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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

364† Göttweig (1564–1603?)

Gemälde Gottesurteil zugunsten Göttweigs mit erklärender Beischrift, 1777 mit unbekanntem Standort im Kloster aufbewahrt. Vor weit geöffneter Flußlandschaft mit steilem, bewaldetem Ufergebirge und abbreviativer Ansicht einer größeren Stadt im Bildmittelgrund am linken, einer kleineren Stadt am rechten Flußufer (abstrahierende Interpretation der Donau mit Krems und Mautern, am rechten Bildrand der Göttweiger Berg, jedoch ohne das Kloster?) Darstellung eines Gottesurteils: in der Bildmitte kleiner Altartisch mit Spitzbogen- und Kielbogenmaßwerk, darauf ein Feuer brennend, links davon Gruppe von fünf Mönchen in reich gefältelten Kukullen, der vorderste mit bloßer Hand einen Stab ins Feuer haltend, ganz links kleine Gruppe von Zusehern in kurzen Pumphosen und enganliegenden Wämsern, rechts des Altars Gruppe von sechs Zusehern in kurzen Pumphosen und enganliegenden Wämsern mit breiten Spitzenkrägen, die ganz links stehende Figur in reicher Gewandung und kurzem Mantel, mit der Rechten auf das Feuer weisend. Ausführungstechnik unbekannt.

Minuskelantiqua (?).

Beschreibung und Textwiedergabe nach StiB Göttweig, Cod. rot 896 (Dückelmann), fol. 192r (Federzeichnung).


Textedition
			

Sylva Havperg a Gottwicensibus judicio candentis ferri contra Adversarios obtinetur

Anmerkungen

Der Wald Heuberg wird von den Göttweigern aufgrund eines Gottesurteils mit glühendem Eisen gegen ihre Gegner behauptet.


Kommentar

Nach einer Göttweiger Traditionsnotiz war der Wald Heuberg von Bischof Altmann im Zusammenhang mit der Vergabe der Pfarre Pyhra seiner Klostergründung geschenkt worden, wogegen jedoch Passauer Ministerialen Ansprüche auf den angeblich an sie ausgegebenen Lehensbesitz geltend machten. Ein auf Altmanns Anordnung vor Zeugen, etwa Propst Eigelbert von St. Pölten, dessen Kloster die Pfarre Pyhra früher gehört hatte, ausgetragenes Gottesurteil mit glühendem Eisen ließ schließlich die Göttweiger als Sieger hervorgehen1). Die Episode illustriert die schon knapp nach der ursprünglichen Dotierung Göttweigs nicht mehr klar zu scheidende Vermengung von bischöflichem Eigengut und hochstiftlich-passauischem Besitz ebenso wie Altmanns zu Widerspruch herausfordernde Freigiebigkeit mit den passauischen Gütern. Dückelmann lokalisierte in seinem unmittelbar nach dem Inschriftentext angebrachten Kommentar den strittigen Wald zunächst als Zubehör der Herrschaft Thalheim, korrigierte jedoch dann auf den Bereich der Pfarre Rabenstein.

Die zeitmodische Gewandung der dargestellten Figuren, soweit Dückelmanns stets sehr penible Zeichnungen diesen Rückschluß erlauben, läßt auf eine Entstehung des Gemäldes gegen Ende des 16. Jahrhunderts, also in der Zeit Abt Michael Herrlichs, schließen. Vielleicht stammt das vorliegende Bild aus einer ganzen Serie von gegen Ende des 16. Jahrhunderts angefertigten Gemälden zu Ereignissen aus der Klostergeschichte (s. Kat.-Nr. 362† und 363†). Ob die spätcancellereske Schrift Dückelmanns für lateinische Texte auf Minuskelantiqua als Schriftart der Vorlage hinweist, ist unklar, doch muß es sich wenigstens um eine Minuskelschrift gehandelt haben.

1) Vgl. Dungel, Göttweig 510 (um 1090), Topographie 4, 245, Wodka, Altmann 50f. und Hödl, Göttweig 52f. mit Literaturangaben. Zedinek, Göttweig Anm. 120, datiert das Ereignis ohne nähere Begründung auf die Regierungszeit Abt Nanzos (1114–1125).
Literatur

StiB Göttweig, Cod. rot 896 (Dückelmann), fol. 192r (Federzeichnung).



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 364,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil4/noe-3-obj364.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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