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Die Inschriften des Bundeslandes Tirol

Politischer Bezirk Imst

26 Imst, Michaelskapelle (Friedhofskapelle) um 1480/90

Wandmalerei mit Tituli, innen an der Ostwand. Die im Scheitelpunkt durch ein Dreipass-Maßwerkfenster beleuchtete Segmentbogennische ist in zwei Bildfelder geteilt. Links die Darstellung des Hl. Michael als Seelenwäger, rechts zwei bildparallel übereinander angeordnete Szenen aus dem Leben des Hl. Daniel. In der unteren Hälfte ist der Heilige schlafend, in der oberen als Bergknappe tätig dargestellt. Über dem Kopf der Figur jeweils ein Titulus in schwarz aufgemalter Schrift in einem weißen Spruchband (unten I, oben II). Die Laibung der Nische weist Reste einstiger Bemalung auf. Links und rechts waren zwei stehende Heilige abgebildet; da die noch sichtbare Hand der rechten Figur ein Salbgefäß und einen Raben hält, könnte es sich um den Hl. Oswald handeln. Im oberen Teil der Laibung sind die Reste von zwei rot-silbernen Helmdecken erkennbar. Die Kapelle wurde mehrfach restauriert (u. a. 1921 und 1956); dabei wurden auch die Wandmalereien aufgedeckt.

Bu. 4–5 cm. – Gotische Minuskel mit Versalien.


Textedition
			

I. Daniel II. Daniela)

Anmerkungen
a) i bei Restaurierung verunklärt.

Kommentar

Ammann schreibt die Wandmalereien einem nicht namentlich bekannten, begabten Meister aus dem Kreis der Innsbrucker Künstler zu1). Sie werden in den Zeitraum zwischen 1480 und 1490 datiert2).

Daniel war im Spätmittelalter ein populärer Bergbau-Patron, weshalb er gerade auch in Imst als Motiv gerne gewählt wurde – auch eine Wandmalerei an der Außenseite der Kapelle stellt den Heiligen dar. Darüber hinaus weist die Geschichte des alttestamentlichen Propheten (Daniel in der Löwengrube) typologisch auf die Auferstehung hin, was die Verwendung des Motivs in einer Friedhofskapelle nahe legt.

Der liegende, vermutlich träumende Daniel könnte eine Anspielung auf eine im Spätmittelalter bekannte Fabel sein, nach der der Prophet das Erz zunächst auf Bäumen gesucht habe, bevor ihn ein Engel in einer Vision in die Tiefe verwies3). Für eine solche Anspielung auf die bekannte Legende spricht auch der Baum in der linken oberen Bildhälfte.

1) Ammann, Kunst in Imst 42.
2) Ammann, Oberland 166 datiert die Wandmalerei um 1490, worin ihm Sporer-Heis, Imst 79 und Neumann, Kirchen 295 folgen; Dehio Tirol 354 datiert dagegen auf die Zeit um 1480.
3) Vgl. dazu Zimmermanns, Daniel 29–31.
Literatur

Ammann, Kunst in Imst 42. – Ammann, Oberland 165f. – Dehio Tirol 354. – Sporer-Heis, Imst 79. – Neumann, Kirchen 295f.



Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser

Zitierregel:
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte, ges. u. bearb. v. Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser (Die Deutschen Inschriften 82. Band, Wiener Reihe 7. Band, Teil 1) Wien 2013, Kat. Nr. 26,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/tirol-1/imst/tirol-1-obj26.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol  Politischer Bezirk Imst  Imst, Michaelskapelle (Friedhofskapelle)   •  Wandmalerei  •  Tituli  •  Gotische Minuskel mit Versalien  •  Ammann, Gert  •  Imst, Friedhofskapelle  •  Innsbruck

Abbildungen

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Abb. 42: Wandmalerei Hll. Michael
und Daniel (um 1480/90)
©  ÖAW, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Romedio Schmitz-Esser)