|
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich
Politischer Bezirk Krems
489 |
St. Michael, Fk. Hl. Michael |
1641 |
Wappengrabplatte des Melchior von Vorchdorf, der Justina und des Simeon Rösch von Geroldshausen, hellroter Marmor, außen an der Ostwand des südlichen Langhauses, dort schon 17771), wohl am Originalstandort. Hochrechteckige Platte, in der oberen Hälfte elfzeilige Inschrift (I), darunter Vollwappen in seichtem vollrunden Feld, in den Zwickeln vier Ahnenwappen mit gelehnten Schilden und Namensbeischriften (II–V) am Oberrand. Stein leicht verwittert, einzelne Oberflächenbeschädigungen.
H. 160 cm, B. 82 cm, Bu. 3–3,5 cm (I) und 1,5 cm (II–V). – Fraktur (I) und Kapitalis (II–V).
Textedition
I.
HIERa) Ruehen in Gottb) / Der Edle vnd Gestrenge Herr, Melchior von /
Vorchdorff, Welcher starb , 4 , SEPTEMBRIS, / Deß 1641 Jars, Zwischen 6 ·
vnd 7 · vhr vormit=/tag, vnd Seineß Alterß 58 Jar Sambt seiner E[he]=/
leibliche[n] Frauen Muettern Frauen Justina ge=/bornen Röschin, von
Geroltzhaußen, auch der=/selben [b]rueder Herrn Simeoni deß Letzten Des /
geschlechts, Denen samendt Gott ein Fröliche auf=/erstehung verleihen wolle
Amenc) / Seelig seind die, in Dem Herrn Schlaffend).
II.
PINDER VON DER AV
III.
STETN͜ER ZV͜R PLAICHe).
IV.
LYDTL AVS TYROLL
V.
RÖ[S]CH VON GE[R]OLZHAVSENf)
Anmerkungen
Wappen:
Binder von der Au2) Lidl3)
Vorchdorf4)
Stettner zur Blaich5) Rösch von Geroldshausen6)
Kommentar
Melchior von Vorchdorf „zu Undernberg“ war Zelkinger Hofmeister, Lehenpropst und Pfleger in Dürnstein und im Tal Wachau. In dieser Funktion beurkundete er 1616 und 1630 Vergleiche nach Streitigkeiten zwischen dem Kloster Tegernsee, vertreten durch P. Chrysogonus Mayr, und dessen Hofmeister in Joching, Matthias Arzwiser, bzw. zwischen dem Kloster und dem kaiserlichen Diener Michael Vogl von Owen wegen des Erbrechts auf einem Weingarten7), im Folgejahr befahl er auf Bitte des Pfarrers von St. Michael die Abtretung des Wohnhauses des verstorbenen vormaligen Prädikanten von St. Michael, Wolfgang Neumair, an den Pfarrer8).
Die in der Inschrift genannten Geschwister Justina und Simeon Rösch von Geroldshausen waren möglicherweise Kinder oder eher Enkelkinder des 1501 in Lienz als Sohn des Hans Rösch und der Agatha von Bibriach als Angehöriger der ursprünglich fränkischen Familie geborenen Spruchdichters, Lateinschullehrers und Sekretärs König Ferdinands I., Jörg (Georg) Rösch von Geroldshausen (gest. 1565), Gründer der ersten Innsbrucker Druckerei (1547) und Verfasser des „Der Fürstlichen Grafschafft Tyrol Lanndtreim“ (erschienen 1557 und 1558 in Innsbruck bei Ruprecht Höller)9) sowie des „Wunschspruch von allerley welthendlen, werckhleüten und gewerben“ (erschienen 1560 unter dem Pseudonym Georg Reütter von Gayßspitz). Jörgs Bruder Kaspar, mit N. von Regenbogen verheiratet, wurde mittelbar zum Stammvater der Herren von Freiberg und starb 1589 (vielleicht auf Schloß Porcia) in Spittal a. d. Drau, wo er auch in der Pfarrkirche bestattet wurde, sein Grabdenkmal hat sich jedoch nicht erhalten10). Kaspars Bruder Melchior Rösch von Geroldshausen, in zwei Ehen mit Helena Weiß von Calles und Schmölzhofen (gest. 1573) und Corona Kheutzl von Neu-Amerang (gest. 1605) verheiratet, fungierte von etwa 1538 bis zu seinem Tod 1585 als Pfleger der Schaunbergischen bzw. Starhembergischen Herrschaft Eferding11).
Die niederadeligen Binder (Pinter) stammten aus Gmunden und nannten sich spätestens seit 1517 nach dem Schloß Au an der Traun, das jedoch schon vor 1532 in fremden Besitz kam12).
Literatur
Andreas Zajic
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
|
|
Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich Politischer Bezirk Krems St. Michael, Fk. Hl. Michael • Wappengrabplatte • hellroter Marmor • Namensbeischriften • Fraktur • Kapitalis • Inschriften des Totengedenkens • Bibelspruch •
Arzwiser, Matthias •
Auer zu Auerberg, Ursula •
Bibriach, Agatha •
Binder •
Ferdinand I. •
Freiberg •
Höller, Ruprecht •
Kheutzl, Corona •
Mayr, Chrysogonus •
Neumair, Wolfgang •
Regenbogen •
Rösch, Hans •
Rösch von Geroldshausen, Hans Georg, Jörg, Justina, Kaspar, Melchior, Simeon •
Starhemberg, Paul Jakob •
Vogl, Michael •
Vorchdorf, Melchior •
Weiß von Calles, Helena •
Zelking •
Au an der Traun •
Dürnstein •
Eferding •
Geroldshausen •
Innsbruck •
Joching •
Lienz •
Losenstein •
Regensburg •
Schönbühel •
Spittal a. d. Drau •
St. Michael •
Tegernsee, Benediktinerkloster •
Wachau
Abbildungen
Abb. 200: Grabplatte des Michael von Vorchdorf (1641) ©
ÖAW, Wien, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Michael Malina)
|
Paraphrase nach Offb 14,13 (I, Z. 11).