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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

380 Göttweig, „Apothekergang“ 1607

Bau- und Gedenkinschrift des Abtes Georg (I.) Schedler, Solnhofer Plattenkalk, im sogenannten Apothekergang an der Nordwand der erste Stein von Westen, ehemals an der Südwand der dritte Stein von Westen, dort vielleicht schon seit wenigstens 1777. Schmucklose querrechteckige Tafel mit zehnzeiliger, versweise angeordneter (Z. 1–8) bzw. zentrierter (Z. 9 und 10) Inschrift.

H. 64 cm, B. 80 cm. Bu. 2,5 cm. bzw. 4 cm (Z. 9 und 10) – Kapitalis.


Textedition
			

QVIDa) ? ROGITASb) A͜REA͜E Q(VI)S N͜A(M) SITc) CO(N)DITORd) ? A͜VT Q(VI)S / MA͜RMOREe) DISTORTV(M)f) TEXERITg) A͜RTE SOLVM ? / INTEGERa) HOC VITA͜E PI(VS) ET DIGNISS(IMVS) ABBASa) / SCH͜EDLERa) AB INTEGROh) SVRGEREe) IVSSIT OP(VS). / VIRa) PROB(VS) ET SAPIE(N)S Q(V)Oi) VIX VIGILA(N)TIOR ALTER / HOCa) SECVLO MVLTOS EXTITITj) ANTEk) DIES. / CVIVSa) PERPETVV(M) SEM͜PER DE(VS)a) OPT(IMVS)a) ET TER / MAX(IMVS)a) ASSERVET SERVET VBIQVEk) DECVS. / A(NN)Oa) A PA͜RTV VIRGINEO / M . DC . VIIl) .

Anmerkungen
a) Anfangsbuchstabe vergrößert.
b) AS verkleinert.
c) S nachträglich klein über I eingehauen.
d) OR verkleinert.
e) RE verkleinert.
f) R in O eingeschrieben.
g) RIT verkleinert.
h) GRO verkleinert.
i) O als Kürzungszeichen klein übergeschrieben.
j) IT verkleinert.
k) E verkleinert.
l) Trennzeichen quadrangelförmig.

Wie? Du fragst, wer der Begründer dieses Hofs sei? Und wer den unebenen Boden kunstvoll mit Marmorstein bedecken ließ? Dieses Werk hieß der lauter lebende, fromme und hochwürdige Abt Schedler neu erstehen; ein redlicher und kluger Mann; einen fürsorglicheren als ihn hat es seit vielen Tagen in diesem Zeitalter kaum gegeben. Seinen fortdauernden Ruhm möge der beste und dreifach größte Gott immerdar erhalten, er bewahre ihn auch allenthalben. Im Jahr von der Niederkunft der Jungfrau 1607.

Elegische Distichen.


Kommentar

Auf welche der zahlreichen Hofanlagen des Klosters sich die vorliegende Inschrift bezog, ist unklar. Am wahrscheinlichsten wäre ein ursprünglicher Standort in einem kleineren Hof, vielleicht dem alten Kreuzganghof, wenn die Nachricht einer durchgehenden Steinpflasterung des Bodens wörtlich zu verstehen ist. Vorstellbar wäre aber angesichts der Datierung auch eine Anbringung in einem der beiden von Schedler umgebauten Tavernengebäude im Kloster bzw. in Furth, vgl. Kat.-Nr. 196†, 261†, 378 und 379.

In einer Apostrophe an den Leser gewendete Inschriften mit dialogisch aufgebautem Frage/Antwort- Schema sind seit dem 16. Jahrhundert auf Grabdenkmälern nicht selten überliefert1).

Die Auswahl der verkleinert wiederzugebenden Wortteile bzw. Wortenden scheint willkürlich und keinem erkennbaren System unterworfen. Nur bedingt dürfte sie im Verein mit einzelnen Enklaven, mehreren Nexus litterarum und teilweise extrem konservativen Kürzungsmethoden dem bloßen Bedürfnis entspringen, den Text auf die vorgegebene Zeilenlänge anzupassen. Die genannten Eigenheiten scheinen vielmehr dem intendierten preziösen Charakter der Inschrift zu entsprechen. Die recht sorgfältig ausgeführte Inschrift weist nur geringen Wechsel zwischen Haar- und  Schattenstrichen auf. An freien Schaft-, Balken- und Bogenenden sind teils feine Serifen, teils kräftig dreieckige Sporen angesetzt. B hat zwei gleichgroße Bögen, E längeren unteren und verkürzten mittleren Balken, G weit nach oben reichende senkrechte Cauda, M ist meist gerade mit weit bis zur Basislinie ziehendem Mittelteil, Q und R haben geschwungene Cauden, bei T weist der Sporn am linken Balkenende häufig nach unten, während der rechte nach oben weist, X besteht aus geradem Linksschräg- und geschwungenem Rechtsschrägschaft.

1) Vgl. etwa DI 1, Kat.-Nr. 276 (Wertheim, Stadtpfk., sog. Ebersteinsches Epitaph, Inschrift auf Michael Graf von Wertheim, gest. 1556) bzw. das fragmentierte Epitaph des Ehrenfried Murschel (gest. 1617) in der evangelischen Pfk. AB Eferding, s. in Zukunft den von Roland Forster für die DI vorbereiteten Band mit den Inschriften des PB Eferding.
Literatur

StiB Göttweig, Cod. rot 895 (Dückelmann), fol. 225r (Federzeichnung). – DASP, Nachlässe 5, Heft L, fol. 39r. – ÖKT 1, 481. – Riesenhuber, Kunstdenkmäler 89 („18 Grabsteine und Reliefs […] im sogenannten Apothekergange“). – 900 Jahre Stift Göttweig, Kat.-Nr. 1325. – Dehio Süd 572 („Gedenkplatte Abt Georg Schedler 1617[!]“).



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 380,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil4/noe-3-obj380.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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