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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

331† Göttweig, alter Kreuzgang 1595

Tafelbild mit Bibelzitat, Gedenkinschrift und historischen Nachrichten, bemaltes Holz, bis 1719 im an die Klosterkirche anschließenden (südlichen) Kreuzgangflügel des alten Konventgebäudes (heute sog. Apothekergang). Großes Bild mit zentraler Darstellung des mit Infel, Pedum und Pontifikalgewändern bekleideten thronenden Bischofs Altmann, zu dessen Füßen ein kniender Abt (Michael Herrlich), in Händen ein aufgeschlagenes Buch mit Bibelzitat (I). Rechts oben Göttweiger Klosterwappen unter rotem Kardinalshut, daneben golden aufgemalte Verse (II). Links oben Wappen Herrlich, daneben Verse (III). Zuunterst Inschrift (IV). Inschrift II zu Zeiten Schenggls bereits stark beschädigt.

Beschreibung1), Standortangabe und Textwiedergabe nach StiA Göttweig, Cod. Ser. nov. 90 (Schenggl), pag. 130f.


Textedition
			

I. Pone thesaurum tuum in praeceptis altissimi, et proderit tibi magis quam auro. Eccl(esiasticus) 29. c(apitulo). II. Saxonice gentis genuit Me clara propago Visito [cum Sociis Sacraa)] Sepulcra Dei. III. Hinc rediens Cathedram Praesul rego Pataviensis Hoc fundo claustrum, quo mihi tumba manet. IV. Anno Domini 1065. Sigilbertusb) Pataviensis Episcopus Obyt, et Dominus noster Altmannus in locum ejus electus est. Anno 1072 Eccl(es)ia S. Erntrudis et post Altare S. MARIAE Virginis à venerabili D(omi)no Altmanno Episcopo Pataviensi dedicatum est. Anno Domini 1083. Monasterium S. MARIAE est aedificatum ab Eodem. Anno Domini 1091. Dominus Altmannus Obyt. Anno Domini 1094. Ordo Monachorum coepit esse in Monte Gottwicensi. Anno Domini 1300 in die S. Quirini Martyris tempore Domini Ulrici Abbatis Gottwicensis Serenissimus Princeps D(omi)nus Rudolphus Dux Austriae venit Gottwicum Quaerens Corpus Domini Altmanni, inventumque per D(omi)num Ulricum Abbatem praedicti Monastery Sub Ara S. Crucis deposuit: ubi usque hodie in pace requiescit, Amen. picta fuit haec imago A(nn)o 1595.

Anmerkungen
a) Erg. in der Hs. nachträglich auf Punktleiste eingesetzt, da Inschrift schwer leserlich (s. u.).
b) sic! fälschlich für Eigilbertus.

Leg dir einen Schatz an nach den Geboten des Höchsten; der wird dir mehr nützen als Gold (I).
Ein berühmtes Geschlecht sächsischen Stammes brachte mich hervor; gemeinsam mit meinen Begleitern besuche ich das Heilige Grab Gottes (II).
Von dort zurückkehrend sitze und regiere ich als Passauer Bischof (und) gründe dieses Kloster, in dem mir meine Ruhestätte bereitet ist (III).
Im Jahr des Herrn 1065: Egilbert, Bischof von Passau, starb, und unser Herr Altmann wurde an seine Stelle gewählt. Im Jahr 1072 wurden die Kirche der Hl. Erentrudis und danach der Altar der Hl. Jungfrau Maria durch den ehrwürdigen Herrn Bischof Altmann von Passau geweiht. Im Jahr des Herrn 1083: Das Kloster der Hl. Maria wurde unter demselben erbaut. Im Jahr des Herrn 1091: Herr Altmann starb. Im Jahr des Herrn 1094: Das Mönchsleben setzte auf dem Göttweiger Berg ein. Im Jahr des Herrn 1300, am Tag des Hl. Märtyrers Quirin, zur Zeit Abt Ulrichs von Göttweigs, kam der durchlauchtige Fürst, Herr Rudolf, Herzog von Österreich, auf der Suche nach dem Leichnam des Herrn Altmann nach Göttweig und bestattete diesen nach der Auffindung durch Herrn Ulrich, Abt des vorgenannten Klosters, unter dem Hl. Kreuzaltar, wo er bis heute in Frieden ruht, amen. Dieses Bild wurde im Jahr 1595 gemalt (IV).

Sir 29,14 (I).

Elegische Distichen (II und III).


Wappen: Kloster Göttweig2); Herrlich3).


Kommentar

Obwohl eine Reihe von Göttweiger Quellen des späten Mittelalters und der Frühen Neuzeit die Erhebung der Gebeine Altmanns übereinstimmend ebenso wie das verlorene Bild in das Jahr 1300 und unter die Regierungszeit eines österreichischen Herzogs Rudolf sowie eines Göttweiger Abtes Ulrich setzen, merkte schon Schenggl zur Transkription von Is. IV zurecht an: „In nomine Ulrici abbatis est erratum, siquidem in tempore illo abbas erat Henricus de Meyrling nomine, de quo documenta exstant in archivio ac praesertim in manuscripto codice membraneo in folio de anno 1286 usque ad annum 1304“. Im 18. Jahrhundert datierte man das Ereignis daher in die Zeit des bekannt reliquienfreudigen Herzogs Rudolf IV. und Abt Ulrich (I.) Totzenbachers, um 1362. Tatsächlich hatte Totzenbacher den über der Grabstelle Altmanns am Lettner der Klosterkirche errichteten Allerheiligenaltar bestiftet (s. Kat.-Nr. 28). Das Translationsfest des Stifters wurde in Göttweig jedenfalls zum Quirinstag (16. Juni) gefeiert.

Das Gemälde dürfte zu einer ganzen Serie von Bildern mit Themen aus der Göttweiger Hausgeschichte gehört haben, die unter Abt Michael Herrlich angefertigt wurde (vgl. Kat.-Nr. 362†, 363† und 364†)4). Der auf die Translation der Reliquien Altmanns bezogene Text der Inschrift scheint etwa zeitgleich noch auf einem weiteren Gemälde angebracht gewesen zu sein (s. Kat.-Nr. 362†).

Die heutige, im Kern wohl romanische, im Baubefund jedoch durch eine tiefgreifende Restaurierung von 1910/11 beeinträchtigte Erentrudis- (früher Sebastians-)Kapelle, Gottesdienstraum des Göttweiger Frauenkonvents bis zu dessen Absiedlung im 16. Jahrhundert, wurde 2003 unter Leitung des BDA restauriert5).

1) „Meminisse hic etiam debeo alius (sic!) imaginis majoris depictae, quae in crucis ambitu [am linken Rand hinzugefügt: in conventu] ab ecclesia in conspectu fuerat appensa cum effigie B. Altmanni cum infula et pedo et vestibus pontificalibus sub throno sedentis, ad cujus pedes Abbas quidam (uti creditur effigies Michaelis Herlich) adgeniculabatur in manibus tenens apertum librum, cum inscripto [folgt Is. I]. In hujus imaginis supremitate dextera erat insigne monastery Gottwicensis, nimirum scutum rubrum et in eo crux candida aequalis in longitudine et latitudine, super tres parvos sibi invicem cohaerentes et medium eminentem colles. Supra scutum rubeus pilleus cardinalitius. Ad hoc insigne scriptum erat sequens distichon cum aureis litteris jam vix legibile et obesum [folgt Is. II]. Ita praeter propter pro tenui judicio meo sensum et verba collegi. E regione hujus insignis monastery parte sinistra insigne erat praefati abbatis: angelus totus quantus splendore effundens; et ibidem respondebat alterum distichon [Is. III]. Erat scriptura integra sine laesione. In huius iconis fine legebatur sequens inscriptio [Is. IV]“.
2) In rot über (grünem) Dreiberg ein silbernes (Tatzen-)Kreuz.
3) (Auf Dreiberg) ein (stehender) Engel (mit ausgebreiteten Flügeln und zum Gebet gefalteten Händen), vgl. StiB Göttweig, Cod. rot 896 (Dückelmann), fol. 85r und Lechner, Klosterheraldik 772 (Allianzwappen; Zeichnung und Blason).
4) Schon das nach dem Tod Abt Georg Schedlers aufgenommene Inventar des Klosters (1610 März 13, Göttweig), verzeichnete etwa 150 „gemalte tafeln“, also Bildwerke aller Art, von denen die meisten wohl von den Äbten Michael Herrlich und Georg Schedler angeschafft worden waren, s. Tropper, Stift 249. Schenggl gibt für „antiquae quaedam effigies abbatum“ vor 1719 einen Standort im Chor der Barbarakapelle an, s. StiA Göttweig, Cod. Ser. nov. 90 (Schenggl), pag. 134.
5) S. Sackmauer, Göttweig 264f. Zu den Befunden der 1961–64 durchgeführten Grabungen im Bereich der Kapelle durch die Abt. f. Bodendenkmale des BDA vgl. v. a. Melzer, Furth und Moßler, Untersuchungen sowie knapp Farka, Ausstellungsthema 13.
Literatur

StiA Göttweig, Cod. Ser. nov. 90 (Schenggl), pag. 130f. – StiB Göttweig, Cod. rot 891, fol. 209v und 211r. – Zedinek, Göttweig 76 (fehlerhafte Transkription). – Zedinek, Darstellung 96.



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 331,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil3/noe-3-obj331.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
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