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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

391 Langenlois, Pfk. Hl. Laurentius 1610

Wappengrabplatte des Gregor und der Margarete Vinckher, rotbrauner Marmor, innen in der südlichen Chorschräge an der Wand, 1957 aus dem Boden im südlichen Seitenschiff gehoben (?)1). Hochrechteckige Platte mit zwölfzeiliger, gestaffelt zentrierter Inschrift über längsoblongem Feld mit zwei aneinandergeschobenen Eheallianzwappen unter einem Helm. Platte leicht abgetreten, linke und rechte obere Ecke ausgebrochen.

H. 175 cm, B. 97 cm, Bu. 4 cm. – Fraktur.


Textedition
			

[A]nno Dominy 1609 Jar Den 9 tag Octobe[r starb] / Der Edl Vnnd Veste Gregor Vinckher Des Jnern / Raths Burger Zu Leus Vnnd ligt Alda / Begraben / Anno 1610 Jar Den 21 tag December / Starb Die Ehrntugentreiche Fraw Mar/gareta Des obbenanden Herrn Vinckher / Ehliche Hausfraw Ligt Alhie Begrab/en Dennen Gott Sambt Allen Christ/Glaubigen Ein Freidtenreiche Auff/erStehung Verleichen Wolle / Ammena) :

Anmerkungen
a) folgt ein ornamentales Füllzeichen.

Wappen: Vinckher2)/unbekannt3).


Kommentar

Der Verstorbene war vermutlich ein Sohn des Langenloiser Bürgers Philipp Vinckher (Vinckler), der 1547 den Kauf brief der Langenloiser Bürgerin Walpurga Chrabath über ein Haus und Vierzigerlehen am Langenloiser Korngrieß an den Markt Langenlois besiegelte und 1552 als Besitzer eines Weingartens am Seeberg (nördlich von Langenlois nahe Zöbing) aufscheint4).

Gregor Vinckher (Finckhler) nahm 1604 ein Joch Wiese „in Taillendern“ von der Pfarre Langenlois auf sechs Jahre in Bestand5).

Die sehr diszipliniert ausgeführte Inschrift weist durch den optisch dominierenden gitterartigen Eindruck der an Ober- und Unterlinie gebrochenen Schäfte und der parallelisierten senkrechten Teile der gebrochenen Bögen im Mittelband, verstärkt durch eine gewisse Linearität der durchwegs sehr schmalen Buchstaben einen der Gotischen Minuskel ähnlichen Charakter auf, der nur durch die zahlreichen einfach aufgebauten, aber mit einer Vielzahl von bewegten, stark eingerollten und meist als Anschwünge von links oben an die Buchstaben heranführenden Haarzierlinien aufgelockert wird. Nur wenige Bogenlinien werden tatsächlich als Schwellzüge ausgeführt, die überwiegend gleichbleibende Strichstärke läßt die entsprechenden Linien daher bloß durchgebogen und nicht geschwellt erscheinen. In Margareta erscheint a einmal als zweistöckiges Kasten-a, bei b und d erscheinen nur die rechten Teile der Buchstaben als ungebrochene Bogenlinien ausgebildet, bei f und s werden die Schäfte nur als Haarstriche in den Unterlängenbereich verlängert. Neben der regulären Form begegnet zweimal h mit breitem, weit nach rechts ausholendem Bogen, Bogen-r überwiegt klar gegenüber der Normalform.

In der Schriftgestaltung und der bildhauerischen Behandlung des Vollwappens erinnert der Stein stark an zwei für die Kremser Werkstatt des Kilian Fuchs gesicherte Werke, nämlich das Epitaph der Anna Kirchberger und das „Fünfkreuz“ in Furth (Kat.-Nr. 408 und 414). Während am Further Denkmal lediglich die für die Werkstatt charakteristische Bildung des Vollwappens vergleichbar ist, zeigt das Epitaph in Maria Laach nicht nur dieselbe volutenartig eingerollte Ortstelle der Schilde, sondern weist auch eine im allgemeinen, dort noch starreren Eindruck und den meisten Einzelformen sowie einer Vielzahl an Versalien sehr ähnliche Frakturinschrift auf. Dem vorliegenden Stein am nächsten steht die in der Gestaltung des Wappenfelds fast völlig übereinstimmende Gruftplatte des Leopold und der Felicitas Schwarzbeck (Kat.-Nr. 399).

1) Nach den Aufzeichnungen von Johannes Fahrngruber hatte sich der Stein um 1899 jedoch an der Westwand, wohl des nördlichen Seitenschiffs, befunden, s. DASP, Nachlässe 5, Heft M, fol. 39r.
2) Geteilt: oben linksgewendeter steigender Greif, unten viermal schräglinks geteilt.
3) Gespalten: rechts steigender Bock, links Schrägbalken; über beiden Schilden offener Helm; aus Helmkrone wachsender linksgewendeter Greif.
4) Vgl. Plesser, Kirchengeschichte (1939) 616 (1547 Mai 7, Langenlois) und NÖLA, Privaturk. 5254 (1552 März 22, Langenlois; Hans Stolzenberger und seine Frau Anna, Bürger von Langenlois, verkaufen Wolf(hart) Streun von Schwarzenau zu Hartenstein ihren halben Weingarten am Seeberg, zwischen den Weingärten des verstorbenen Kremser Bürgers Kaspar Geringer und des Langenloiser Bürgers Philipp Vinckher gelegen), vgl. Zajic, Aeternae Memoriae Sacrum, Reg. 186.
5) S. DASP, Pfarr- und Klosterakten Langenlois 3, (1604 Jänner 30, Langenlois: „Verzaichnus der pfarr Langenleuß weingärtten, äckher, wysen und gärtten zuegehörung sambt den attribuirten beneficiatheüser, die alle anno etc. 1604 den 30. january auf sechß jar lang zu bständt verlassen worden, wie volgt“, unfol. [fol. 3r]).
Literatur

DASP, Nachlässe 5, Heft M, fol. 39r. – ÖKT 1, 291. – Riesenhuber, Kunstdenkmäler 162 („Neun Grabsteine 1450–1773“). – ÖAW, NLH, 12./13. 4. 1965. – Zotti, Kunst 2, 212. – Dehio Nord 637.



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 391,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil4/noe-3-obj391.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 172: Grabplatte des
Gregor Vinckher (1610)
©  ÖAW, Wien, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Michael Malina)