Die Inschriften des Bundeslandes Tirol
Politischer Bezirk Imst
16 |
Stams, Stiftskirche |
1416 |
Wappengrabplatte des Heinrich von Gachnang zu Meisberg, Kalksandstein, in der Vorhalle der Stiftskirche an der Westwand unmittelbar südlich der Eingangstür der Vorhalle. Hochrechteckige Platte mit Umschrift und zentralem, durch Hohlkehle abgesetztem Relieffeld mit Vollwappen und gelehntem Schild. Platte stark fleckig und verwittert mit ausgedehnten Beschädigungen besonders im Bereich des Wappens und des zweiten Schriftbands. Linksschräger Sprung etwa in der Mitte des Steins; der untere Rand mit dem dritten Schriftband fehlt oder wurde bei einer Neupflasterung durch Bodenplatten schon vor dem 18. Jahrhundert verdeckt. Besonders in der oberen Hälfte Spuren einer Rotmarmor vortäuschenden älteren Fassung.
H. 198 cm, B. 110 cm, Bu. 9 cm. – Gotische Minuskel mit Versal.
Text ergänzt nach Stiftsarchiv Stams, G VIIa n. 17, fol. 6 (Zeichnung von Josef Schöpf)1).
Textedition
+ Annoa) · domini · [+]b) / millesimo · qu[adringentesimo · se]xtodecimoc) · [+]b) /
[– – –]d) / [a]postoloru(m) · obii[t · hainricus ....]e) d͜e mairsp(er)g
Anmerkungen
Datum: 1416 Juni 29 oder Juli 15.
Wappen: Gachnang2).
Kommentar
Über die Person des Verstorbenen, für den die Grabplatte gefertigt und mit dem Relief seines Wappens (in Silber ein rotes, steigendes Einhorn3)) versehen wurde, bestand in der Vergangenheit Unklarheit. Nach Lebersorg stammte Heinrich „Gacha“ aus dem Etschtal und war „forte aulicus archiducis [!] Friderici“; sein Grab sei auf Befehl des Herzogs selbst in der Kapelle der Herren von Rubein eingerichtet worden, nachdem sich Heinrich durch eine Stiftung für sein Seelenheil dem Kloster verbunden gezeigt hatte4).
Ein Geschlecht namens Gacha ist in Stamser Quellen nicht belegt5); offenbar beruht die von Lebersorg behauptete Herkunft Heinrich Gachas aus dem Etschtal auf einer Verwechslung des mairsperg der Inschrift mit Burg Paiersberg bei Nals. Tatsächlich nennt Lebersorg zum 3. März 1420, also bereits nach dem Ableben des in der Inschrift Genannten, einen „Hainrich Bayrsperger“6). Auch in den Genealogien Mayrhofens kann nur der von Lebersorg genannte Heinrich VII. von Paiersberg festgemacht werden, der erst lange nach 1416 aufscheint7).
Das Wappen schließlich könnte zunächst als Hinweis auf eine Verwandtschaft der „Gacha“ mit den in Stams mehrfach greifbaren Milsern (vgl. Kat.-Nr. 1†) oder den Herren von Ramüß aus dem Unterengadin verstanden werden. Bereits Karl Moeser konstruierte zwischen den Familien der Milser und der Herren von Ramüß aufgrund der ähnlichen Wappen- bzw. Siegelbilder eine Verbindung: Dabei handelt es sich jeweils um ein steigendes Einhorn wie im Wappen der gegenständlichen Grabplatte8). Das bei Moeser reproduzierte Siegel des Johannes von Ramüß aus dem Jahr 1328 von einer Stamser Urkunde zeigt auch im übrigen Vollwappen Übereinstimmungen mit dem Wappenrelief des Steins in der Stiftskirche: Als Helmzier führte Johannes von Ramüß ein steigendes Einhorn, dessen Rücken mit Pfauenfedern besteckt zu sein scheint; hier sind es allerdings – im Gegensatz zu den fünf Federn der Grabplatte – sieben Federn9). Ganz offensichtlich gilt die vorliegende Grabplatte jedoch angesichts des Wappenbilds und der Nennung des Ortes mairsperg dem aus Schweizer niederadeliger Familie stammenden Heinrich von Gachnang, dessen Familie sich schon im 14. Jahrhundert bisweilen nach Meisberg (im Kanton Zürich, historisch „Maiersberg“ usw.), zubenannte10).
Literatur
Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
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Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol Politischer Bezirk Imst Stams, Stiftskirche • Wappengrabplatte • Kalksandstein • Gotische Minuskel mit Versal • Inschriften des Totengedenkens •
Friedrich IV. •
Gachnang, Heinrich •
Heinrich •
Lebersorg, Wolfgang •
Mayrhofen, Stephan •
Milser •
Moeser, Karl •
Paiersberg, Heinrich VII. •
Paiersberg, Konrad •
Ramüß •
Ramüß, Johannes •
Schöpf, Josef •
Bertschikon •
Etsch •
Frauenfeld •
Gachnang •
Mals •
Meisberg •
Paiersberg, Burg •
Winterthur
Abbildungen
Abb. 26–27: Wappengrabplatte des Heinrich von Gachnang (1416) und Nachzeichnung ©
ÖAW, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Gerhard Watzek)
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Im Jahre des Herrn 1416 (am Tag der ...) Apostel starb Heinrich von Meisberg.