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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

399 Senftenberg, Pfk. Hl. Andreas 1612

Gruftplatte des Leopold und der Felicitas Schwarzbeck, roter Marmor, im Boden des Mittelschiffs im westlichen Drittel, unmittelbar über dem Gruftabgang. Elfzeilige Inschrift (I) über vertieftem, annähernd vollrundem Feld mit zwei aneinandergeschobenen Eheallianzwappen, darunter zwei weitere zentrierte Inschriftzeilen (II). Die vier Ankerzapfen der ehemals vorhandenen Heberinge in Resten sichtbar, gesamte Platte sehr stark abgetreten, besonders am linken Rand zahlreiche Oberflächenbeschädigungen.

H. 214 cm, B. 107 cm, Bu. 5 cm (I) bzw. 4 cm (II). – Fraktur (I) und Kapitalis (II).


Textedition
			

I. [H]ie Ligt Begraben [der edl] vnnd Ge[stren]g / [H]err Leopolt Schw[ar]t[z]beckh Zum Kainhoff / [R]om(ischer) Kh(a)y(serlicher) M(aiesta)t Gewester Hoffdiener D[e]r / Gestorben Jst [De]n Ersten tag January Des / [1]612 Jar[s v]nnd Fraw Felicitas Schwartz/[be]ckhin Geborne [H]evgrueberina) sein Eheliche Ge/[ma]hl Wel[che] Den <..> tag <– – –> Des 16<..> / [ jahr] Jn Go[t]t Endschlaffen. Der Allmechtige / [W]olle Jnnen Am Jungsten tag Ein Frölliche / Aufersteh[ung vmb] Jehsus Christi Willen Aus / Gnad [verlei]hen Ammenb) . II. SI D[EV]S [PR]O NOBIS · / QV[IS C]ON[T]RA NOS

Anmerkungen
a) über v zwei Quadrangeln für den diphthongierten Lautwert.
b) letzte Zeile zentriert.

Wenn Gott für uns ist, wer ist dann gegen uns? (II).

Rom 8,31 (II).


Wappen: Schwarzbeck1); Heugruber2).


Kommentar

Leopold Schwarzbeck stammte aus einer Kremser Ratsfamilie, die sowohl mit Leopolds Großvater (?) Georg 1513 und 1517 als auch mit dessen mutmaßlichem Sohn Hans 1560 den Bürgermeister (1548 Stadtkämmerer, 1553 Raitherr und 1555 Stadtrichter) von Krems und Stein stellte. Hans, u. a. vermögender Besitzer des heutigen Kremser Hauses Althang. 3 und Angehöriger der Stubengesellschaft im Kremser „Gattermannhaus“ (Untere Landstr. 52), erhielt 1573 einen Wappenbrief, der das auf der Grabplatte wiedergegebene Wappen enthielt. Aus seiner Ehe mit Barbara Paumgartner stammten die Kinder Georg, Katharina, Leopold, Barbara und Tobias. Während Georg, der in Padua studiert hatte und als kaiserlicher Diener und Sekretär der NÖ Regierung tätig war, den väterlichen Besitz in Krems 1576 übernahm, erhielt Leopold neben einem Baranteil aus dem Erbe verschiedene Gülten und den väterlichen Hof in Klosterneuburg. 1602 wurde er als kaiserlicher Hofdiener, in welcher Funktion er fünfzehn Jahre lang gestanden und u. a. an Gesandtschaften in Spanien und den Niederlanden teilgenommen hatte, unter die neuen Geschlechter des NÖ Ritterstands aufgenommen. 1610 kaufte er die Herrschaft Idolsberg von Hans von Rätzendorf (?) an, um sie im Folgejahr (?) an Sebastian Schröttl von Schröttenstein zu Hagenbrunn weiterzuveräußern. Die Ehe mit der ebenfalls einer Kremser Ratsfamilie entstammenden Felicitas Heugruber scheint kinderlos geblieben zu sein. Den in der Inschrift als Kainhoff genannten Steinhof im Kremser Ortsteil Weinzierl besaß Felicitas noch als Witwe, 1636 gehörte er bereits dem Propst von Waldhausen3).

Die gegenständliche Gruftplatte verschließt eine kleine gemauerte, im westlichen Langhausbereich der Pfarrkirche gelegene Gruft, einen von insgesamt drei 1932 geöffneten und untersuchten Grufträumen in der Längsachse der Kirche (zwei im Langhaus, eine im Chor), die damals noch teilweise Bestattungen von Angehörigen mehrerer Pfleger von Senftenberg in Särgen aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts enthielten. Weiters existiert unter dem westlichen Teil des nördlichen Seitenschiffs eine Gebeinegruft (ehemaliger Karner?), ehemals mit einem eigenen von außen begehbaren Zugang an der Kirchennordseite versehen, dessen Portalgewände im 19. Jahrhundert in den südlichen Portalvorbau versetzt wurde (s. Kat.-Nr. 179).

Eine inschriftenpaläographische Beurteilung ist angesichts des schlechten Erhaltungszustands nicht sinnvoll. Die wenigen besser erhaltenen Passagen der Inschrift und die gesamte Gestaltung des Wappenfelds ähneln jedoch so stark jenen der Wappengrabplatte des Gregor Vinckher (Kat.-Nr. 391), daß die Annahme einer gemeinsamen Werkstatt naheliegt.

1) S. Si NÖ 2, 98 und Taf. 45, vgl. auch NÖLA, Hs. 236/6, pag. 295, zur Tingierung vgl. auch Rally, Materialien IV, 527 und Gattermann, Geschichte 13f. mit Beschreibung des als Wandmalerei ausgeführten Wappens des Hans Schwarzbeck von 1559 im Kremser „Gattermannhaus“ (Untere Landstr. 52).
2) Schrägbalken, mit einem Löwen belegt, in der rechten Pranke eine Lilie; offener Helm, über Helmkrone der wachsende Löwe des Schilds.
3) S. Topographie 4, 447, Görg, Bürgermeister 62f. und 112–117, Scheuch, Kirchengrüfte 6–9 und danach Fux, Senftenberg 297f. NÖLA, Hs. 236/6, pag. 295 nennt als Datum für die Aufnahme in den NÖ neuen Ritterstand erst 1603 März 18, als Verkaufsjahr von Idolsberg 1615, hier, pag. 296, die Angaben zum Steinhof. Zu den Schwarzbeck vgl. neben Görg mit von diesem teilweise abweichenden Angaben (statt Georg hier Hans [d. Ä.] u. a.) Schönfellner, Krems passim, zu Hans’ Zugehörigkeit zur Stubengesellschaft und seiner Wortdevise Was Gott will s. Rally, Materialien IV, 527, Kinzl, Chronik 134, Gattermann, Geschichte 13f. und Schönfellner, Krems 337. Georg, 1580 auch Besitzer von Weingärten in Imbach (s. Köck, Schlüsselamt 149), hatte das Patronat über das Benefizium Hl. Christoph an der Kremser Frauenbergkirche inne, aber noch 1595 nicht um die Verleihung des Kremser Bürgerrechts angesucht. Sein mutmaßlicher Sohn Hans Georg wurde 1611 im evangelischen Friedhof vor der Stadt beigesetzt. Tobias hatte 1581 zusammen mit Wolfgang Hutstocker und anderen Kremser Ratsbürgersöhnen 1581 in Tübingen studiert.
Literatur

DASP, Nachlässe 5, Heft K, fol. 36r-37r. – ÖKT 1, 379 („rote Steinplatte mit Doppelwappen und unleserlicher Inschrift; XVII. Jh.“). – ÖAW, NLH, 18. 4. 1962. – Scheuch, Kirchengrüfte 6f. (Abb. 1 und 7). – Zotti, Kunst 2, 354. – Dehio Nord 1081. – Fux, Senftenberg 295 (Abb.) und 297. – Zajic, „Zu ewiger gedächtnis aufgericht“ 302.



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 399,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil4/noe-3-obj399.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
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