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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

359 Maria Laach a. Jauerling, Pfk. Mariä Heimsuchung 1603

Totenschild des Hans Georg (III.) von Kuefstein, polychromiertes und vergoldetes Holz, im ersten Chorjoch an der Nordwand, der erste Schild von Westen. Längsoblonge Tafel mit üppiger, teilweise mit Cherubsköpfchen (eines im Scheitel und zwei oben seitlich) bzw. Fruchtfestons (unten seitlich) besetzter Rollwerkrahmung. Im Zentrum auf blauem Grund ein sehr plastisch geschnitztes und tingiertes Vollwappen, von schwarz auf silber zweizeilig aufgemalter Umschrift zwischen Perlschnur- (innen) und Lorbeerblattleiste (außen) gerahmt. 1958 (1978?) restauriert.

H. ca. 170 cm, B. ca. 120 cm, Bu. ca. 5 cm. – Fraktur.


Textedition
			

Hie Ruehet in Gott Der Wollgeborne Herr Herr Hanß Georg Khuefstainer Freiherr Zu Greillenstain v(n)d Herr Zu Spitz: Auf Fainfeldt, Zäßing v(n)d Pu͜echperg Pfand͜t Jnhaber d͜er Herrschafft Schaunstaina) / am Campp Rom(ischer) khay(serlicher) M(aies)t(a)t (et cetera) Rath . Welcher gestorbe(n) . A(nn)o . 1603 den . 5 . July Seines Alters . 67 . Jahr . 5 Monath . 5 tag . Dem der Almechtige Gott ein frölliche Auffersteung verleihen wölle Amen.

Anmerkungen
a) folgt ornamentales Füllzeichen als Trenner zum Beginn der Umschrift, zweite Z. setzt unmittelbar darunter an.

Wappen: Kuefstein1).


Kommentar

Zur Person s. ausführlich Kat.-Nr. 377.

Die Gestaltung der Rollwerkrahmung des vorliegenden Totenschilds und jenes des Hans Wilhelm von Kuefstein (Kat.-Nr. 368) erinnert stark an die Ornamentik des Altars und der Kanzel in der Greillensteiner Schloßkapelle, die möglicherweise von denselben Ausführenden 1604 angefertigt wurden2). Sollten diese Künstler, wie anzunehmen ist, zu den Angehörigen der Kremser Werkstatt des Kilian Fuchs gehören, lassen sich zwischen der Fraktur auf dem nachweislich von Fuchs angefertigten Epitaph der Anna Kirchberger (Kat.-Nr. 408) und der vorliegenden Inschrift nur lockere Zusammenhänge herstellen. Die große Differenz dürfte nicht nur durch den zeitlichen Abstand, die unterschiedlichen Beschreibstoffe und Ausführungstechniken bedingt sein. Da jedoch gewisse Grundtendenzen in der Schriftgestaltung und auch die Grundformen des Kanons des Gemeinen sowie mehrere Versalien übereinstimmen, ist möglicherweise an die Tätigkeit unterschiedlicher Angehöriger der Werkstatt für die Inschriften der jeweiligen Denkmäler zu denken.

Die äußerst diszipliniert aufgemalte Fraktur weist in den reichlich eingesetzten Zierelementen manche Charakteristika zeitgenössischer hochrangiger Kanzlei-Auszeichnungsschriften auf. An der Oberlinie des Mittelbands etwa erscheinen an den gebrochenen oberen Schaftenden haar feine Hornansätze, zahlreiche Haarlinien im Ober- und Unterlängenbereich bilden mitunter mehrfache Schleifen. Von mehreren Buchstaben existieren Doppelformen, wobei jeweils einer „regulären“ Ausprägung ein Pendant mit gebrochener und als Schwellzug ausgeführter Bogenlinie gegenübersteht (a, d, g). Die durch den Schwellzug bewirkte optische Einschnürung des Bogens an der Mittellinie erstreckt sich als Gestaltungsprinzip vereinzelt auch auf Formen, die nicht mit Schwellzügen wiedergegeben werden, wie etwa e, das stattdessen aus zwei Bögen zusammengesetzt wird und so epsilonförmige Gestalt annimmt (ein). Mehrere Bogenverbindungen, in der inschriftlichen Fraktur in Stein eher selten, weisen ebenfalls auf die Nähe zu kanzleischriftlichen Usancen der Zeit hin.

In allen Details bis hin zur charakteristischen v(n)d-Kürzung stimmt die Inschrift auf dem Totenschild des Hans Wilhelm von Kuefstein (Kat.-Nr. 368) mit der vorliegenden überein. Eine Identität der Ausführenden beider Denkmäler ist unzweifelhaft.

1) S. Si OÖ 162 und Taf. 48 (Wappen I) und NÖ 1, 249 (Kueffstein) und Taf. 129 (Stammwappen).
2) S. die Aufnahme der Gesamtausstattung der Greillensteiner Kapelle bei Reingrabner, Adel 194, ebd. 202 und 211f. (Kat.-Nr. 8.07) die Kanzel, eine Farbaufnahme der Gesamtausstattung bei Mader/Telesko, Spätmittelalter 105, vgl. zuletzt ebd. Kat.-Nr. 179 (Cornelia Plieger) mit Verweis auf die ältere Literatur. Bereits Rotter, Entwicklung, hatte die Ausstattung der Greillensteiner Kapelle Fuchs zugeschrieben, vgl. auch Fischer-Colbrie, Fuchs 179 (Anm. 40).
Literatur

Schmidl, Umgebungen 1, 373 (fälschlich 1633). – Tschischka, Kunst 103. – Weidmann, Wegweiser 59. – Weidmann, Kreis 38. – Sacken, Kunstdenkmale (1848) 19f. – NN., Maria Laach 157. – DASP, Nachlässe 5, Buch B, pag. 134. – ÖKT 1, 282 (Fig. 180). – Riesenhuber, Kunstdenkmäler 157. – Gnevkow-Blume, Maria Laach (1932) 20. – Gnevkow-Blume, Maria Laach (1933) 5f. – Feuchtmüller, Maria Laach (Abb.; unpag.). – ÖAW, NLH, 23./24. 8. 1962. – Eppel, Waldviertel 61 und 160. – Eppel, Wachau 137. – Eppel, Kunst 185. – Zotti, Kunst 2, 237f. („Werkstatt Alexander Colin“ [!]. – Dehio Nord 717. – Kren, Grablege 250.



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 359,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil4/noe-3-obj359.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 160: Totenschild des
Hans Georg von Kuefstein (1603)
©  Bundesdenkmalamt, Wien, Fotoarchiv