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Die Inschriften des Bundeslandes Tirol

Politischer Bezirk Imst

30 Stift Stams, Kreuzgang 1495

Epitaph des Georg von Freiberg, Kalksandstein, im östlichen Teil des Kreuzgangs in die Ostwand eingemauert. Den hochrechteckigen Stein umzieht eine vertieft erhaben gearbeitete, nach innen orientierte Umschrift (I) und rahmt ein oberes quadratisches und ein unteres hochrechteckiges vertieftes Bildfeld. Im oberen Feld links Christus als Schmerzensmann mit vertieft erhaben gearbeitetem Spruchband (II) in Ganzfigur stehend, rechts der anbetend auf einer Bank oder einem Betschemel kniende Stifter im Harnisch mit gefalteten Händen, langem, gewelltem Haar und Spruchband (III). Das untere Relieffeld zeigt zwei Vollwappen mit frontal gestellten Helmen. Zwischen den beiden Bildfeldern eine auf die Wappen unmittelbar darunter Bezug nehmende Inschriftenzeile (IV). Zeilenlinierung im zweiten Schriftband gut sichtbar.

H. 213 cm, B. 102 cm, Bu. 10 cm (I, Umschrift), 5,5 cm (I, Quersteg zwischen den Reliefs), 3,5 cm (II). – Gotische Minuskel mit Versalien.


Textedition
			

I. an(n)oa) · d(omi)nib) · M · cccc / lxxxxv · v<– – –>c) starb · d͜er · ed͜el · vnd / veste · junckher · jorig / vo(n) · freyberg · vo(n) · d͜er · hochen · freyb͜erg · hie · b͜egraben II. ego · sum · misericors · de(us) III. IV. Sophia · vo(n) · fruntsp͜erga) · sei(ne) · mutere)

Anmerkungen
a) das folgende Trennzeichen paragraphzeichenförmig.
b) alle folgenden Trennzeichen quadrangelförmig.
c) Leerraum für das nachträglich einzufügende Sterbedatum.
d) s seitenverkehrt.
e) über u kleines o als diakritisches Zeichen; e ebenfalls verkleinert hochgestellt.

Ich bin der barmherzige Gott (II).
Gott, sei mir Sünder gnädig! (III).


Wappen: Freiberg1), Frundsberg2).


Kommentar

Es handelt sich um das Epitaph des 1495 verstorbenen Georg von Freiberg von Hohenfreyberg und seiner Mutter, Sophia von Frundsberg. Sophia, deren Sterbejahr nicht bekannt ist, war die Ehefrau Friedrichs von Freiberg, für den samt seiner Brüder und Familie sich ein gemeinsames Grabmonument in Stams erhalten hat (Kat.-Nr. 20)3). Sowohl Lebersorg als auch Primisser erwähnen den Tod Georgs zum Jahr 1495 in ihren Chroniken nur knapp4). Das Nekrolog von Stams nennt einen „Georgius de Freyberg“ zum 1. April5). Die Bezeichnung Freiberg von Hohenfreyberg geht auf die Teilung der freibergischen Herrschaft Eisenberg bei Füssen zurück; der Vater Georgs, Friedrich d. J. von Freiberg, hatte sie mit seinen zwei jüngeren Brüdern geteilt, die Burg Hohenfreyberg zum Mittelpunkt seiner neuen Herrschaft gemacht und sich nach diesem Stammsitz benannt6).

Wahrscheinlich handelt es sich bei der „Dorothea de Waldenföls“, die Gay unter den verstorbenen und in Stams begrabenen Freibergern als die Frau eines Georg von Freiberg nennt und die auch unter dem 27. Dezember im Stamser Nekrolog eingetragen ist, um die Gattin des hier besprochenen Georg von Freiberg7).

Der Freiraum in Inschrift I hinter der Jahreszahl dürfte für die fehlende Angabe des Sterbetages freigelassen worden sein.

1) Si Bay 35 und Taf. 32, vgl. auch Württembergisches Adels- und Wappenbuch 199.
2) Si TirA 22 und Taf. 3 bzw. BayA2, 41 und Taf. 26 (Stammwappen).
3) Primisser nennt 1495 als Jahr der Beerdigung Sophias von Frundsberg, der Frau Friedrichs von Freiberg; Primisser, Index II, 30. Dass es sich tatsächlich um dieselbe Sophia handelt, kann auch daraus geschlossen werden, dass Mayrhofen und Schwennicke nur diese Sophia in der Liste der Frundsberger führen; zudem passt ihr Alter offenbar zu dem ihres Sohnes. Vgl. Mayrhofen, Genealogien 3, 316–322 und Schwennicke, Stammtafeln 16, 11f.
4) „Hoc etiam anno obiit dominus Georgius de Freyberg de Hochenfreyberg atque apud matrem suam Sophiam in ambitu sepultus“; Lebersorg, Chronik 220 (Haidacher 402f.). „Georgius Freybergius eodem anno defunctus ad majorum suorum hypogaeum Stamsense translatus est“; Primisser, Annales IV, cap. XXXI, § 27. Bereits Primisser korrigiert in den Additiones die falsche Angabe Paul Gays, Georg sei bereits 1485 verstorben; Primisser, Annales V, cap. XXXI, 121*. Vgl. Gay, Historia I, cap. XII, 97.
5) Necrologium Stamsense 51.
6) Rump, Füssen 314.
7) Gay, Historia I, cap. XII, 97 und Necrologium Stamsense 59.
Literatur

Lebersorg, Chronik 220 (Haidacher 402f.). – Gay, Historia I, cap. XII, 97. – Stiftsarchiv Stams G VIIa n. 16 fol. 3. – Primisser, Annales IV, cap. XXXI, § 27. – Primisser, Additiones V, cap. XXXI, 121*. – Primisser, Index II, 30. – Mayrhofen, Genealogien 3, 316–322. – Necrologium Stamsense 51 und 59. – Hormayr-Hortenburg, Chronik, Anderte Abtheilung 82 und Tab. VII. – Caramelle, Gotik 32f. – Rump, Füssen 314. – Ammann, Oberland 358. – Dehio Tirol 755. – Schwennicke, Stammtafeln 16, 11f. – Schmitz-Esser, Inschriften (2003) 84f. – Schmitz-Esser, Stift Stams 219f. und 231 (Anm. 56). – Schmitz-Esser, Herrschaftsrepräsentation 80.



Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser

Zitierregel:
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte, ges. u. bearb. v. Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser (Die Deutschen Inschriften 82. Band, Wiener Reihe 7. Band, Teil 1) Wien 2013, Kat. Nr. 30,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/tirol-1/imst/tirol-1-obj30.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 46: Epitaph des
Georg von Freiberg (1495)
©  ÖAW, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Gerhard Watzek)