Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich
Politischer Bezirk Krems
419† |
Rossatz Nr. 53 („Jörgerhof“) |
(1610–1617?) |
Bibelzitat als Spruchinschrift, Wandmalerei, ehemals auf einem Putzband unterhalb der Dachtraufe das gesamte Gebäude umziehend, schwarz auf hellem Putzgrund aufgemalt. Der Text begann an der Südseite, setzte sich an der Ostseite fort, führte ursprünglich im heutigen Dachboden im Bereich einer früheren Loggia (?) weiter, und zog sich schließlich über die Nordseite wiederum bis zur Südseite. Die gegenwärtige Inschrift bei Renovierung 1975 in Abänderung des ursprünglichen Bestands unter orthographischer Normalisierung völlig neu aufgemalt.
Bu. ca. 15–20 cm. – Kapitalis.
Beschreibung und Textwiedergabe nach ÖAW, NLH, 27.8. 1959, und älteren Fotos.
Textedition
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Anmerkungen
Kommentar
Das Haus war zwischen 1610 und 1617 Wohnhaus des evangelischen Predigers der Jörger in Rossatz und später in Hernals, Elias Ursinus, der schließlich 1625 nach Regensburg emigrierte. Als vor allem in Hernals tätiger Prediger hatte er beim niederösterreichischen Adel offenbar einen guten Ruf. Zeugnis seiner produktiven Tätigkeit als Verfasser von Leichenpredigten – zumindest 1621 führte er auch den Titel eines kaiserlichen „Poeta laureatus“ – sind mehrere erhalten gebliebene Drucke. 1616 war seine Leichenpredigt auf Leonora von Trauttmansdorff im Druck erschienen, 1617 hielt er eine im selben Jahr in Nürnberg gedruckte Leichenpredigt auf die in Ottenschlag bestattete Anna von Polheim, 1618 wurde die Leichenpredigt auf die im neuen Wiener Friedhof vor dem Schottentor beigesetzte gebürtige Augsburger Münzer-, Goldschmied- und Juwelierstochter Euphrosina Holbein, geb. Schweigl, Frau des kaiserlichen Hofdieners und Kammerjuweliers Philipp Holbein, in Nürnberg publiziert, dort erschienen 1620 bzw. 1621 auch die Leichenpredigten auf die 1620 verstorbene Maria Piribach und die 1621 in Hernals beigesetzte Apollonia Grünthaler, geb. von Ödt. In Regensburg war 1620 die Leichenpredigt auf Urban Stubenvoll zum Wasenhof erschienen. Allen Werken gemeinsam ist ein weitgehend einheitlicher Aufbau in „consolatio“ (Trostworte an Witwer und Familie), geistliche Betrachtung und biographischen Notizen sowie neben einer naheliegenden Sättigung der Texte mit Bibelzitaten und -paraphrasen die reiche Verwendung von Allusionen auf die Familiennamen der Verstorbenen und die Beigabe von in unterschiedlichen Metren abgefaßten lateinischen oder lateinisch/deutschen „epicedia“ bzw. „disticha epitaphica“. In den abschließenden biographischen Abschnitten („personalia“ bzw. „pro colophone concionis“) werden topisch die jeweils als vorbildhaft geschilderten Vorbereitungen der Sterbenden auf den Tod unter Betonung einer ruhigen Sterbestunde und eines guten Todes dargestellt.
Das Rossatzer Haus, dessen inschriftliche Fassadengestaltung wohl Ursinus in Auftrag gegeben hatte, gelangte später in den Besitz der Grafen Hoyos1).
Literatur
Andreas Zajic
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
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Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich Politischer Bezirk Krems Rossatz Nr. 53 („Jörgerhof“) • Bibelzitat • Spruchinschrift • Wandmalerei • Kapitalis •
Holbein, Philipp •
Hoyos •
Jörger •
Ödt, Apollonia •
Piribach, Maria •
Polheim, Anna •
Schweigl, Euphrosina •
Stubenvoll, Urban •
Trauttmansdorff, Leonora •
Ursinus, Elias •
Augsburg •
Hernals •
Nürnberg •
Ottenschlag •
Regensburg •
Rossatz •
Wien, Friedhof vor dem Schottentor
Abbildungen
Abb. 177: Hausinschrift (1610-1617?), Detail ©
Bundesdenkmalamt, Wien, Fotoarchiv
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Ps 83,3–7.