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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich
Politischer Bezirk Krems
404 |
Spitz, Schloßg. 3 (Altes Schloß) |
1613 |
Bau- und Weiheinschrift, roter Marmor, im Schloßhof im Osttrakt über dem Tordurchgang, ursprünglich in bzw. an der Schloßkapelle, am heutigen Standort seit wenigstens 1888/90. Schmucklose hochrechteckige Tafel mit 23-zeiliger, gestaffelt zentrierter Inschrift, von seicht eingehauener rechteckig umlaufender Linie gerahmt. Stark verwittert mit zahlreichen Oberflächenbeschädigungen. Umfassende Restaurierungsmaßnahmen im gesamten Schloßbereich zwischen 1998 und 2004 unter Leitung des BDA durchgeführt1).
H. 140 cm, B. 100 cm, Bu. ca. 3,5 cm. – Kapitalis.
Textedition
TA[B]ERNACVLVMa) DEO / [IA]COB / I[N]DIVIDV[A]E TRIN[I]TA/TI
SACRVM QVOD / VENTV[R]I NON IMME/MOR AEVI / [I]LLVSTRIS
AC GENE/ROSVS DOMINVS / DOMINVS IOANNES LAV/R[E]NTIVS
KHVEFSTAINER / LIBE[R] BARO IN GRAILLEN/STAIN / DOMINVS
IN S[P]ITZ / TAM IN SV[I] AC SVORVM / QVAM IN / SENATVS
POPVLIQVE SPI/ZIANI / [PI]ETATIS AC DEV[OT]IONIS /
MONVMENTVM / SIC EXTRVI CVRAVIT · ANNO POST / SALVTEM
REPARATAM M·DC·X·III· / DIE DEDICATIONIS SACRO QVI ERAT /
DECIMVS [O]CTAV[V]S [CAL]ENDAR(VM) MAY
Anmerkungen
Kommentar
Die Herrschaft Spitz und das nahe Schloß Zeißing hatte Hans Georg (III.) von Kuefstein (s. Kat.-Nr. 377) 1587 von Praxedis Kirchberger, verh. Teufel, angekauft2). Kuefstein, der u. a. 1597 versuchte, das Niederalteicher Patronat über die Pfarrkirche an sich zu bringen, unterhielt in Spitz, wo bereits 1574 der lutheranische Rostocker Theologe Dr. David Chytraeus in Zusammenarbeit mit anderen protestantischen Predigern im Auftrag der NÖ Stände eine „Formula concordiae“ im Theologenstreit mit den Flacianern ausgearbeitet hatte, offenbar mehrere protestantische Prädikanten, die zugleich den evangelischen Gottesdienst für die Spitzer Bevölkerung gewährleisteten. Darüberhinaus hatte er einen (wohl ebenfalls protestantischen) neuen Schulmeister aufgenommen3).
Nach seinem Tod fiel der Markt Spitz an seinen Sohn, den kaiserlichen Obristen Hans Lorenz von Kuefstein (s. Kat.-Nr. 449), der nach Ausweis der vorliegenden Inschrifttafel 1613 den wohl schon etwa 1597 unter seinem Vater begonnenen Bau der Schloßkapelle – wie neben den großen Ausmaßen des Gebäudes auch die Diktion der Inschrift nahelegt, als Raum für den protestantischen Gottesdienst der Spitzer Bürger – als eigenständigen und freistehenden Baukörper an der Nordwestecke des Schlosses fertigstellen konnte. Bei der feierlichen Weihe der Schloßkapelle am 14. April 1613 hielt der Kuefsteiner Hofprediger in Spitz (1609–1615), Mag. Abraham Bogner, eine Festpredigt, die 1615 in Wittenberg im Druck erschien4). Im Herbst des Jahres mußte Kuefstein im Streit mit dem Benediktinerkloster Niederalteich über die Vogteirechte in Spitz einlenken5). Sowohl die Besoldung der Spitzer Prädikanten (etwa Paul Vischer/Piscator 1589) als auch die Bauarbeiten an der Schloßkapelle und dem protestantischen Friedhof waren teilweise offenbar aus dem Bruderschaftsvermögen der spätestens seit 1428 bestehenden Spitzer Fronleichnamsbruderschaft bestritten worden, der als religiös obsolet gewordener aber finanzkräftiger Einrichtung nach Ausweis der Bruderschaftsbuchs nominell auch die Brüder Hans Lorenz, Hans Wilhelm und Hans Ludwig von Kuefstein (noch vor den jeweiligen Konversionen) sowie mehrere protestantische Prädikanten (Salomon Weiß, Paul Pruckner, Erasmus Karl und Abraham Bogner) angehörten6).
Auf die Umbauten am Spitzer Schloß verweist auch ein Sandstein-Eheallianzwappen Kuefstein/Puchheim in vollrundem Lorbeermedaillon, sekundär im Hof am Westtrakt über einem Portal angebracht.
Am 20. März 1620 wurden Pfarrkirche und Pfarrhof von Spitz von etwa 37 Reitern des kaiserlichen Generalfeldobristen und Marschalls Karl Bonaventura Graf von Bucquoy „in polackhischer klaydung (…) spolyrt und ausgeblindert“, am 24. März wurde ein Teil des Markts in Brand gesteckt. Für den erlittenen Schaden – vermutlich gingen dabei auch zahlreiche Urkunden der Niederalteicher Pfarren und Filialen Aggsbach, Spitz und Schwallenbach verloren – hoffte der Abt von Niederalteich auf Intervention Herzog Maximilians von Bayern durch Bucquoy selbst entschädigt zu werden. Die eigentliche Schuld für die Folgen des Überfalls auf Spitz gab der Abt aber Hans Lorenz von Kuefstein. Einerseits habe dieser die schon im Frühjahr 1619 eingeleitete Bergung der Spitzer Kirchenschätze vor den heranziehenden Truppen über Oberarnsdorf nach Niederalteich abgebrochen (vgl. auch Kat.-Nr. 425) und damit den Verlust der in Spitz verbliebenen Wertgegenstände zu verantworten. Andererseits sei Spitz nach Ansicht des Abtes möglicherweise nur aus Rache an Kuefstein geplündert worden. Hans Lorenz von Kuefstein habe zu Beginn des böhmischen Kriegs als kaiserlicher Kriegskommissar fungiert, sei aber dann „wie die gemaine saag mit sich gebracht“ zu den Böhmen übergelaufen, habe 400 böhmische Reiter befehligt und die Niederlage der Truppen Bucquoys bei Horn im April 1620 entscheidend mitverursacht. Die Übergriffe in Spitz seien somit vermutlich als Vergeltung an Kuefstein gedacht gewesen, weshalb der Abt Kaiser Ferdinand II. bat, Kuefstein zur Begleichnung der in einer beiliegenden Aufstellung geschätzten Schäden zu veranlassen7).
Tatsächlich war bei dem Überfall auch das Spitzer Schloß und hier besonders die Schloßkapelle schwer beschädigt worden, die seither Ruine blieb, da neben den Mitteln des Kuefsteiners auch ein 1625 geleisteter Zuschuß von 150 fl. des Rats von Weißenkirchen, dessen Bürger ebenfalls den evangelischen Gottesdienst in Spitz besuchten, zur Wiederherstellung nicht ausreichte. Im Volksmund erhielten die 1993 gesicherten und teilweise restaurierten Mauerreste wohl im 19. Jahrhundert den irreführenden Namen „Judentempel“8).
Die sehr linear ausgeführte Inschrift weist eine fast völlig konsequente deutliche Rechtsneigung auf. Die in den ersten Zeilen recht locker gesetzten Buchstaben werden bis zum Ende hin immer schmäler proportioniert und gedrängter angeordnet, was zu einer nahezu indistinkten Schreibung führt. Die Balken des E sind uneinheitlich lang gestaltet, bei M nimmt der Mittelteil nur etwa ein Drittel der Zeilenhöhe ein.
Literatur
Andreas Zajic
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
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Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich Politischer Bezirk Krems Spitz, Schloßg. 3 (Altes Schloß) • Weiheinschrift • roter Marmor • Kapitalis •
Aspeckmair, Georg •
Bogner, Abraham •
Bucquoy, Karl Bonaventura •
Chytraeus, David •
Ferdinand II. •
Hilz, Bernhard III. •
Karl, Erasmus •
Kirchberger, Praxedis •
Kuefstein, Hans Georg III., Hans Lorenz, Hans Ludwig, Hans Wilhelm •
Lauser, Viktor •
Maximilian I. •
Pruckner, Paul •
Teufel, Matthias •
Vischer, Paul •
Weispriach, Susanna •
Weiß, Salomon •
Aggsbach Markt •
Erlahof, Wirtschaftshof •
Greillenstein •
Horn •
Maria Laach a. Jauerling •
Niederalteich •
Niederranna •
Oberarnsdorf •
Schwallenbach •
Spitz, Weingärten •
Torgau •
Weißenkirchen i. d. Wachau •
Wittenberg •
Zeißing
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Jakob ließ Gott einen Altar, der edle und gestrenge Herr Herr Johann Lorenz von Kuefstein, Freiherr auf Greillenstein, Herr in Spitz, der unteilbaren Dreifaltigkeit ein Heiligtum, eingedenk der kommenden Zeit, als Denkmal sowohl seiner und der Seinen, als auch des Rats und der Gemeinde zu Spitz Frömmigkeit und Zuneigung so errichten. Im Jahr nach der Bereitung des Heils 1613, am heiligen Tag der Weihe, das war der 18. Tag vor den Kalenden des Mai.