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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich
Politischer Bezirk Krems
315 |
Rastenfeld, Pfk. Mariä Himmelfahrt |
1588 |
Epitaph des Erasmus (?) von Kuenburg, Tempera auf Holz, an der Chornordwand, ursprünglich angeblich in der Klosterkirche Geras (?), noch 1926 in der Schloßkapelle Hl. Florian in Ottenstein, am heutigen Standort wenigstens seit 1965. Vollrunde Scheibe, in der oberen Hälfte Darstellung der Marienkrönung (Maria in weißem Kleid und hellgrauem Mantel) durch die Hl. Dreifaltigkeit (Christus in rotem Mantel), umgeben von dunkelgrauem Wolkenband und beseitet von je drei Cherubsköpfen. Darunter beiderseits einer in den Scheitelpunkten mit Groteskmasken besetzten Rollwerktafel mit vierzeilig schwarz auf weiß aufgemalter Inschrift (I) zwei im Gebet kniende Figuren: links männliche Figur (mit kleinem roten Kreuz über den Händen als verstorben gekennzeichnet) mit grauem Vollbart in blankem, gold geätzten Harnasch, in den gefalteten Händen eine Paternosterschnur aus Koralle, der Geschlossene Helm mit Federzier am Boden abgesetzt, rechts weibliche Figur in langem schwarzen Mantelkleid mit Puffärmeln und weißer Haube, in den gefalteten Händen eine Paternosterschnur aus Koralle, um den Hals ein goldenes Amulett. Zuunterst zwei Vollwappen. Im Bildhintergrund links Ansicht eines Dorfs mit Kirche in hügeliger Landschaft, rechts Siedlung mit Kirche in gebirgigem Gelände vor weiter Tallandschaft. Am Rand der Scheibe umlaufende, nach innen durch vergoldete Stableiste abgesetzte fragmentierte Umschrift (II†), heute vollständig dunkelbraun übermalt. Restauriert.
D. ca. 135 cm, Bu. ca. 4 cm (I). – Fraktur.
Wiedergabe von Inschrift II† nach ÖKT 8, 85 (Fig. 64) bzw. Biedermann, Rastenfeld 11 (Abb.).
Textedition
I.
Maria Christi Muetter schon, /
von Gott dem Vatter Breitgam Son. /
Geehrt wird mit der goldnen Cron, /
Vnd Triumphiert in Himels Thron.
II†.
Das Epitaphiu(m) Hat die Edl er(n)tuge(n)thafft fraw [– – –] machen lasse(n) Jm
1588 Jar. Dem Gott genadig sey. Amen.
Anmerkungen
Wappen: Kuenburg1); Lamberg2).
Kommentar
Der bildlich dargestellte Verstorbene dürfte Erasmus von Kuenburg zu Khünegg und Neukirchen, zweitältester Sohn des Pflegers von (Ober-)Sachsenburg und Khünburg, Christoph (II.) von Kuenburg zu Khünegg (gest. 1542), und dessen dritter Ehefrau, Sibylla von Silberberg, gewesen sein. Am 4. Juni 1506 oder 1509 geboren, fungierte er wie sein Vater ab 1539, wohl schon mit dem Titel eines erzbischöflich Salzburger Rats versehen, als Pfleger auf (Ober-)Sachsenburg, seit 1558 als Pfleger und Propst von Werfen und Pfleger von Feldsberg. 1560 schloß er zusammen mit seinem jüngeren Bruder Christoph (III.), der ihm 1586 als Pfleger von Werfen nachfolgte, über den ererbten Sitz Khünegg, die neu angekaufte Herrschaft Neukirchen (am Großvenediger) und weitere Salzburger Lehen, die sie von ihrem jüngsten Bruder, dem Salzburger Erzbischof Michael von Kuenburg, empfangen hatten, einen fideikommißartigen Erbvertrag.
In erster Ehe war er mit Katharina Schla(d)minger (gest. 1570) verheiratet, die ihm neben einer jung verstorbenen Tochter eine Tochter Elisabeth gebar, die 1565 den Friesacher Vizedom Georg Sigmund von Neuhaus auf Greifenfels heiratete und 1602 verstarb.
Die im Gebet dargestellte Auftraggeberin des Epitaphs, Sabina, Tochter des Kaspar von Lamberg zu Ottenstein und Ortenegg und der Margarete Lang von Wellenburg, hatte sich mit Kuenburg 1571 vermählt. Die Ehe scheint kinderlos geblieben zu sein. Nach dem Tod ihres Mannes am 12. August oder 24. November 1585 in Werfen dürfte die Witwe nach Ausweis des vorliegenden Epitaphs ihren Witwensitz auf dem elterlichen Schloß Ottenstein genommen haben, wo sie schließlich am 9. Februar 1615 starb3). In der Schloßkapelle Ottenstein befand sich zwischen wenigstens 1911 und 1923 auch ein aus der Pfarrkirche Stockern, der Begräbnisstätte Annas von Haselbach, stammender vollrunder Totenschild des 1576 kinderlos verstorbenen Ulrich von Lamberg, des einzigen Sohnes Melchiors4). Die von Paul Buberl zum vorliegenden Epitaph angegebene Provenienz Geras ist unwahrscheinlich, da keine Beziehungen der Lamberg dorthin bestanden haben. Anzunehmen ist eine Herkunft aus Ottenstein, allenfalls auch aus Stockern.
Die Lamberg und Kuenburg waren durch ihre engen Familien- und Dienstbeziehungen zum Erzstift Salzburg auch im fortschreitenden 16. Jahrhundert überwiegend katholisch geblieben. Das im vorliegenden Epitaph ausgeführte Motiv der Marienkrönung ist als dezidiert katholisch aufzufassen und findet dementsprechend kaum Parallelen in der zeitgenössischen niederösterreichischen Kunst.
Gemalte Epitaphien in Form vollrunder Holzscheiben mit zentraler bildlicher Darstellung und Umschrift sind seit dem 15. Jahrhundert vereinzelt belegt. Das früheste dem Bearbeiter bekannte Beispiel ist das derartig gestaltete Epitaph des Ermländischen Dekans und Domherren Magister Bartholomäus Boreschow (gest. 1426) in der Kathedralkirche von Frauenburg, das den im Gebet knienden Verstorbenen, von einer weiblichen Heiligen der Gottesmutter mit Kind empfohlen, zeigt5).
Literatur
Andreas Zajic
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
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Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich Politischer Bezirk Krems Rastenfeld, Pfk. Mariä Himmelfahrt • Epitaph • Tempera auf Holz • Fraktur • Inschriften des Totengedenkens •
Boreschow, Bartholomäus •
Buberl, Paul •
Haselbach, Anna •
Kuenburg, Christoph II., Christoph III., Elisabeth, Erasmus, Michael •
Lamberg, Kaspar •
Lamberg, Melchior •
Lang von Wellenburg, Margarete •
Neuhaus, Georg Sigmund •
Schlaminger, Katharina •
Silberberg, Sibylla •
Feldsberg, Burgruine •
Frauenburg •
Geras, Prämonstratenserkloster •
Khünburg •
Khünegg •
Neukirchen a. Großvenediger •
Obervellach •
Obersachsenburg •
Ottenstein •
Pfarrwerfen •
Salzburg •
Stockern •
Werfen
Abbildungen
Abb. 139: Epitaph des Erasmus von Kuenburg (1588) ©
ÖAW, Wien, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Michael Malina)
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Deutsche Reimverse (I).