Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich
Politischer Bezirk Krems
Tabernakelpfeiler („Altmannibründl“) mit Stifterinschrift und Jahreszahl, Sandstein, südwestlich außerhalb der Ortschaft in einer Senke an der Straße nach Kleinwien. Ein achteckiger, oben und unten einfach profilierter Schaft auf quadratischem Sockel trägt einen mit mehrfach profilierten wuchtigen Kranzgesimsen (oben mit Zahnschnittleiste verziert) versehenen prismatischen Aufsatz mit vier vertieften, durch Eierstableiste und Perlschnur gerahmten hochrechteckigen Feldern. Als Bekrönung ein üppiges, reich ornamentiertes Patriarchenkreuz, vorne Jesugramm (I), hinten Darstellung Herz Jesu, beides von Dornenkranz umwunden. An der Vorderseite nahe dem Aufsatz ein kleiner Wappenschild, beiderseits und unter diesem Inschrift (II), darüber Steinmetzzeichen (s. Nachzeichnung in Anhang 1). Die 1907 noch in Resten erkennbare ursprüngliche (?) farbige Fassung des Aufsatzes ist heute nicht mehr erhalten.
H. ca. 4,5 m, Bu. 5 cm (II). – Kapitalis.
Textedition
I.
IE(SV)Sa)
II.
GERG // 1621b) // BOLT // VON // GEN//ADLA//STO//RFc)
Anmerkungen
Kommentar
Das in der Inschrift genannte Genadlastorf ist der südmährische Wallfahrtsort Gnadlersdorf. Der Stifter scheint den von Mähren aus häufig begangenen Pilgerweg von Brünn bzw. Znaim nach Mariazell über Furth/Göttweig benützt zu haben, das mit Gnadlersdorf in verschiedenen Querverbindungen stand. Eine Tochter des Georg Bolt, Walpurga, heiratete 1638 in Schattau den aus dem Bodensee-Raum stammenden Georg Geßler. Zur Errichtungszeit der Säule lebte in Palt ein möglicherweise mit Georg Bolt verwandter Leopold Polt, der von 1599 bis 1628 gemeinsam mit seiner zweiten Frau Katharina Besitzer des Hauses Palt Nr. 2 war. 1628 verkauften sie dieses Haus und erwarben stattdessen Palt Nr. 33, Polt starb um 16372).
Das unmittelbar neben der Säule liegende „Altmannibründl“, eine gefaßte Quelle, wurde in der lokalen Volkstradition mit dem Ort identifiziert, an dem nach der Vita Altmanni (Kap. 7) die drei befreundeten (nachmaligen) Bischöfe Altmann von Passau, Adalbero von Würzburg und Gebhard von Salzburg in ihrer Jugend auf einer Reise gerastet hätten. Bei dieser Gelegenheit hätten die drei einander die späteren Bischofswürden und Klostergründungen (Göttweig, Lambach und Admont) vorausgesagt3). Schon im 1630 Abt Georg (II.) Falb gewidmeten Bild Göttweigs unter dem Schutz der Gottesmutter (Kat.-Nr. 459) wird die Szene mit den drei jungen Männern an einem Bildstock, wohl dem abstrahiert wiedergegebenen Steinaweger Tabernakelpfeiler, situiert. In einem um 1660 entstandenen Ölgemälde (vielleicht vom Göttweiger Hausmaler Fr. Georg Bergmann, vgl. zu ihm Kat.-Nr. 459) und einem um 1727/28 entstandenen Gemäldezyklus zum Leben des Hl. Altmann von Johann Samuel Hötzendorfer wird das Ereignis ebenso am Altmannibründl in Steinaweg geschildert4).
Der Tabernakelpfeiler vor dem Hintergrund des Göttweiger Bergs bildete das zentrale Bildmotiv des 60-Heller-„Gutscheins“ des von der Gemeinde Steinaweg 1920 aufgelegten Notgelds5). Die kapitale Inschrift wurde sehr routiniert ohne erkennbaren Wechsel von Haar- und Schattenstrichen völlig linear ausgeführt. Die mäßig breiten Formen weisen keine nennenswerten Besonderheiten auf, Serifen oder Sporen an freien Schaft-, Balken- und Bogenenden sind mit Ausnahme kleiner dreieckiger Ansätze kaum ausgebildet.
Literatur
Andreas Zajic
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
|
Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich Politischer Bezirk Krems Steinaweg • Tabernakelpfeiler • Altmannibründl • Stifterinschrift • Jahreszahl • Sandstein • Kapitalis •
Adalbero •
Altmann •
Bergmann, Georg •
Bolt, Georg •
Bolt, Walpurga •
Falb, Georg II. •
Gebhard •
Geßler, Georg •
Hötzendorfer, Johann Samuel •
Katharina •
Poldt, Matthias •
Polt, Leopold •
Ponstingl, Susanna •
Admont, Benediktinerkloster •
Brünn •
Furth b. Göttweig •
Gnadlersdorf •
Göttweig, Benediktinerkloster •
Kleinwien •
Lambach, Benediktinerkloster •
Mariazell •
Palt •
Schattau •
Steinaweg
|