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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

459 Göttweig, Sammlungen 1630

Gemälde mit Darstellung des Klosters Göttweig unter dem Schutz der Gottesmutter Maria und Widmungsinschrift an Abt Georg (II.) Falb, Öl auf Leinwand, um 1776 in einem Nebenraum des heutigen Archivs im Erdgeschoß des Nordtrakts (Cancellaria)1), 1907 im Wartezimmer (Fünftes Zimmer) der Prälatur, 1961 als Bestandteil der Gemäldesammlung an nicht näher bekanntem Standort, seit etwa 1965 im Direktionszimmer der Forstverwaltung im Südtrakt, seit etwa 1975 im oberen Rekreationszimmer, zum Zeitpunkt der Bearbeitung (September 2005) im Museum im Obergeschoß des Kaiserstiegentrakts bei einer Ausstellung. Hochrechteckiges Gemälde in schlicht profiliertem, fast schwarzem Rahmen, nach innen mit einer vergoldeten tordierten Stableiste abgesetzt. Im annähernd quadratischen oberen Teil Ansicht der alten Klostergebäude (alle Dächer mit Ziegeln eingedeckt) auf dem Göttweiger Berg von Norden, darüber in Wolkenband Maria in zartrosa Kleid und blauem Mantel als Himmelskönigin und Gottesmutter mit dem Jesusknaben, flankiert von links drei und rechts vier Cherubsköpfen. Unter Maria ein von zwei Engeln gehaltenes Spruchband mit Wortdevise (I). Im Bildhintergrund gebirgige Landschaft unter dramatischem Wolkenhimmel, im Bildvordergrund links am Fuß des Göttweiger Bergs die Ortschaft Furth mit Pfarrkirche und Pfarrhof, rechts Szene aus der Göttweiger Gründungslegende: die drei Jünglinge Altmann (von Passau), Gebhard (von Salzburg) und Adalbero (von Würzburg) bei der Rast am „Altmanni-Bründl“ in Steinaweg. Im untersten Fünftel breit aufgemalte graue Rahmenleiste mit Rollwerk an der Oberkante, in der Mitte eine queroblonge weißgrundige Kartusche mit ehemals wohl schwarz aufgemalter zehnzeiliger gestaffelt zentrierter Inschrift (II). Am Scheitelpunkt der Kartusche Porträtmedaillon mit Brustbild Abt Falbs in Volutenrahmung, in das darüberliegende Bildfeld eingreifend. Beiderseits der Kartusche je ein Wappenschild, darunter je drei Zeichen der golden aufgemalten Jahreszahl (III). Das Bild dürfte im 19. Jahrhundert restauriert worden sein. Dabei wurde u. a. versehentlich der ursprünglich vorhandene vierte Cherubskopf links neben Maria übermalt und Inschrift II unter dem Versuch der Beibehaltung der ursprünglichen Gestaltung völlig neu aufgemalt, wobei jedoch offenbar einige Abweichungen und Fehler enstanden sind. Eine ursprünglich vorhandene, aus der vorbildhaften Klosteransicht (s. Kommentar) übernommene Kleinbuchstabenbezeichnung der Gebäude fiel offensichtlich ebenfalls der Restaurierung zum Opfer.

H. (mit Rahmen) 185 cm bzw. 167 cm (ohne Rahmen), B. 160 cm (mit Rahmen) bzw. 142 cm (ohne Rahmen), Bu. ca. 4 cm (I) und 2 cm (II und III). – Kapitalis (I–III) und Minuskelantiqua (II).

Textwiedergabe von Inschrift II (mit Abweichungen) nach StiB Göttweig, Cod. rot 895 (Dückelmann), fol. 63r (aquarellierte Federzeichnung)2).


Textedition
			

I. SVB TVVM PRA͜ ESIDIVM II. R(everendissi)moa) D(OMI)NO . D(OMI)NO . GEORGIO . FALBIOb) / MOnASTERYc) B(eatissi)ma͜ed) MARIA͜Ec) V(IRGINIS)c) IN MONTE GOTTWICEN(SI)c) PRA͜ ESVLIc) Amplissimo / S(ANCTI)S(SIMAE)b) THEOLOGIA͜Ec) DOCTORIc) SAPIENTISS(IM)Od) / MAIEST(ATIS)c) CA͜ESA(REAE)c) ET SER(enissi)mia) ARCHID(VCIS)c) LeOPOLDIc) CONSILIARIOc) PRVDeNTISS(IM)Od) / RELIGIONISc) CATHOL(ICAE)c) PER VTRAMQ(VE) AVSTRIAM REFORMATORIc) ZELOSISS(IM)Oa) / ORDINISc) D(OMINI)c) BENEDICTIc) IN CONGREGAT(io)ned) AVSTRI(a)cad) VISITATORIc) VIGILANTISS(IM)Od) / CoeNOBYc) GOTTWICEN(SIS)c) INSTAVRATORIc) ATQ(VE) AMPLIATORIc) FELICISS(IM)Od) / FRATRUMc) SUORUM PARENTIc) AMANTISSIMO / SOSPITATEMc) FELICITATEMQ(VE)c) A͜ EVITERNAMc) VOTO NATALITIO animit(us) PRECANTVR / P(ATRES)e) ET F(RATRES)f) TOTIVS CONVENTVSc) GOTTWICENSISc) III. A(NN)Od) MDCg) // XXXh)

Anmerkungen
a) Kasusendung verkleinert hochgestellt.
b) erste Zeile vergrößert.
c) Anfangsbuchstabe vergrößert.
d) Anfangsbuchstabe vergrößert, Kasusendung verkleinert hochgestellt.
e) Bestand: PP., vergrößert.
f) Befund: FF., vergrößert.
g) Bestand: CI, retrogrades C, I, retrogrades C, C.
h) durch Inschriftenkartusche getrennt.

Unter deinen Schutz (I).
Dem wohlehrwürdigen Herrn, Herrn Georg Falb, erlauchtem Abt des Klosters zur Heiligsten Jungfrau Maria auf dem Göttweiger Berg, weisem Doktor der hochheiligen Theologie, klugem Rat der kaiserlichen Majestät und des durchlauchtigen Erzherzogs Leopold, eifrigem Reformator der katholischen Religion in beiden (Erzherzogtümern) Österreich, wachsamem Visitator des Ordens des Herrn Benedikt in seiner Österreichischen Kongregation, glücklichem Erneuerer und Mehrer des Klosters Göttweig, liebevollem Vater seiner Mitbrüder, wünschen zum Geburtstag aus tiefster Seele Heil und ewiges Glück die Patres und Fratres des ganzen Göttweiger Konvents (II).
Im Jahr 1630 (III).

Mariengebet bzw. Hymnus (I).


Wappen: Kloster Göttweig3); Falb4).


Kommentar

Das vorliegende Gemälde war gemäß der Widmungsinschrift ein Geschenk des Konvents an Abt Georg (II.) Falb zu dessen Geburtstag am 24. April 1630. Als Künstler wurde der aus dem badischen Salmanns­weiler stammende Göttweiger Hausmaler Fr. Georg Bergmann vorgeschlagen. Die Klosteransicht hat bis hin zu den Details der von Dückelmann noch überlieferten, heute jedoch nicht mehr sichtbaren, wohl durch eine Restaurierung verlorengegangenen Bezeichnung der einzelnen Gebäudeteile mit Kleinbuchstaben die Ansicht („JMAGO GÖTTWICENSIS MONASTERY“) von fol. 3r aus dem Göttweiger Rotelbuch von 1626/69 zum Vorbild5).

Die Figurengruppe in der rechten unteren Ecke interpretiert die zu einem der beliebtesten ikonograph­ischen Motive der Vita Altmanni (Kap. 7) gewordene Haustradition, wonach die drei Jugendfreunde Altmann, Adalbero und Gebhard auf dem Rückweg von einer Pilgerreise nach Rom in der Nähe des heutigen „Altmann-Bründls“ in Steinaweg unter dem Göttweiger Berg Rast gemacht hätten. Bei dieser Gelegenheit hätte jeder der drei seine spätere Bischofswürde (Altmann in Passau, Adalbero in Würzburg und Gebhard in Salzburg) bzw. die jeweilige Klostergründung (Göttweig, Lambach und Admont) prophezeit6). Der im Bild dargestellte, die Quelle markierende Bildstock dürfte abstrahierend den heute noch existierenden Tabernakelpfeiler von 1621 am „Altmannibründl“ (Kat.-Nr. 431) darstellen.

1) StiB Göttweig, Cod. rot 895 (Dückelmann), fol. 63r: „in cubili parvo penes cancellariam vulgo klein kanzley zimmer“; abgeb. in Der heilige Altmann, Abb. 19 (Tafelteil).
2) Die bei Dückelmann wohl versehentlich in die Transkription eingeflossenen runden U wurden konsequent durch V ersetzt. Heutiger Bestand der restaurierten Inschrift: R(everendissi)moa) D(OMI)NO, D(OMI)NO GEORGIOb) FALBIOb) / MONASTERYc) B(eatissi)maea) MARIAEb) V(IRGINIS)b) IN MONTE GOTTWIC(ENSI)b) PRAESVLIb) AMPLISS(IM)Oa) / S(ANCTI)S(SIMAE)b) THEOLOGIAEb) DOCTORIb) SAPIENTISS(IMO)d) / MAIEST(ATIS)b) CAESA(REAE)b) ET SER(enissi)mia) ARCHID(VCIS)b) LEOPOLDIb) CONSILIARIOb) PRVDENTISS(IM)Oa) / RELIGIONISb) CATHOL(ICAE)b) PER VTRAMQ(VE) AVSTRIAMb) REFORMATORIb) ZELOSISS(IM)Oa) / ORDINISb) D(OMINI)b) BENEDICTIb) IN CONGREGAT(io)nea) AVSTR(ia)caa) VISITATORTIe) VIGILANTISS(IM)Od) / CoeNORYf) GOTTWICEN(SIS)b) INSTAVRATORIb) ATQ(VE) AMPLIATORIb) FELICISS(IM)Od) / FRATRVMb) SVORVM PARENTIb) AMANTISSIMO / SOSPITATEMb) FELICITAEMQ(VE)g) AEVITERNAM VOTO NATALITIO ANIMITh), PRECANT(VR) / P(ATRES)i) ET
F(RATRES)j) TOTIVS CONVENTVSb) GOTTVVICENSIS.b) – a) Anfangsbuchstabe vergrößert, Kasusendung verkleinert hochgestellt. b) Anfangsbuchstabe vergrößert. c) T klein im Zeilenzwischenraum nachgetragen, auf Aufnahme BDA N 11158 (um 1960) noch erkennbar, seit ca. 1981 verschwunden. d) Kasusendung verkleinert hochgestellt. e) sic! Anfangsbuchstabe vergrößert. f ) sic! für CoeNOBY. g) sic! h) der im Original stehende us-Haken von animitus als Komma missverstanden. i) Bestand: PP., vergrößert. j) Bestand: FF., vergrößert.
3) In rot ein silbernes Tatzenkreuz auf grünem Dreiberg.
4) Geviert mit Herzschild: 1 und 4: in schwarz ein steigendes Pferd (Falbe); 2 und 3: in rot ein silberner Linksschrägbalken, mit einer roten Rose belegt; Herzschild: in blau eine silberne Lilie, vgl. in der Tingierung abweichend StiB Göttweig, Cod. rot 896 (Dückelmann), fol. 89r (Nachzeichnung eines Abtwappens) und Lechner, Klosterheraldik 772 (Zeichnung und Blason).
5) Lechner, Stift 29 und 35, 900 Jahre Stift Göttweig, Kat.-Nr. 756 (Gregor M. Lechner), hier fälschliche Herkunftsangabe Bergmanns „aus dem schweizerischen Salmersweil, Diözese Konstanz“, zuletzt Lechner, Göttweig 835 und „Unter deinen Schutz“ Kat.-Nr. I 2 (Michael Grünwald). Hinsichtlich der Zuschreibung an Bergmann ergeben sich Diskrepanzen: war Bergmann tatsächlich erst, wie ebd. angeführt, ab 2. September 1630 (bis zu seinem Tod am 24. Juni 1662) in Göttweig tätig, kommt er als Urheber des bereits im April des Jahres an Falb überreichten Gemäldes kaum in Frage, soferne man keine verspätete Übergabe annehmen will. Die Seite aus dem Rotelbuch s. in Farbabb. bei Fischer, Atlas 49, zum Rotelbuch von 1626/1669 s. 900 Jahre Stift Göttweig, Kat.-Nr. 26 (Benedikt Wagner) und „Unter deinen Schutz“ Kat.-Nr. I 2 (Michael Grünwald). Falb dürfte als kunstsinnig bekannt gewesen sein und wurde darum offenbar häufig mit Kunstwerken beschenkt. Als Geburtstagsgeschenk war ihm etwa auch eine 1475 datierte süddeutsche Bibel im Namen der Katharina von Herberstein durch Hans Christoph von Puchheim überreicht worden, s. ÖKT 1, 503.
6) Zu den Beziehungen der drei Bischöfe vgl. Krause, Dreigestirn passim. Die geschilderte Legende findet sich neben zahlreichen anderen Beispielen in Göttweig selbst auch in mehreren barocken Darstellungen in Lambach, s. ebd., Anm. 1, und Zedinek, Darstellung 102f., vgl. auch knapp Lechner, Göttweig 769.
Literatur

StiB Göttweig, Cod. 895 rot (Dückelmann), fol. 63r (aquarellierte Federzeichnung). – ÖKT 1, 486. – ÖAW, NLH, 28. 7. 1961. – Zedinek, Darstellung 97 mit Anm. 37 sowie Abb. 19 (Tafelteil; Federzeichnung Dückelmanns w. o.).– 900 Jahre Stift Göttweig, Kat.-Nr. 756 (Gregor M. Lechner; Abb.; Detail als Farbabb. im unpag. Bildteil). – Lechner, Göttweig 835. – Fischer, Atlas 52 (Abb.). – Dehio Süd 579. – Lashofer, „Unter deinen Schutz“ 29. – „Unter deinen Schutz“ Kat.-Nr. I 2 (Michael Grünwald; Abb.).



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 459,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil4/noe-3-obj459.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
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Abbildungen

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Abb. 192: Gemälde
mit Stiftsansicht (1630)
©  Bundesdenkmalamt, Wien, Fotoarchiv