Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich
Politischer Bezirk Krems
511 |
Maria Langegg, ehem. Servitenkloster |
1650 |
Votivbild des Abtes Cornelius Strauch von Lilienfeld, Öl auf Leinwand bzw. Holz, im Obergeschoß des Ostflügels des ehem. Konventsgebäudes an der Wand. Hochrechteckiges Gemälde Maria Immaculata als Siegerin über die Schlange: in der linken Bildhälfte Maria mit gefalteten Händen auf dem Kopf der Schlange stehend, die die Weltkugel in der rechten Hälfte umschlingt. Zwei Engel halten den Mantelsaum Mariens (links) bzw. verbergen sich in diesem (rechts). Über dem Haupt Mariens in der lichterfüllten linken Hälfte mehrfach gewundenes und von Engeln gehaltenes Spruchband mit einzeilig schwarz auf weiß aufgemalter Inschrift (I) sowie rechts Dreiergruppe von Engeln mit Blumen und Palmzweig. Über der Weltkugel in der düsteren rechten Hälfte Engelssturz mit Luzifer. Ganz rechts unten kleine Darstellung der Vertreibung aus dem Paradies, ganz links unten kleine Darstellung des neben einer Bildsäule im Gebet knienden Stifters im Zisterzienserhabit ohne äbtliche Insignien, im Hintergrund Ansicht einer Tallandschaft mit dem Kloster Lilienfeld. Unterhalb der Leinwand eine separate Holzleiste mit zwei vier- bzw. fünfzeilig nebeneinander schwarz (bzw. rot) auf weiß aufgemalten Inschriftblöcken mit Chronogramm (II, links) in den erneuerten Rahmen eingesetzt. Reste der Zeilenlinierung sichtbar, von 1988 bis 1990 (mit erst zu diesem Zeitpunkt erfolgten Veränderungen des ursprünglichen Schriftcharakters?) restauriert (Mag. Brigitte Lux, Atelier Lux, Klosterneuburg). Die fünf Zeilen in der rechten Hälfte der unteren Inschriftenleiste entsprechen zudem nicht mehr dem originalen Textbestand.
H. (mit Rahmen) 260 cm, B. 165 cm, Bu. 3 cm (I) bzw. 2 cm (II). – Kapitalis (I) und Minuskelantiqua (II).
Textedition
I.
TOTA // PVLCHRA ES ET MACVLA NON // EST IN TE
II.
StVLte qVID IntorqVes generosIs fLeXibVsa) orbeM, /
Vna potest astV terra perIre tVo. /
Spargis inane virus, pelago si toxica misces, /
Cur ita? serpenti vis sua torpet aquisb). //
MARIA͜Ec) / Sine macula Concepta͜e Virginic) / Liliorum Pra͜esidi / Se Suosque
hoc Anathemate dicat Consecrat / CORNELIUS ABBASc) Campilioru(m)d).
Anmerkungen
Kommentar
Der gebürtige Rheinländer Cornelius Strauch war als Nachfolger des verstorbenen Ignaz Krafft von 1638 bis zu seinem Tod 1650 Abt von Lilienfeld. Nach Studien in Aachen, Wien und Rom trat er mit 17 Jahren in den Zisterzienserorden ein und wurde im Alter von 27 Jahren am 20. November 1638 zum Abt gewählt. In Lilienfeld entfaltete er reiche Bautätigkeit. Baumaßnahmen finanzierte Strauch, Anhänger marianischer Spiritualiät, auch für das Franziskanerkloster St. Pölten, eine für 1652 geplante Beteiligung an den Bauten für den Servitenkonvent in Maria Langegg, dem er zuvor den Wildenthaler Hof in der Nähe des Klosters geschenkt hatte, scheiterte jedoch am verfrühten Tod Strauchs im Jahr 1650, der als Verordneter der NÖ Stände den Titel eines kaiserlichen Rats sowie ab 1643 den eines Rats Erzherzog Leopold Wilhelms geführt hatte. Strauchs Nachfolger in der Abtwürde, Dr. phil. et theol. Matthäus (Matthias, seit 21. Juli 1650 als Abt: III.) Kohlweiß, sorgte für die Entrichtung des testamentarischen Legats von 100 fl. und die Anfertigung des vorliegenden Bilds für den Konvent in Langegg1).
Die abschließende Dedikationsinschrift ist eine offenbar infolge mehrerer im Lauf der Zeit aufgetretener Beschädigungen stark gekürzte und mit Bedacht auf die Konstruktion eines sinnvollen Texts abgeänderte Variante des Originalbestands: Matri Gratiarum MARIAE, Orbis delicio; Summi Parentis Magnae Matri, Austriae Syderi, pacis Arbitrae, Liliorum Praesidi, sine maculâ conceptae Virgini, etc. se, suosque hoc Anathemate dicat, consecrat Cornelius Abbas Campililiensis2).
Z. 1 der Distichen enthält mehrere in klassischer Literatur für Beschreibungen von Schlangen geläufige Begriffe. Besonders signifikant ist der Anklang an einen Vers in der Schilderung der Schlange im pseudo-vergilianischen Culex: „flexibus eversis torquentur corporis orbes“ (v. 180). Während sich dort die „orbes“ jedoch auf den in Krümmungen aufgeworfenen Schlangenkörper beziehen, meint „orbis“ im vorliegenden Gedicht den Erdball. In Anbetracht der Tatsache, daß in den Distichen ein Chronogramm verpackt werden sollte, ist die Aufgabe, eine gelehrt-versatzstückartige versifizierte Schlangenbeschreibung mit einer vordefinierten Zahl an Vokalen zu liefern, als recht gut geglückt zu bewerten.
Die Kapitalis-Inschrift weist insgesamt moderat breite Formen mit deutlichem Wechsel von Haar- und Schattenstrichen auf, wobei keine einheitliche Orientierung der Schattenachse festzustellen ist. An Einzelformen seien E mit gleichlangen oberen und unteren sowie extrem verkürztem mittleren Balken, M in gerader Form mit nur bis zur Mittellinie reichendem Mittelteil und R mit nicht bis zum Schaft geschlossenem Bogen und fetter, durchgebogener Cauda genannt. Freie Schaft- und Bogenenden weisen in der Regel keine Sporen auf, sondern erhalten feine waagrechte oder rechtsschräge Abschlußstriche.
Die wohl mindestens einmal überarbeitete und nur mehr bedingt den Originalbestand wiedergebende Minuskelantiqua weist an typischen Gestaltungselementen eine s/t-Ligatur und Nexus litterarum a/e auf. Bei a ist der untere Bogen tendenziell deutlich kleiner und flacher verlaufend, bei g ist der untere Bogen nicht vollständig geschlossen, s weist einen feinen Anstrich an der Oberlinie des Mittelbands auf. Besonders an freien Schaftenden sind deutliche Serifen ausgebildet.
Literatur
Andreas Zajic
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
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Alles an dir ist schön und kein Makel ist in dir (I).
Was umwindest du den Erdball in hochmütigen Krümmungen, du Tor? Nur das feste Land allein kann durch deine List zugrundegehen. Umsonst verspritzt du dein Gift, wenn du Gift ins Meer mischst; warum das? Der Schlange erlahmt ihre Kraft in den Gewässern. Der ohne Makel empfangenen Jungfrau Maria, der Schutzherrin der Lilien, widmet und weiht sich und die Seinen mit dieser Opfergabe Cornelius Abt von Lilienfeld (II).
Elegische Distichen (II).
Nach Ct 4,7 (I).