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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

386 Maria Laach a. Jauerling, Pfk. Mariä Heimsuchung 1609

Totenschild des Hans Erasmus und des Hans Georg (IV.) von Kuefstein, polychromiertes und vergoldetes Holz, im ersten Chorjoch an der Nordwand, der zweite Schild von Westen. Längsoblonge, fast vollrunde Tafel: 19-zeilige, schwarz auf blaugrauem Grund aufgemalte Inschrift in breitem Rahmen, von zwei vergoldeten Stableisten eingefaßt, links und rechts außen je eine Rollwerkwalze, in den beiden Scheitelpunkten je eine aufgewölbte roßstirnähnliche Wappenkartusche (oben Fabelwappen des Todes; unten Eheallianzwappen in einem Schild) auf dem Rahmen beiderseits je vier Ahnenwappen, der Oberrand jeweils sägezahnartig gezackt. 1958 restauriert, nach 1962 (1978?) neuerlich teilrestauriert.

H. ca. 180 cm, B. ca. 140 cm, Bu. ca. 4 cm. – Kapitalis.


Textedition
			

HOCa) TVMVLO PLACIDÈ IN / CHRISTOb) QVIESCVNT EX LEGITIMO / CONIVGIO GENEROSIb) DOMINIb), D(OMI)N(I)b) IOHAN=/NISb) IACOBIb) D(OMI)N(I)b) KVEFSTEINERIb) LIBERIb) BARONISb) IN / GREILNSTEINb) ET BARONISb) IN SPITZb), DOMINIb) IN FAIN=/FELDb) ETC(ETERA) SAC(RAE)b) CA͜ES(AREAE)b) MAIEST(ATIS)b) À CONSILIIS ETC(ETERA) NECb) / NON GENEROSA͜Eb) DOMINA͜Eb) D(OMI)N(AE)b) CLARA͜Eb), DOMINA͜Eb) À BVECH/AIMBb) ETC(ETERA) BARONISSA͜Eb), CONIVGISb) DILECTISSIMA͜E PROGNATI FILIOLIb) / IOHANNESb) ERASMVSb), ET IOHANNESb) GEORGIVSb) PIA͜E MEMORIA͜E: HIC / QVIDEM A͜ERA͜Eb) CHRISTIANA͜Eb) ANNOb) SVPRA SESQVIMILLESIMVM CIX, / PRIDIE IDVSb) IVNIIb); ILLEb) VERÒ CVII, IX CAL(ENDAS)b) SEXTILISb), VITALES HASCE / AVRAS INGRESSI, SED FATO PRA͜EMATVRO PRA͜EREPTI, VTERQVE NATIVI=/TATIS SVA͜E ANNO, PRIOR QVIDEM IOHANNESb) ERASMVSb) PRIDIE NON(AS)b) / DECEMB(RIS)b) ALTERb) VERO IOHANNESb) GEORGIVSb) XVI CAL(ENDAS)b) IANVARIIb) / QVICQVID MORTALITATIS HABVERVNT, DEPONERE COGEBAN=/TVR; QVOSb) CVM O(MN)IB(VS) VITÂ PIE DEFVNCTIS OLIM TVBA / PRA͜EPOTENTISb) DEI AD GLORIOSVM VITA͜E, NVLLIS TER=/MINA(N)DA͜E SECVLIS, INGRESSVM EXVSCITET / AMENc).

Anmerkungen
a) vor HOC ein ornamentales Füllzeichen; Anfangsbuchstabe vergrößert.
b) Anfangsbuchstabe vergrößert.
c) Wort zentriert; folgt ornamentales Füllzeichen.

In diesem Grab ruhen friedlich in Christus die aus der rechtmäßigen Ehe des wohlgebornen Herrn, Herrn Johann Jakob Herrn von Kuefstein, Freiherrn zu Greillenstein und Herrn zu Spitz, Herrn zu Feinfeld usw., Römischer kaiserlicher Majestät Rat usw., und der wohlgebornen Frau, Frau Klara, Frau von Puchheim usw., Freifrau, seiner hochgeliebten Gemahlin, gebornen Söhnchen Johann Erasmus und Johann Georg frommen Andenkens. Dieser im sechzehn­hundertundneunten Jahr der christlichen Zeitrechnung, am Vortag der Iden des Juni, jener aber im 1607. Jahr, am neunten Tag vor den Kalenden des August in die Luft dieses Lebens eingetreten, doch durch vorzeitigen Tod dahingerafft, mußte ein jeder im Jahr seiner Geburt, der erste, nämlich Johann Erasmus, am Vortag der Nonen des Dezember, der zweite aber, Johann Georg, am 16. Tag vor den Kalenden des Jänner, dasjenige, was an ihnen sterblich war, ablegen. Die Posaune des allmächtigen Gottes möge sie mit allen, die fromm ihr Leben beendet haben, einst zum glorreichen Beginn des niemals endenden Lebens aufwecken, amen.


Datum: 1609 Juni 12; 1607 Juli 24; 1609 Dezember 4; 1607 Dezember 17.


Kommentar

Hans Jakob von Kuefstein, 1577 als ältester der die Kindheit überlebenden Söhne Hans Georgs (III.) von Kuefstein und der Anna Kirchberger (s. Kat.-Nr. 377 und 408) geboren, inskribierte am 17. August 1599 in Siena, am 21. Jänner 1600 in Padua, wo er sich noch am 9. Oktober 1601 aufhielt. 1601 war er Fürschneider Erzherzog Matthias’, 1603 oder 1605 wurde er NÖ Landrechtsbeisitzer. 1620 nannte er sich nach den Kuefsteinschen Herrschaften und Schlössern Greillenstein, Spitz, Feinfeld, Buchberg a. Kamp und Zeißing und war Verordneter des protestantischen Herrenstands unter der Enns sowie Oberstproviantmeister des Horner Direktoriums, leistete jedoch am 13. Juli 1620 die Erbhuldigung in Wien und erhielt am 29. Dezember des Jahres als NÖ Kammerrat den Titel eines Reichshofrats11). 1625 nannte er sich in seiner urkundlichen Intitulatio nach seinen Herrschaften von Greillenstein, Spitz, Feinfeld und Schauenstein und führte seine Ämter als Obersterbsilberkämmerer in den beiden österreichischen Erzherzogtümern (eine 1624 eigens für ihn ehrenhalber geschaffene erbliche Würde), kaiserlicher Rat und Kämmerer, Reichshof- und NÖ Kammerrat sowie NÖ Herrenstandsverordneter (1623–26) an12). 1623 bot er der NÖ Kammer als Kaufpreis für die 1620 vom als Rebellen verurteilten Hans Georg Streun von Schwarzenau konfiszierten Güter die beträchtliche Summe von 80.000 fl. an bzw. stellte dem Kaiser 102.000 fl. als Kriegsanleihe zur Verfügung, wofür ihm 1625 die konfiszierten Herrschaften Weitra, Pottenbrunn (vormals Jörgerscher Besitz), Götzendorf und Aggsbach (Markt?) zugesprochen wurden13). 1601 hatte er seine erste Frau Klara von Puchheim (s. Kat.-Nr. 421) geheiratet, nach deren Tod 1618 ging er am 18. Jänner 1626 eine zweite Verbindung mit der 1582 geborenen Maria Veronika, Tochter des NÖ Landmarschalls Georg Bernhard Urschenbeck und der Anna Maria von Baumgarten, Witwe nach Maximilian Breuner, ein14). Über den Beisetzungsort des am 31. August 1633 in Wien verstorbenen Hans Jakob besteht Unklarheit. Obwohl Hans Jakob angeblich in der von ihm angekauften prestigeträchtigen Gruft in der Wiener Jesuitenkirche bestattet worden war, fand sich sein Sarg 1789 in der Maria Laacher Kirchengruft. Möglicherweise hatte in der Zwischenzeit eine Translation stattgefunden15).

Die Klage über das praematurum fatum der beiden Kinder entspricht einer ansonsten häufig auf vorzeitig, da im Kampf verstorbene „heroes“ und militärische Befehlshaber bezogenen Topik frühneuzeitlicher Grabinschriften16).

Die Inschrift wurde wohl mit einigem Anspruch konzipiert, die Ausführung mit leicht wechselnder Schriftgröße, abschnittweise unterschiedlich eng spationierten und am Ende der Inschrift absinkenden Zeilen erfolgte jedoch nicht in adäquater Weise.

Die in Wechsel von mäßig breiten und schmäleren Formen unter kräftiger Verstärkung überwiegend der Linksschrägen aufgemalten Buchstaben zeigen an signifikanten Einzelformen A mit gebrochenem Balken, B mit tendenziell größerem unteren Bogen, E mit stark verkürztem Mittelbalken, G mit sehr kurzer senkrechter Cauda, H mit nach oben weisendem Siculus am Balken, konisches M mit bis zur Basislinie reichendem Mittelteil und Q und R mit geschwungenen Cauden. An freien Schaft-, Balken- und Bogenenden sitzen meist feine, aber breite Serifen.

1) In silber eine Bahre mit schwarzem, mit silbernem Kreuz besticktem Bahrtuch, dahinter gekreuzte Schaufel und Spitzhacke; anstelle eines Helms Totenschädel; als Helmzier Sanduhr; anstelle der Helmdecke Knochen und sich windende Schlangen, vgl. zum Fabelwappen des Todes Gall, Wappenkunde 401f. (Abb.).
2) Gespalten von Kuefstein (Si OÖ 162 und Taf. 48 [Wappen I] bzw. NÖ 1, 249 [Kueffstein] und Taf. 129 [Stammwappen]) und Puchheim (Si OÖ 278 und Taf. 75 [Wappen V] und Si NÖ 1, 367 und Taf. 201 [Wappen III]).
3) S. Si OÖ 196 und Taf. 56 (Wappen IV) und NÖ 1, 285 und Taf. 150 (Wappen IV).
4) S. Si OÖ 544 (Wappen VI) und Taf. 121 (Wappen IV) bzw. NÖ 2, 471 und Taf. 227 (Wappen VI).
5) S. Si OÖ 154 und Taf. 46 (Wappen I) und NÖ 1, 231 und Taf. 114 (Wappen II).
6) S. Si OÖ 162 und Taf. 48 (Wappen I) bzw. NÖ 1, 249 (Kueffstein) und Taf. 129 (Stammwappen).
7) Si NÖ 1, 379 („Anderes Wappen“) und Taf. 212 (Wappen III).
8) In blau eine rote Rose.
9) S. Si NÖ 2, 321 und Taf. 153 (Wappen IV).
10) S. Si OÖ 278 und Taf. 75 (Wappen V) und Si NÖ 1, 367 und Taf. 201 (Wappen III).
11) Vgl. Luschin, Oesterreicher (1881) 84, der Hans Jakobs Konversion ebenso wie Starzer, Beiträge 437, ins Jahr 1621 setzt und die Funktion als NÖ Kammerrat erst zu 1623 datiert, HKA, NÖ Herrschaftsakten G 64, fol. 22 (1620 April 4, Horn; Schuldbrief über 50 fl. in der Kridaabhandlung nach Wolf Christoph Römer zu Grünau), die genealogische Tabelle in NÖLA, Herrenstand Kk Nr. 35, fol. 159/172 und Welsersheimb, Kuefstein 6 und 42.
12) S. NÖLA, Landrechtsurk. 816 (1625 Februar 14, Wien; Insert in 1625 März 13, Wien), vgl. Zajic, Aeternae Memoriae Sacrum, Reg. 220f. Zur Amtszeit als NÖ Verordneter vgl. auch NÖLA, Hs. 66, pag. 51–53. Luschin, Oesterreicher (1881) 84 und nach ihm Starzer, Beiträge 437, führen ihn auch zwischen 1626 und 1630 als Verordneten und als Rat des NÖ Regiments seit 20. Jänner 1631 an.
13) Vgl. HKA, Familienakten S 416, fol. 93 und Welsersheimb, Kuefstein 6, wonach er aus der Masse der von den geächteten Adeligen konfiszierten und nun an den katholischen Hofadel ausgegebenen „Rebellen“-Güter auch noch die vormaligen Besitzungen der Laglberger und die Hälfte der früheren Volkra-Güter gefordert hatte.
14) S. die genealogische Tabelle in NÖLA, Herrenstand Kk Nr. 35, fol. 159/172 (falsches Heiratsjahr 1614), Plesser, Kirchengeschichte (1939) 344 und Welsersheimb, Kuefstein 6. Bei der Hochzeit mit Klara von Puchheim wurde dem Brautpaar ein Trinkgeschirr von einem Vertreter der Hofkammer überreicht. Ein Porträt Hans Jakobs, das den Bräutigam in der Hochzeitskleidung von 1601 zeigt, befindet sich zusammen mit dem Gegenstück seiner Frau in Schloß Greillenstein, s. Bönsch, Bekleidungsformen 179 und 182 (Abb. 23). Weitere Angaben zu Hans Jakob s. in NÖLA, Hs. 236/1, pag. 1028f. und 1032.
15) Zur Wiener Gruft s. Hengerer, Dimension 326f. (Anm. 235). Dagegen verzeichnete das 1789 aufgenommene Protokoll über die Räumung der Laacher Kirchengruft (s. Einleitung S. XXXVIII) auch den Sarg des Hans Jakob, der laut Sargtafelinschrift 1629 verstorben sei, s. Lichtenberger, Grabmäler 112. Vgl. auch Zajic, „Zu ewiger gedächtnis aufgericht“ 128 (Anm. 227) und Zajić, „Aeternae Memoriae Sacrum“ 271, Anm. 60.
16) S. zur „praematura“ oder „immatura mors“ bzw. dem „immaturum fatum“ als Topos früneuzeitlicher Grabinschriften Kajanto, Classical 38–41 und Zajic, „Zu ewiger gedächtnis aufgericht“ 256.
Literatur

Schmidl, Umgebungen 1, 372f. – Tschischka, Kunst 103. – Weidmann, Wegweiser 59. – Weidmann, Kreis 38. – Sacken, Kunstdenkmale (1848) 19f. – NN., Maria Laach 157. – DASP, Nachlässe 5, Buch B, pag. 134 und Heft F, fol. 6r. – Riesenhuber, Kunstdenkmäler 157. – Gnevkow-Blume, Maria Laach (1932) 21. – Gnevkow-Blume, Maria Laach (1933) 5f. – Feuchtmüller, Maria Laach (unpag.). – ÖAW, NLH, 23./24. 8. 1962 (fälschlich „Totenschild Johann Jakob Kufstein“). – Eppel, Waldviertel 60 und 160. – Eppel, Wachau 137. – Eppel, Kunst 185. – Zotti, Kunst 2, 237f. – Dehio Nord 717 („Johann Jakob, gest. 1609“). – Kren, Grablege 252. – Zajic, „Zu ewiger gedächtnis aufgericht“ 221 und 256 (Anm. 95). – Zajić, „Aeternae Memoriae Sacrum“ 271, Anm. 60.



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 386,
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Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
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Abb. 169: Totenschild des Hans Erasmus und des Hans Georg von Kuefstein (1609)
©  Bundesdenkmalamt, Wien, Fotoarchiv