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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

323 Stratzing, Pfk. Hl. Nikolaus 1593

Priestergrabplatte des Fr. Johannes Zimmermann, roter Marmor, innen an der Nordwand des nördlichen Seitenschiffs der zweite Stein von Westen, hier seit 1952/531), 1907 im sogenannten „Beethoven­haus“ (auch: „Trautingerhof“) in Gneixendorf (heute Schloßstr. 19) in Sekundärverwendung als Trittstufe der Stiege in den Garten an der Hofseite2). Unter fünfzeiliger Inschrift in vertieftem 8-förmigen Feld Kelchsymbol über Wappenschild, beiderseits je zwei Stellen der Jahreszahl. Stein stark abgetreten, in der linken Hälfte durch Feuchtigkeitseinwirkung beschädigt.

H. 65 cm, B. 53 cm, Bu. ca. 3,5 cm. – Kapitalis.


Textedition
			

VII CALEND(AS) AVGVST(I) . 93 . / OBIIT RELIG(IOSVS) Ea) JOAN͜NESb) / ZIM͜MERMAN MONAST(ERY) S(ANCTI) / NICOL(AI) P(RO)FESS(VS) EIc) O[ECO]NO(MVS) / HVIVS AVLA[E] / 15//93d)

Anmerkungen
a) sic! fälschlich für F(RATER).
b) J als Frakturversal.
c) sic! für ET.
d) durch Kelchsymbol unterbrochen.

Am siebenten Tag vor den Kalenden des August (15)93 starb der geistliche Bruder Johannes Zimmermann, Profeß des Kloster St. Nikola und Verwalter dieses Hofs, 1593.


Datum: 1593 Juli 26.

Wappen: Zimmermann3).


Kommentar

Johannes Zimmermann legte seine Profeß in St. Nikola am 16. Dezember 1588 ab. Nach mit denen der Inschrift divergierenden Angaben starb er am 23. Juli 15934).

Der vorliegende Stein gehört als ältester zu einer Reihe von fünf in Größe, Gestaltung und Formular weitgehend gleichartigen und offenbar aus derselben Werkstatt stammenden Priestergrabplatten für Chorherren des Augustiner-Chorherrenklosters St. Nikola bei Passau (s. Kat.-Nr. 322, 335, 342 und 358). Da einzelne der Verstorbenen explizit als Hofmeister des Klosters bzw. Dekane in Mautern bezeichnet werden, liegt die Annahme nahe, daß es sich bei den vorliegenden Steinen überwiegend um Grabplatten der Hofmeister des noch heute sogenannten Nikolaihofs, eines ausgedehnten Wirtschaftshofs des Klosters in Mautern, handelt.

Vermutlich stammen die Steine aus dem Nikolaihof selbst, wo in unmittelbarem Zusammenhang mit der nach 1803/06 profanierten (Agapit-?)Kapelle ein eigener kleiner Friedhof im südwestlichen, an die Kirchengasse grenzenden Bereich des Areals bestanden hatte5). In Stratzing wurden die Steine erst 1952/53 im Zuge einer Kirchenrestaurierung angebracht.

Die Inschriften wurden auf allen Steinen mit mäßigem Wechsel von Haar- und Schattenstrichen sowie kleinen dreieckigen Sporen an freien Schaft-, Balken- und Bogenenden eingehauen. B weist durchwegs gleichgroße, offenbar tendenziell nicht bis zum Schaft geschlossene Bögen auf, E zeigt mehr oder weniger stark verkürzten Mittelbalken, G hat eine senkrechte, etwa bis zur Mittellinie reichende Cauda, M einen etwa bis zur Mittellinie reichenden Mittelteil, O ist überwiegend relativ schmal, R zeigt eine moderat geschwungene Cauda.

1) Nach freundlicher Auskunft von P. Dr. Nivard Konrad OCist, Stratzing, vom 26. 9. 2006.
2) S. ÖKT 1, 146, wo jedoch noch von „neun rotmarmornen Grabplatten aus dem XVI. Jh. (...) abgetreten und nur zum geringsten Teil lesbar; mehrere mit gravierten Kelchen, einer von diesen mit der Jahreszahl 1595“ die Rede ist.
3) Über Dreiberg gekreuztes Zimmermannswerkzeug (?).
4) S. Krick, Klöster 22.
5) Nach freundlicher Auskunft von Dr. Gerd Maroli (Mautern) vom 26. 9. 2006. Zum Nikolaihof vgl. knapp ÖKT 1, 318f., Schweiger, Zauber 323f. und 333f. und Dehio Süd 1378f. Die sekundär in der stark veränderten und mit einer Zwischendecke versehenen Kapelle eingemauerten Relieffragmente aus der Zeit um 1600 könnten eventuell von Grabdenkmälern dieses Friedhofs stammen.
Literatur

ÖKT 1, 146. – Zotti, Kunst 2, 374 („sechs kleine ma. [!] Grabplatten z. T. aus Speckstein von verstorbenen Priestern“). – Dehio Nord 1154.



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 323,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil3/noe-3-obj323.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 146: Grabplatte des
Johannes Zimmermann (1593)
©  ÖAW, Wien, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Michael Malina)