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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

521† Göttweig, Gotthardskirche 17. Jh. (?)

Memoriengrabmal Wolfgangs (Wulfings) (I.) von Altenburg, Abtes von Göttweig, roter Marmor, bis 1719 in der Gotthardskirche an nicht näher bekanntem Standort, im Februar 1777 im Bauschutt der Gotthardskirche gefunden. Kleiner querrechteckiger, fast quadratischer Stein mit vierzeiliger, gestaffelt zentrierter Inschrift, etwa in der Mitte steil rechtsschräg in zwei Teile zerbrochen, rechte untere Ecke abgeschlagen.

Kapitalis.

Materialangabe nach StiA Göttweig, Cod. Ser. nov. 90 (Schenggl), pag. 125, Beschreibung und Textwiedergabe nach StiB Göttweig, Cod. rot 895 (Dückelmann), fol. 102r (Federzeichnung).


Textedition
			

HIC IACET / SEPVLTVS / WVLFINGVS / ABBAS

Anmerkungen

Hier liegt begraben Abt Wolfgang.


Kommentar

Abt Wolfgang (Wulfing) (I.) stammte aus der mit dem namengebenden Adelssitz im Viertel ober Wienerwald begüterten Familie von Altenburg (Altenburger), in der ein bis zwei Generationen vor ihm ein älterer Wulfing mehrfach urkundlich aufscheint. In Göttweig regierte Abt Wolfgang (I.) von 1335 bis zu seinem Tod am 9. November 1354. Offenbar war er mit der ritterlichen Familie von Wald verwandt, da der 1335 von ihm mit dem Patronat über die vormals zur Göttweiger Pfarre Pyhra gehörigen Schloßkapelle Hl. Georg in Wald belehnte Otto von Wald 1345 Wolfgang seinen Oheim nennt. Nach der Göttweiger Haustradition ließ Wolfgang 1340 ein noch im 18. Jahrhundert erhaltenes Pedum vom Wiener Goldschmied Meister Albrecht anfertigen1). Im Laufe seiner Regierungszeit arrondierte Wolfgang den Grundbesitz des Klosters beträchtlich. 1335 tauschte er mit dem Kloster Herzogenburg ein Göttweiger Lehen in Herzogenburg gegen mehrere Dienste in Diendorf2). Im selben Jahr kaufte er Gülten im Forst um Oberndorf an der Melk von Gerhard Gneuß und einen Hof in Muthstall von den Erben des Ulrich Wolfenreuter, wogegen er 1336 ein Haus auf dem Hohen Markt in Wien an den Wiener Bürger Leopold Ilsung und dessen Frau Katharina verkaufte. 1337 und 1343 kaufte er die den Brüdern Weikhard und Heinrich Steinpeck erblich zugefallenen Gülten am Fuß des Göttweiger Bergs, obsiegte 1337 im Streit um das Patronat über die dem Kloster 1331/32 pleno iure und neuerlich 1388 simpliciter inkorporierte Pfarre Hofstetten-Grünau mit den niederadeligen Dürnsteinern und begründete die Konföderation Göttweigs mit dem Benediktinerkloster Admont. 1339 übertrug er Burkhard Graf von Maidburg-Hardegg die Vogtei über die Klostergüter in Gösing, 1341 kaufte er einen Hof in Kottes, 1345 stiftete er mit einem Hof in Muthstall und einem Lehen in Neidling eine tägliche Messe am Jakobsaltar und einen Jahrtag in Göttweig3). Wolfgangs Nachfolger wurde Abt Dietrich.

Im Zuge der Demolierung der Gotthardskirche im Sommer 1719 nach dem Brand des vorhergehenden Jahres wurden die Überreste des offenbar in seinen Pontifikalgewändern beigesetzten Abtes Wolfgang und Abt Michael Herrlichs (s. Kat.-Nr. 304) in einer Kiste geborgen und in die Gruft vor dem Erzengelaltar der Klosterkirche übertragen4). Auch zu Abt Wolfgang (I.) hatte um 1600 ein Äbtebild im Rahmen einer größeren Serie existiert5).

Die schon durch das Fehlen eines Sterbevermerks auf nachträgliche Entstehung hinweisende Inschrift dürfte in Anbetracht der nach der bildlichen kopialen Überlieferung offenbar sehr sorgfältig konstruierten Kapitalis im 17. Jahrhundert angefertigt worden sein.

1) S. StiB Göttweig, Cod. rot 895 (Dückelmann), fol. 40v und StiB Göttweig, Cod. rot 896 (Dückelmann), fol. 41r (Nachzeichnung des Abtsiegels), NN., Notiz 4, Dungel, Göttweig 536 mit richtiger Angabe des Todesjahrs entgegen dem in der Göttweiger Hausliteratur überwiegend angegebenen Jahr 1355, Fuchs, Urkunden (1901) Nr. 383 (1335 Juli 14, Göttweig), 414 (1340) und 450 (1345 April 24) und ÖKT 1, 33. Die Belehnung Ottos von Wald mit dem Patronat datiert von 1335 August 28, die Zustimmung Bischof Albrechts von Passau zur Einrichtung des Benefiziums war bereits 1335 März 28 erfolgt, s. ebd., Dungel, Göttweig 534 und Fuchs, Urkunden (1901) Nr. 382 (1335 März 28, St. Pölten). Zur Verwandtschaft der Wald und der Wildegger mit Abt Wolfgang (I.) vgl. auch Fuchs, Urkunden (1901) Nr. 401 (1339 Jänner 22) und 412 (1340 Juli 25). Zum älteren Wulfing von Altenburg, seinen Brüdern Rapoto und Konrad (d. Ä.) sowie seinem Sohn Dietrich von Wildegg vgl. deren Zeugenfunktion bei Rechtsweisungen für das Kloster Lilienfeld über die Rechte in Wilhelmsburg, s. Winner, Urkunden Nr. 234f. (1299 Juni 6 und Juni 15) und 285 (1307 März 12), zu den mit Abt Wolfgang (I.) urkundlich in Verbindung stehenden Familienangehörigen vgl. Fuchs, Urkunden (1901) Register s. v. Altenburg.
2) S. StiA Herzogenburg, H. n. 180 (1335 August 16, Göttweig) vgl. Fuchs, Urkunden (1901) Nr. 386.
3) S. StiB Göttweig, Cod. rot 895 (Dückelmann), pag. 2 (1337 Mai 25), s. auch Dungel, Göttweig 534 (1335 Juli 14; 1335 Oktober 13; 1336 März 10; 1337 Jänner 21; 1337 März 21; 1337 Mai 25; 1341 März 18; 1345 März 6) mit reichen weiteren Angaben zu Güteran- und -verkäufen und Fuchs, Urkunden (1901) Nr. 388 (1335 Oktober 13, Göttweig), 390 (1336 März 10), 392 (1337 Jänner 21, Göttweig), 393 (1337 März 21, Wien), 396 (1337 Mai 25, [Admont]), 407 (1339 September 29, Hardegg), 420 (1341 März 18), 438 (1343 September 29), 447 (1345 März 6) und 543 (1355). Zur Inkorporation von Hofstetten-Grünau s. Fuchs, Urkunden (1901) Nr. 368 (1331 März 4, St. Pölten), 372 (1332 Februar 10, Passau), 796 (1388 Mai 27, Wien) und 903 (1401 März 31, Rom) und Hödl, Göttweig 79 und 111. Zu Gerhard Gneuß vgl. auch Fuchs, Urkunden (1901) Nr. 357f. (1330 Jänner 6).
4) StiA Göttweig, Cod. Ser. nov. 90 (Schenggl), pag. 124. An anderer Stelle, StiA Göttweig, Cod. Ser. nov. 91, pag. 55, spricht Schenggl von „sericis vestibus atque sandalibus non plene corruptis“, s. auch Fischer, Atlas 55, der die Nachricht ebenso wie StiB Göttweig, Cod. rot 668 (Bessel, Chronicon Gottwicense Tom. II.), lib. V, cap. 5 Quaternio 69, aufgrund der Anbringung in der erst später erbauten Gotthardskirche auf Abt Wolfgang (II.) von Retz (s. Kat.-Nr. 367†) bezieht.
5) S. die Aufzeichnungen Job Hartmann Enenkels (vor 1603) in NÖLA, Hs. 78/3, pag. 399 („Catalogus abbatum monastery in Gothwico, veluti ibi depicti videndi sunt“). Im Rahmen dieser Reihe von Äbtebildern (vgl. ausführlicher Kat.-Nr. 365†) war Wolfgang jedoch fälschlich als 20. Abt mit einer Regierungszeit von 1312 bis 1332 gezählt worden. Schenggl gibt für „antiquae quaedam effigies abbatum“ vor 1719 einen Standort im Chor der Barbarakapelle an, s. StiA Göttweig Cod Ser. nov. 90 (Schenggl), pag. 134.
Literatur

StiA Göttweig, Cod. Ser. nov. 90 (Schenggl), pag. 125. – StiB Göttweig, Cod. rot 895 (Dückelmann), fol. 102r (Federzeichung).



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 521,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil4/noe-3-obj521.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
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