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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

366† Göttweig, alter Kapitelsaal (1564–1603?)

Idealporträt des Göttweiger Abtes Heinrich (IV.) von Meidling, bis 1719 im Kapitelsaal (Barbarakapelle) im Ostflügel des alten Kreuzgangs. Darstellung eines Abtes mit einer Urkunde samt anhangenden Siegeln in der Hand, die Urkunde mit Inschrift versehen.

Beschreibung und Textwiedergabe nach StiA Göttweig, Cod. Ser. nov. 90 (Schenggl), pag. 134.


Textedition
			

Indulgentiae ad festum B(eati) Altmanni primo concessae. XVIII. Henricus de Meürling. An(no) MCCLXXXVI. Sedit XXIII. annis.

Anmerkungen

Erstmals verliehener Ablaß am Fest des Seligen Altmann. Der 18. (Abt): Heinrich von Meidling. Im Jahr 1286. Er regierte 23 Jahre.


Kommentar

Neben dem in der Inschrift erwähnten bischöflichen Sammelablaß des Jahres 1300, der u. a. auch erstmals einen Ablaß für das Stifterfest in der Klosterkirche enthielt (eine ältere bischöfliche Sammelindulgenz datiert bereits zu 1287, zu 1288 ein Ablaß Bischof Bernhards von Passau) erlangte der vor 1263 in Göttweig eingetretene Heinrich (IV.) von Meidling, Sohn Heinrichs von Meidling und der in Göttweig bestatteten Leukard Häusler, von Bischof Bernhard von Passau 1301 auch einen Ablaß für die Göttweiger Filialkirche Hl. Blasius in Kleinwien für den Weihetag, das Blasiusfest und die vier Haupt-Marienfeste. Noch im Sommer 1286 hatte er von Richter und Rat von Krems/Stein das Recht einer freien Weinausschank von 20 Fuder jährlich im Göttweigerhof in Stein erworben, im Winter desselben Jahres reversierte der Wiener Jude Bendit über die vollständige Begleichung aller Schulden von Heinrichs Vorgängern. In seiner Regierungszeit (23. Mai 1286 bis 11. August 1308) kaufte er neben zahlreichen anderen Gülten 1291 13 lb. den. Gülten in Zeiselberg von Bernhard von „Wigleinstorff “ (Weigelsdorf ?) und 1298 den alten Göttweigerhof in Wien (ehemals im Bereich der Weihburggasse) von Seifried in der Hochstraße an und ließ 1302 von seinem Notar Jakob, Pfarrer von Hainfeld, das erste erhaltene Klosterurbar („Liber prediorum“, „Urbar A“) anlegen. 1306 überließ Leutold (I.) von Kuenring (s. Kat.-Nr 12) mit Abt Heinrichs Zustimmung die Vogtei über die erst 1303 von N. Hadmarsdorfer erworbenen Göttweiger Güter in Maiersch, Kotzendorf und *Stendorf seinem Verwandten Albero (VII.) von Kuenring-Weitra-Seefeld. Unter Heinrichs Regierung wurde der Turm über der Tordurchfahrt des nun­mehr in die Steiner Stadtbefestigung einbezogenen Göttweigerhofs in Stein (heute Göttweigerhofg. 7) zur Kapelle umgestaltet und die bekannte repräsentative Ausstattung mit Wandmalereien geschaffen1). Nach seinem Tod wurde er angeblich unter einer erhöhten (vermutlich auf kurzen Säulen oder Konsolfiguren ruhenden) Grabplatte bestattet, von der sich jedoch keine weiteren Spuren in der kopialen Überlieferung finden2). Zur Serie von Äbtebildern, zu denen das vorliegende Gemälde offenbar gehört hatte, s. ausführlicher Kat.-Nr. 365†3).

Die Datierung ergibt sich aus der Regierungszeit Abt Michael Herrlichs.

1) S. StiB Göttweig, Cod. rot 896 (Dückelmann), fol. 33, Dungel, Göttweig 525–529, Fuchs, Meidling 345, Ders., Urkunden (1901) Nr. 171 (1286 Juni 25, Krems), 175 (1287 Februar 28, Rom) 177 (1288 Februar 17, Klosterneuburg), 212 (1298, Wien), 213 (1300 März, Rom), 238 (1300), Rauscher, Verwaltung 186, Zedinek, Göttweig 77, Hödl, Göttweig 91 und 184, Fischer, St. Blasien 3 und Ders., Atlas 147, zum „Urbar A“ s. Fuchs, Urkunden (1901) XVII, jetzt Sonnlechner, Landschaft 188–190. Zur Vogteiübertragung von 1306 s. NÖLA, Privaturk. 4865 (1306 April 24, Göttweig), der entsprechende Revers Alberos s. bei Fuchs, Urkunden (1901) Nr. 241 (1306 April 24, Seefeld). Heinrichs Verwandte, die Brüder Dietrich, Wernhard und Wulfing Häusler sowie die Brüder Otto und Markward Häusler, fungierten zwischen 1281 und 1310 mehrfach als Siegler von Göttweiger Urkunden, Weikhard Häusler war seit mindestens 1288 Pfarrer der Göttweiger Pfarre (Unter-)Nalb, s. StiB Göttweig, Cod. rot 895 (Dückelmann), fol. 52v und Fischer, Atlas 147. Den Revers Bendits, der sich verpflichten mußte, alle älteren Schuldbriefe zu restituieren, stellte in Form einer Privaturkunde der österreichische Kämmerer, Reinprecht von Ebersdorf aus, auf Wunsch Göttweigs hängte auch der Vogt des Klosters, Leutold (I.) von Kuenring, sein Siegel neben dem des Ausstellers an, s. StiB Göttweig, Cod. rot 896 (Dückelmann), fol. 33r (1286 Dezember 17, Wien; vollständige Nachzeichnung der Ausfertigung samt Siegeln), Dungel, Göttweig 526, Fuchs, Urkunden (1901) Nr. 174 (1286 Dezember 18, Wien). 1288 hatte Heinrich einen Revers über die Stiftung von 1 lb. den. in (Ober-)Fellabrunn zugunsten eines Jahrtags durch Margarete, Tochter Albrechts von Michelstetten und Frau des Otto von Wald, ausgestellt, s. StiB Göttweig, Cod. rot 896 (Dückelmann), fol. 33r (Schriftprobe aus der Urkunde und Nachzeichnung des Abtsiegels), Dungel, Göttweig 526 und Fuchs, Urkunden (1901) Nr. 179 (1288 August 16, Göttweig). Zum Göttweigerhof und dessen Wandmalereien s. mit Angabe grundlegender älterer Literatur Wagner-Rieger, Architektur 93f. und 111 (Kat.-Nr. 34), Lechner, Stift 94–97, Lanc, Wandmalereien 293–308 (Datierung der Wandmalereien um 1305/10), Schweiger, Zauber 256–263, und weitgehend danach Brucher, Gotik, Kat.-Nr. 194 (Franz Kirchweger) mit Taf. auf 122.
2) So StiB Göttweig, Cod. rot 896 (Dückelmann), fol. 33v nach einer nicht mehr feststelbaren mittelalterlichen Handschrift: „Antiquus manuscripti in archivo catalogus sic habet: Henricus de Meurling dignitatem ipsius, nempe Hermanni, adipiscitur, sedit annos 23, menses 2, dies 20, qui est sepultus in monasterio sub lapide elevato vel prominenti“, wohl danach bei Dungel, Göttweig 529: „wurde unter einem erhöhten Steine begraben“.
3) Nach dem von Job Hartmann Enenkel vor 1603 besichtigten Äbtebild Heinrichs von Meidling war dieser jedoch als 16. Abt mit einer Regierungszeit von 1265 bis 1288 gezählt worden, s. NÖLA, Hs. 78/3, pag. 399 („Catalogus abbatum monastery in Gothwico, veluti ibi depicti videndi sunt“). Möglicherweise existierte um 1600 noch eine zweite Serie von Äbtebildern. Schenggl gibt für „antiquae quaedam effigies abbatum“ vor 1719 einen Standort im Chor der Barbarakapelle an, s. StiA Göttweig, Cod. Ser. nov. 90 (Schenggl), pag. 134.
Literatur

StiA Göttweig, Cod. Ser. nov. 90 (Schenggl), pag. 134. – StiB Göttweig, Cod. rot 891, fol. 210. – Zedinek, Göttweig 77.



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 366,
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Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
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