruft in der Pfarrkirche Lengenfeld wurden zwischen etwa 1550 und 1600 mindestens 15 Angehörige der Familie beigesetzt11). Die Geschlossenheit der Bestattungen durch mehrere Generationen und die dadurch bedingte Wirkmächtigkeit dieses symbolträchtigen und familienintern verbindlichen Beisetzungsorts dürften auch Judith von Friedesheim, der als Witwe aus drei Ehen zumindest theoretisch auch andere Möglichkeiten offengestanden hätten, zur Entscheidung für die Gruft ihrer Herkunftsfamilie als letzte Ruhestätte bewogen haben12).
Zu Hans Rueber von Pixendorf vgl. Kat.-Nr. 249. Auf dem Epitaph wird er von den neben ihm ebenfalls im Trabharnisch dargestellten späteren Ehemännern seiner Frau durch den ihm beigegebenen Kommandostab als hochrangiger militärischer Befehlshaber unterschieden. Seine ungewöhnliche Doppelbezeichnung als freyherr vnd ritter dürfte auf die noch um 1600 besonders für ranghohe militärische Befehlshaber vereinzelt durchgeführte Verleihung der Ritterwürde durch formalen Ritterschlag Bezug nehmen13).
Christoph (II.) von Prag zu Windhaag auf Engelstein und Neuwaldegg (geb. 1542) war ein Sohn des Andreas (I.) von Prag zu Windhaag auf Weitra und der Katharina Magdalena, Tochter Gregors von Lamberg. Judith von Friedesheim hatte er nach dem Tod seiner ersten Frau Katharina von Prösing, mit der er drei Töchter Engelburg, Elisabeth und Maria und die Söhne Hans Christoph, Lasla (III.) und Andreas (II.) hatte, am 21. Mai 1586 geheiratet. Sein Großvater Lasla (I.), kaiserlicher Rat und Kämmerer, aus Kärntner Familie stammend, war vielleicht schon 1480 Angehöriger des NÖ Herrenstands gewesen, spätestens 1505 benannte er sich nach der Herrschaft Windhaag bei Perg, die ihm seine erste Frau Anna Regina Tanpeck spätestens 1485 in die Ehe eingebracht hatte, und führte den Titel eines Erbmarschalls in Kärnten. 1492 war er Hauptmann von Radkersburg, 1494 Pfleger von Enns, 1495–1500 Rat und Truchseß Maximilians I. sowie Hauptmann von Wiener Neustadt, ab 1501 NÖ Regimentsrat, von etwa 1483 bis zu seinem Tod 1514 fungierte er als Pfleger von Freistadt. 1505 wurde er mit seinen Erben in den Freiherrenstand (mit dem Prädikat „von Windhaag“) erhoben. In zweiter Ehe war er mit Anna Fuchs von Fuchsberg verheiratet14).
Die explizite Datierung des Sterbevermerks nach dem Neuen Kalender stellt innerhalb des bearbeiteten Bestands einen Ausnahmefall dar. Noch 1584 war offenbar in den meisten Orten in der Umgebung der Stadt Krems, wo in jenem Jahr wenigstens offiziell bereits die Gregorianische Reform durchgeführt worden war, ebenso wie wohl fast im gesamten Viertel ober Manhartsberg der Alte Kalender beobachtet worden15).
Die Namensbeischriften zu den dargestellten Verstorbenen zeigen teils starken Einfluß schreibschriftlicher Schriftarten wie v. a. der Frakturkursive (Halbkurrent).
Literatur
Andreas Zajic
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
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Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich Politischer Bezirk Krems Lengenfeld, Pfk. Hl. Pankraz • Epitaph • Plattenkalk • schwarzer Schiefer • Titulus • Fraktur • Halbkurrent • Kapitalis • Inschriften des Totengedenkens • Kreuzestitulus • Namensbeischrift •
Althan, Michael Adolf •
Beheim von Friedesheim, Bernhard, Elisabeth, Hans Thomas, Helmhart, Judith, Karl, Ludwig, Melchior, Wilhelm Bernhard •
Blumenegg, Margarete •
Ernst •
Ferdinand I. •
Fuchs von Fuchsberg, Anna •
Hohberg, Dorothea •
Hohberg, Melchior d. Ä. •
Klesl, Melchior •
Kollonitsch, Seifried •
Lamberg, Gregor •
Lamberg, Katharina Magdalena •
Landau, Achaz, Hans, Joachim, Jörg I., Lutz, Margarete •
Maria •
Maximilian I. •
Prag, Andreas I., Andreas II., Christoph II., Elisabeth, Engelburg, Hans Christoph •
Kärnten, Lasla •
Kärnten, Maria •
Prösing, Katharina •
Rueber, Hans, Judith, Samuel •
Seisenegg, Christoph •
Sinzendorf, Judith, Lienhard, Pilgrim I. •
Stadel, Andreas •
Starzhauser, Hans Ludwig •
Tanpeck, Anna Regina •
Teufel, Georg •
Trauttmansdorff, Sophia •
Trauttmansdorff, Wolf Dietrich •
Trenbach, Urban •
Ungnad, Hans •
Volkra, Christina •
Altenburg •
Altsohl •
Enns •
Freistadt •
Grafenwörth •
Hall i. Tirol •
Kremnitz •
Krems a. d. Donau, Jesuitenkolleg •
Lengenfeld, Hof auf der Schütten •
Neuwaldegg •
Passau •
Pixendorf •
Radkersburg •
Senftenberg •
Thunau a. Kamp, Filialkirche •
Wartberg ob d. Aist •
Wiener Neustadt •
Windhaag bei Perg •
Winkelberg
Abbildungen
Abb. 144: Epitaph der Judith von Friedesheim (1588)
Abb. 145: Detail
©
Bundesdenkmalamt, Wien, Fotoarchiv
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Joh 3,14 (I).