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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

341† Mautern a. d. Donau, Schloßg. 6–8 (Schloß) (1561–1598)

Wappenstein mit Initialen des Passauer Bischofs Urban von Trenbach, Sandstein, ehemals (noch 1959) im Schloßhof an der Außenseite des Treppenturms in der Südostecke, zum Aufnahmezeitpunkt im Juli 2003 unauffindbar, vermutlich um 1970 oder 1981 bzw. 1985 im Zuge von Renovierungsarbeiten entfernt. Unter breitem profilierten Gesims Rollwerkkartusche mit bombiertem, längsovalen Wappenschild unter Spruchband mit erhabener Inschrift. Rollwerk und Wappenbild stark beschädigt, ein vermutlich ursprünglich unterhalb des Wappens vorhandenes zweites Spruchband (mit Jahreszahl?) zerstört.

H. ca. 60 cm, B. ca. 40 cm, Bu. ca. 6 cm. – Kapitalis.

Beschreibung und Textwiedergabe nach Foto, Abmessungen nach ÖAW, NLH, 27. 8. 1959.


Textedition
			

· V(RBANVS) E(PISCOPVS) P(ATAVIENSIS)a) ·

Anmerkungen
a) Trennzeichen quadrangelförmig.

Urban, Bischof von Passau.


Wappen: Hochstift Passau/Trenbach1).


Kommentar

Zum Gebäude als Sitz des bischöflich-Passauischen Pflegers von Mautern vgl. Kat.-Nr. 244. Die Datierung des Steins ergibt sich aus der Regierungszeit Urbans von Trenbach als Bischof von Passau2). Das gevierte Wappen des vorliegenden Steins entspricht der von Bischof Urban am häufigsten verwendeten Variante von Wappenkombinationen Hochstift Passau/Trenbach, der von Röhrer-Ertl so genannten Version D, die an über zehn Passauer Wappensteinen Urbans zwischen 1564 und 1597 zu beobachten ist. In der Form der Rollwerkkartusche, aber auch in der der erhaben gearbeiteten Initialen entspricht der vorliegende Stein relativ genau zwei Wappenschlußsteinen von 1563 am Gewölbe der Durchfahrt bei der Alten Residenz in der Passauer Innbrückgasse bzw. im Obergeschoß eines Raums im Haus Innbrückgasse 13a, die jedoch abweichend Wappenversion B zeigen. Aus derselben wohl Passauer Werkstatt stammen fünf weitere mit dem letztgenannten in Hinblick auf die Gestaltung gleichartige, jedoch ebenso wie der auch etwa gleich große Mauterner Stein Wappenversion D zeigende Wappensteine Bischof Urbans in Passau, einer von 1565 an der Decke im langen Gewölbe der Registratur in der Alten Residenz, vier von 1570/71 im Oberhausmuseum. Analog zu diesen Steinen und zu mehreren weiteren gleichartigen Inschriftenträgern im Landkreis Passau, etwa in Schloß Obernzell, dürfte auch das vorliegende Objekt auf einem schon 1959 zerstörten unteren Spruchband ursprünglich eine Jahreszahl getragen haben. Röhrer-Ertl vermutete jüngst hinter der durch zahlreiche erhaltene Objekte belegten exzessiven und ostentativen Setzung von Wappensteinen an mehreren Bauprojekten Bischof Urbans einen Reflex des Defizits an Dignität des aus dem Niederadel stammenden Bischofs gegenüber den überwiegend hochadeligen Domherren seines Kapitels3).

1) Geviert aus Hochstift Passau und Trenbach (geteilt: oben drei Rauten, unten ledig, vgl. Si BayA 1, 187 und Taf. 190 bzw. Si NÖ 2, 399 und Taf. 188 [Wappen III, Feld 1 und 4]), vgl. Röhrer-Ertl, Fingerzeig passim (Version D).
2) Zu Leben und Person Urbans vgl. knapp mit Verweisen auf die umfangreiche ältere Literatur Leidl, Trennbach passim, Röhrer-Ertl, Grabkapelle 17–21 und DI 67, Kat.-Nr. 722. Zur von Urban in Auftrag gegebenen Trenbachschen Familien-„Chronik“ (NÖLA, Hs. 327) vgl. Daim/Kühtreiber, Sein, Kat.-Nr. I_13.97 und ausführlich Zajic, „Zu ewiger gedächtnis aufgericht“ 75–77. Zur Funktion Urbans als Pfarrer von Kirchberg a. Wagram seit 1552 und seinen möglicherweise im ab 1548 (zwei Wappensteine) von seinem älteren (Halb-)Bruder und Vorgänger im Kirchberger Pfarramt, Christoph, umgebauten Schloß Oberstockstall gepflogenen alchemistischen Interessen s. Osten, Alchemistenlaboratorium passim und vgl. DI 67, Kat.-Nr. 539, 540† und 722.
3) Vgl. Röhrer-Ertl, Fingerzeig passim und bes. 228 (Abb. 4) bzw. DI 67, Kat.-Nr. 586–588, 592, 596, 619–621, 624, 636, 665, 690f., 699 und 717, und zur Bautätigkeit Bischof Urbans in Passau allgemein Kat.-Nr. 722. Zu zwei Wappensteinen bzw. Bauinschriften Bischof Urbans von 1582 und 1586 am Schloß Marsbach vgl. in Zukunft den von Rainer Schraml für die DI vorbereiteten Band mit den Inschriften der PB Rohrbach und Urfahr-Umgebung.
Literatur

ÖKT 1, 317f. – ÖAW, NLH, 27. 8. 1959.



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 341,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil3/noe-3-obj341.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 152: Wappenstein (1561-1598)
©  Bundesdenkmalamt, Wien, Fotoarchiv