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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

324 Gobelsburg, Pfk. Mariä Geburt 1593

Wappengrabplatte des Salomon Pfefferkorn von Ottobach, roter Marmor, innen an der Westwand des Turmvorbaus der zweite Stein von Norden, bis 1988 außen an der Westwand. Hochrechteckige Platte, in der oberen Hälfte zwei Eheallianz(voll)wappen in vollrundem Lorbeerkranz, darunter achtzeilige Inschrifttafel mit Rollwerkrahmung. Im Bereich der Inschrifttafel am oberen Rand waagrechter sowie im linken Drittel senkrechter, unsachgemäß mit Zement verfüllter Sprung.

H. 208 cm, B. 103 cm, Bu. 4 cm. – Kapitalis.


Textedition
			

ALHIE · LIGTa) · BEGRABEN · DER · ED=/EL · VND · [G]ESTRENGb) · HER · SALOMO=/N · PEFER[K]ORNc) · VON · OTENBACH · AVF · / · KHVBELS·SPVRGd) · IST · IN · GOT · VERS/CHIDEN [·] DENe) · 13 TAG · NOVEMBRI/S ANO · 1593 · IARS · GOT · VERLEIC/H · IM · VND · VNS · ALEN · EIN · FRELI/CHE · AVFER·STEHVNG · AMENf)

Anmerkungen
a) Balken von L zerstört.
b) G und Schaft des folgenden E zerstört.
c) sic!
d) sic! Balken von L zerstört.
e) Schaft von D zerstört.
f) Trennzeichen quadrangelförmig.

Wappen: Pfefferkorn1); Burkhard (?)2).


Kommentar

Mehrere Mitglieder der niederadeligen Familie Pfef(f )erkorn von Ot(t)obach lebten in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts und der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Böhmen3). 1588 lag Salomon Pfefferkorn von Ottobach, der die Herrschaft Gobelsburg im Vorjahr von Reichard Streun von Schwarzenau gekauft hatte, mit dem Kloster Göttweig in Streit wegen des Gobelsburger Getreide­zehents4). Zu nicht näher bekanntem Zeitpunkt beschwerten sich die in Zeiselberg und *Grafendorflebenden Gobelsburger Pfarrangehörigen beim Passauer Offizial in Wien über den vermutlich protestantisch gesinnten Pfefferkorn, der als Patronatsinhaber der Gobelsburger Pfarrkirche seit Ankauf der Herrschaft Gobelsburg „keinen stäten pfarrer gehalten, sondern in einen jahr edliche gehabt“ habe. Vor allem die vielfach unter dem Gesichtspunkt konfessioneller Spannungen obrigkeitlich beeinflußte und daher strittige Begräbnisfrage bereitete auch in Gobelsburg Schwierigkeiten. Pfefferkorn habe „den armen den freidthoff oder begrebnüß verbotten, und einen noch seinen gefallen in den vermaintten verschlagnen gottsakher [den protestantischen Friedhof außerhalb von Gobelsburg] hinauß zu legen“ befohlen. Die Bewohner von Haindorf hätten gar „ihre totten cörper eines thails zum creitz […] müessen begraben, und edliche in andre pfarr, gen Loiß [Langenlois] und Zöbing müssen tragen, und die von Zeisslberg ein khindt zum andertmall wider müessen von dem freidhoff oder ihrer von alter hero rechter begrebnüß widerumb […] haimbtragen“. Darüberhinaus lasse Pfefferkorn den Schulunterricht ausfallen, ziehe Pfarrgründe zu seinen Gunsten ein und verkaufe sie weiter5).

Pfefferkorns Witwe Magdalena Burkhard verwaltete die Herrschaft Gobelsburg nach dem Tod ihres Mannes bis 1600 weiter und verkaufte sie dann an Jakob Müelich und dessen Frau Elisabeth, von denen sie schon 1602 an Sebald Händl fiel6).

Ein mutmaßlicher jüngerer Verwandter Salomons, Tobias Pfefferkorn, wurde 1595 als Aufschläger von den NÖ Ständen nach Retz gesandt7).

Die im Wechsel von schmäleren und breiteren Formen mit lockerer Spationierung und schwankendem (meist Rechts-)Duktus ausgeführte Inschrift weist mäßige Verstärkungen der Senkrechten und Linksschrägen auf. Der untere Bogen des B ist leicht vergrößert, die Bogenenden des C reichen meist gleich weit nach rechts, E hat stark verlängerten unteren und zu einem kleinen Dreieck reduzierten mittleren Balken, wobei der flache dreieckige Sporn an der Unterseite des unteren Balkens angesetzt wird und somit in den Unterlängenbereich weist. G hat eine kurze senkrechte Cauda, H einen nach oben weisenden Siculus am Balken, I ist stets mit einem Quadrangel als i-Punkt versehen, K zeigt einen durchgebogenen oberen und geschwungenen unteren Schrägschaft, M weist eine charakteristische Form mit senkrechtem linken und linksschrägem rechten Schaft sowie bis etwa zur Mittellinie reichendem Mittelteil auf, O ist tendenziell spitz oval, R besitzt eine weit außen am Bogen ansetzende geschwungene Cauda, S liegt fast immer leichts rechtsschräg.

1) S. Si Bö 21 und Taf. 18.
2) Geteilt: oben zwei, unten ein abgeledigter nackter Mannesrumpf; offener Helm; über dem Helmwulst linkssehender Adler.
3) S. Pilat, Materialien 41 und Schimon, Adel 121.
4) Vgl. Schacherl, Gobelsburg 482 und StiA Göttweig, Cod. Ser. nov. 409, fol. 213r (1589 Juni 28, Göttweig; Quittung Abt Michael Herrlichs über den Erhalt von nach Schiedsspruch von 1588 November 28 aus dem genannten Streit noch fälligen 40 fl. durch Pfefferkorn).
5) Vgl. DASP, Pfarr- und Klosterakten Gobelsburg, fälschlich zu (ca. 1594) datiert: „Einer ganzen ehrsamben pfarmenig Goblspurg beim dorff Zeisslberg und Grävendorff warhafftige beschwärsarticul wider den herren Pfefferkorn zu Goblspurg betreffend“, Abschr. 2. H. 17. Jh., vgl. Schacherl, Gobelsburg 484 und Plesser, Kirchengeschichte (1939) 309 (zu „um 1590“ datiert), s. auch Zajic, „Zu ewiger gedächtnis aufgericht“ 148f. (fälschlich 1594).
6) S. Schacherl, Gobelsburg 482. Im selben Jahr nahm Händl das Patronat über die Gobelsburger Pfk. von den Imbacher Dominikanerinnen in Bestand, vgl. DASP, Pfarr- und Klosterakten Gobelsburg, (1602, Imbach): Bericht der Priorin Anna von Imbach über das Gobelsburger Patronat an Erzherzog Matthias. Inhaltlich anders dargestellt bei Plesser, Kirchengeschichte (1939) 309 (1602 November 28, Klage der Priorin über die Entfremdung des Patronats durch Händl).
7) S. Landsteiner, Weinbau 87.
Literatur

Schmidl, Umgebungen 1, 496 – Schacherl, Gobelsburg 485. – DASP, Nachlässe 5, Heft K, fol. 19r. – ÖKT 1, 151. – Riesenhuber, Kunstdenkmäler 86 („Sechs Grabsteine: 1521–1732“). – Plesser, Kirchengeschichte (1939) 309. – ÖAW, NLH, 13. 4. 1965. – Adamek, Grabdenkmäler (1968) 50 und Kat.-Nr. 86 (Abb. 77). – Zotti, Kunst 2, 111 (fälschlich 1573). – Dehio Nord 283.



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 324,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil3/noe-3-obj324.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 150: Grabplatte des
Salomon Pfefferkorn (1593)
©  ÖAW, Wien, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Michael Malina)