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Die Inschriften des Bundeslandes Tirol

Politischer Bezirk Imst

22† Stams, Stiftskirche 1464

Grabdenkmal des Parzival von Annenberg, wohl noch gegen Mitte des 17. Jahrhunderts in der Liebenberger-Kapelle, spätestens um 1772 verloren.

Text nach Primisser, Additiones IV, cap. XXIX, 232.


Textedition
			

Anno 1464 am Sambstag nach des hohen vnser / Frauen tag des augusti ist gestorben der Edl / vnd gestreng Ritter Herr Parziual von Annen-/berg, vnd hie begraben ligt.

Datum: 1464 August 18.


Kommentar

Primisser zitiert die Inschrift nach älteren Aufzeichnungen des Jakob Andrä von Brandis (Landeshauptmann von Tirol 1610–1618), da der Stein zu seiner Zeit bereits nicht mehr vorhanden war1). Da die Angaben über den Todestag im durch Primisser überlieferten Text aber auch mit den Angaben Lebersorgs übereinstimmen, dürfte die Inschrift recht authentisch wiedergegeben sein2).

Parzival von Annenberg bekleidete unter Herzog Sigmund das Amt eines Hauptmannes an der Etsch und verhandelte im Frühjahr 1460 als Bevollmächtigter des Herzogs mit Kardinal Nikolaus Cusanus; nach dem Scheitern dieser Verhandlungen kam es zu Ostern zum Überfall der herzoglichen Truppen auf Bruneck und zur Gefangennahme des Kardinals3). Nach Lebersorg war Parzival auch der Rat des Herzogs bei seinem Übereinkommen mit Erzherzog Albrecht VI. von Österreich; weiters berichtet Lebersorg, Parzival von Annenberg sei in Innsbruck gestorben und in der Kapelle der Herren von Liebenberg beerdigt worden4). Mayrhofen nennt ihn in seinen Genealogien „Herzog Sigmunds Hofmeister und Burggraf auf Tyrol“5). Parzival von Annenberg war zweimal, mit Anna Kälin von Glurns und Gertraud von Liechtenstein, verheiratet, blieb aber ohne männliche Nachkommen. Seine Tochter Dorothea ehelichte Sigmund von Niedertor6).

Der Name des Geschlechtes bezieht sich auf die Burg Annenberg bei Goldrain in der Gemeinde Latsch. Anfang des 14. Jahrhunderts verlieh Graf Heinrich von Tirol die Burg Heinrich von Partschins, der sich ab da nach Annenberg zubenannte. Die Familie starb Ende des 17. Jahrhunderts aus.

Das Grabmal seines wichtigen Dienstmannes kann als Indiz für die Fähigkeit Erzherzog Sigmunds, der Stift Stams großzügig förderte, betrachtet werden, bedeutende Geschlechter wieder enger an sein Hauskloster zu binden; schließlich handelt es sich bei Parzival von Annenberg um einen Südtiroler Adeligen, der aber ungeachtet dieser geographischen Distanz seine Grablege in Stams anlegen ließ.

1) „Epitaphium istud hodie Stamsii non superest“; Primisser, Additiones IV, cap. XXIX, 232.
2) Lebersorg, Chronik 175 (Haidacher 314f.).
3) Trapp, Annenberg 170–175 und Kögl, Edelgeschlechter 77. Das Amt eines Hauptmanns an der Etsch empfing Parzival 1449, verblieb in diesem aber nur bis 1456 oder 1457; Brandis, Geschichte 238–248. Unter den „Landherren der Etsch“ führt auch Schweyger in seiner Haller Chronik „Parzifal von Annenburg“; Schweyger’s Chronik 33.
4) Lebersorg, Chronik 175 (Haidacher 314f.). Dies bestätigen auch andere Stamser Chronisten, etwa Gay, Historia I, cap. XII, 96 und Primisser, Index II, 30.
5) Mayrhofen, Genealogien 3, 50. Vgl. Köfler, Land 578. Die Angaben Mayrhofens bestätigt auch Brandis, der in Parzival den ersten Landeshauptmann erkennt, der zugleich auch den Dienst eines Burggrafen zu Tirol inne hatte; Brandis, Geschichte 238.
6) Mayrhofen, Genealogien 3, 50. Vgl. auch den Stammbaum bei Burgklechner, der jedoch nur die zweite Frau Parzivals erwähnt; Burgklechner, Tiroler Adler 2, 613.
Literatur

Lebersorg, Chronik 175 (Haidacher 314f.). – Brandis, Geschichte 248. – Primisser, Annales III, cap. XXIX, § 44. – Primisser, Additiones IV, cap. XXIX, 232. – Primisser, Index II, 30. – Mayrhofen, Genealogien 3, 50. – Trapp, Annenberg 170–175. – Bitschnau, Burg und Adel 89f. – Köfler, Land 578. – Schmitz-Esser, Inschriften (2003) 89f. – Schmitz-Esser, Stift Stams 221.



Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser

Zitierregel:
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte, ges. u. bearb. v. Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser (Die Deutschen Inschriften 82. Band, Wiener Reihe 7. Band, Teil 1) Wien 2013, Kat. Nr. 22,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/tirol-1/imst/tirol-1-obj22.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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