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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

447 Unterloiben, Pfk. St. Quirin 1627

Wappengrabplatte der Magdalena Lang, geb. Kniepichler, der Margarete Reich und der Anna Magdalena Thuern, geb. Lang, roter Marmor, innen an der Nordwand des nördlichen Kirchenschiffs im zweiten Joch, der zweite Stein von Westen, 1893 noch ebd. im Boden, 1910 bereits am heutigen Standort. Die 18-zeilige Inschrift ab Zeile 15 von Vollwappen (Eheallianzwappen in einem Schild) in kreisrundem Feld in der unteren Hälfte des Steins unterbrochen. Die letzte Zeile unterhalb des Wappens in den beiden unteren Ecken. Stein an der Oberkante des Relieffelds ohne Textverlust in Zeile 14 waagrecht gebrochen, die rechte Kante teilweise unter Putz.

H. 200 cm, B. 91 cm, Bu. 3,7 cm. – Fraktur.


Textedition
			

Alhie Ligen begraben Die Edle Frau Mag/dalena Langin, geborne Khniepüchlerin die / in Gott Selligga) Entschlaffen den 31 Mar[ti] / Anno 1627. So Ruehet in Christo alda / Jhr Eheleibliche Tochter die Edle Frau Ma[r]/garetha Reichin die gestorben ist den 22 / May Anno 1625, vnd Anna Magdalena / des Edlen vnd Vessten Herrn Johann Fride/rich Thüerrns der Zeit des Clossersa) Thüern/stain Hoffrichters Catharina seiner Hau/sfrauenb) gebornen Langin Eh[e]leibliche / Tochter die in Gott Verschiden ist den 30. / October Anno 1625 deren Sellen vnd vns / allen Gott der Allmechtig einc) frölliche Auf[e]rst[eh]/ung verleih//end) welle Am/en Aufg//erichtd) / 24 // Junyd) / Anno // 1627d)

Anmerkungen
a) sic!
b) von Hau bis vns reichen die Zeilenenden nicht wie die übrigen bis zum rechten Rand der Platte, möglicherweise ursprünglich einem Hindernis in der Originalposition ausweichend.
c) Allmechtig ein in halber Buchstabengröße unmittelbar am oberen Rand des Relieffelds.
d) von Wappenfeld unterbrochen.

Wappen: Kniepichler/Lang1).


Kommentar

Die in der Inschrift zuerst genannte Magdalena Lang war eine Schwester des 1628 verstorbenen Propstes von Dürnstein bzw. Herzogenburg, Melchior Kniepichler (s. Kat.-Nr. 448). Als Inhaberin des Herzogenburger Klostermeierhofs zog sie sich u. a. Klagen wegen ungenügender Versorgung des Konvents mit Lebensmitteln zu, was ihrem Bruder anläßlich von dessen Amtsenthebung in Herzogenburg 1615 als Folge seiner ausgedehnten Vetternwirtschaft angelastet wurde2). Ihre Tochter Katharina, verheiratet mit dem 1628 bereits verstorbenen Dürnsteiner Hofrichter Johann Friedrich Thuern, nahm im genannten Jahr alle ihr gehörigen Urkunden des verstorbenen Dürnsteiner Propstes, ihres Onkels, aus der Hand von dessen Nachfolger und Testamentär, Propst Nikolaus Hey, entgegen, nachdem sie sich wegen der daraus erwachsenden Rechte mit ihren Kindern geeinigt hatte3).

Die recht sorgfältig ausgeführte Frakturinschrift weist in der strengen Parallelisierung der im Mittelband befindlichen Buchstabenteile und der Brechung von Bögen der Gemeinen einen der Gotischen Minuskel ähnlichen starren Charakter auf, dessen Gesamteindruck von den zahlreichen bewegteren, jedoch einfach aufgebauten und lediglich durch einzelne Haarzierlinien belebten Versalien aufgelockert wird. Die in den Unterlängenbereich ragenden Schaftabschnitte der als Schwellschäfte ausgeführten f und s sind als spitz auslaufende Haarzierstriche gestaltet, einzelne Bogenlinien im Mittelband sind als leicht geschwungene Schwellzüge ausgebildet. Der Bevorzugung gebrochener Buchstabengestaltungen im Mittelband entspricht auch der fast völlige Verzicht auf die sonst in Fraktur-Inschriften häufig zu konstatierende Verwendung des „runden“ Bogen-r. Während über u als diakritisches Zeichen ein kräftiger, kurzer Haken sitzt, wird der diphthonigerte Lautwert durch zwei kurze steil rechtsschräge Schäfte angedeutet. Über den i-Schäften stehen sowohl einfache als auch doppelte i-Punkte.

1) Geviert von Kniepichler (über Dreiberg ein Pfahl, belegt mit drei Sternen, rechts gesichtete Sonne, links gesichteter Mond) und Lang (gespalten: rechts linksgewendeter steigender Bär [?], links Löwe); zwei Bügelhelme: zwischen Flügeln steigender Bär (?) aus Helmkrone wachsend; zwischen Büffelhörnern aus Helmkrone wachsender Löwe.
2) In dem zugunsten Kniepichlers verfaßten Bericht der Klosterräte über die massiven Vorwürfe wurden die Anschuldigungen heruntergespielt. Lediglich sein Vetter habe ein „officium“ innegehabt, seine Schwester Magdalena sei „ain altes, betagtes weib, die allein des gotteshauß nuz und kainen schaden nach irem besten vermugen befürdert hab“, und der er aus eigener Tasche Zuwendungen für deren Mühe beim Branntweinbrennen und anderen Arbeiten gemacht habe, s. StiA Herzogenburg, D. n. 557 (1615 August bis November).
3) S. DASP, Pfarr- und Klosterakten Dürnstein a. D./Stift, unfol., 1628 September 9: Kapitel von Dürnstein an den Passauer Offizial mit Todesnachricht Propst Melchior Kniepichler. 1 Dbl., Beilage 1 Ebl. [nach 1628 September 9]: Propst Nikolaus [Hey] erklärt, der verstorbenen Katharina Thüerrin, vormals Hofrichterin, alle ihr vom verstorbenen Propst Melchior ausgestellten Urkunden wieder ausgefolgt zu haben.
Literatur

Lind, Vereins-Excursion 118. – ÖKT 1, 311. – DASP, Nachlässe 5, Buch B, pag. 146 (1626). – Riesenhuber, Kunstdenkmäler 352 („14 Grabsteine 1490–1825“). – ÖAW, NLH, 29. 8. 1962. – Zotti, Kunst 2, 227. – Dehio Nord 1198.



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 447,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil4/noe-3-obj447.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 186: Grabplatte der
Magdalena Lang (1627)
©  ÖAW, Wien, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Michael Malina)