Inschrift-logo

  Suche         Druck     Hilfe  

 

Die Inschriften des Bundeslandes Tirol

Politischer Bezirk Imst

45 Haiming, Pfk. Hll. Chrysanth und Daria 1521

Bildfenster mit Namensinschriften, im Chorjoch an der Südseite. Knapp unterhalb der Mitte der Fensterbahn befinden sich zwei in die jüngere Verglasung eingefügte hochrechteckige Felder mit den Vollwappen des Thomas von Frundsberg und seiner Frau Margarethe Niedertor, jeweils unter zwei Helmen, zwischen zwei Balustersäulen, die einen gedrückten Rundbogen tragen. Im Sockelbereich der Säulen unter den Fersenstellen der Schilde sind weiße Schrifttafeln mit zweizeiligen schwarzen Inschriften (links I, rechts II) eingefügt. Die Schilde sind gut erhalten; einzig das Wappen Thomas’ von Frundsberg weist stärkere Beschädigungen auf. Nach Tinkhauser ist der Wappenschild bei einer Feier „durch das Zerplatzen eines Böllers“ beschädigt worden. Den zweiten Weltkrieg überstanden die Fenster durch die Umsicht des Denkmalamtes, das die Scheiben im Jahr 1943 abnehmen ließ1).

H. (der Schriftfelder) 10 cm, B. 30 cm, Bu. 3 cm. – Gotische Minuskel mit Versalien.


Textedition
			

I. Thoman · von fründtsperg · / zu Sand Petersperg · 1 · 5 · 2 · 1 II. Margret · von fründtsperg · geboren · / von · Niderntor · sein · gemahel · 1 · 5 · 21

Wappen: Frundsberg2), Niedertor3).


Kommentar

Die Inschrift der Margarethe, Frau des Thomas von Frundsberg, ist bisher wiederholt falsch gelesen worden: Irrig hat man ihren Namen als „Riedermar“ oder „Ridermar“ statt des richtigen „Niederntor“ angenommen. Dass dies der richtige Name ist, wird durch ihr Wappen bestätigt, das der Bozner Familie Niedertor gehört und als sprechendes Wappen mit dem offenen, silbernen Torturm eindeutig zuordenbar ist4). Sie starb 1551 und war nach dem Tod ihres ersten Mannes, des hier genannten Thomas von Frundsberg, im Jahr 1525 nochmals mit Christoph Graf von der Lupfen zu Stühlingen verheiratet, verblieb aber ohne Nachkommen. Margarethe war die Tochter Hugos von Niedertor und seiner Frau Elisabeth von Wolkenstein5).

Thomas d. J. von Frundsberg, der Sohn Thomas d. Ä., eines älteren Bruders des berühmten Landsknecht­führers Georg von Frundsberg, war Ritter und Hauptmann des tirolischen Landvolks; er starb am 13. November 1525 und wurde in Bozen begraben6). Die Frundsberger waren Pfandinhaber von St. Petersberg7) und haben den Umbau der Haiminger Pfarrkirche, der zwischen 1511 und 1517 erfolgte, mit Geldmitteln offenbar nach Kräften unterstützt.

Die möglicherweise von Augsburger Glasmalern8) angefertigten Wappenscheiben von 1521 wurden im zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts durch zwei weitere Wappenscheiben der Familie im Nebenfenster ergänzt (Kat.-Nr. 50).

1) Trapp, Kunstdenkmäler 67.
2) Si1, 25 (die Position der beiden Helme jedoch vertauscht) bzw. TirA 22 und Taf. 3 und BayA2, 41 und Taf. 26 (vermehrtes Wappen; zwischen den Büffelhörnern jedoch ein Liebesknoten).
3) In Rot ein silberner, offener Zinnentorturm auf Stufen; zwei Spangenhelme; heraldisch rechts mit einem roten, mit dem silbernen, offenen Torturm belegten Flug, heraldisch links ein Mannesrumpf mit rotem Rock und Zipfelmütze.
4) Die Niedertor waren ein Ministerialengeschlecht aus Bozen; die „Porta inferior“ in Bozen, nach der sie ihren Namen tragen, lag am östlichen Ende der Laubengasse. Das Geschlecht starb 1556 im Mannesstamm aus; Bitschnau, Burg und Adel 390; Köfler, Land 601f. und Kögl, Edelgeschlechter 105–108. Zum Wappen der Niedertor, das sich auch in einer Wandmalerei in der Friedhofskapelle von Terlan wiederfindet, vgl. Hye, Wappen Abb. 147.
5) Mayrhofen, Genealogien 6, 33 und Schwennicke, Stammtafeln 16, 12.
6) Mayrhofen, Genealogien 3, 317; Schwennicke, Stammtafeln 16, 12; Schwennicke, Stammtafeln 16, 12 und Wolfsgruber, Domkapitel 153. Ein Sohn Thomas’ von Frundsberg, Kaspar, wurde um 1510 Domherr zu Augsburg und 1513 zu Brixen; Wolfsgruber, Domkapitel 153.
7) Den Frundsbergern war 1407 St. Petersberg verliehen worden; sie blieben im Besitz der Burg bis zum Aussterben ihres Geschlechtes mit dem Tod des Georg von Frundsberg 1586; Köfler/Caramelle, St. Petersberg 337 und Santifaller, Brixner Domkapitel 307.
8) Nach Egg waren die Augsburger Glasmaler in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Tirol führend; auch diese Scheiben aus Haiming zählt er zu diesen Augsburger Werken; Egg, Kunst zwischen Schwaben und Tirol 330.
Literatur

Mayrhofen, Genealogien 1, 161; 3, 317 und 6, 33. – Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 3, 215–222. – Haemmerle, Canoniker 86. – Trapp, Kunstdenkmäler 67. – Ammann, Oberland 150. – Hofer/Bachler, Haiming 29. – Dehio Tirol 299. – Franckenstein, Haiming (TKK). – Bitschnau, Burg und Adel 389f. – Köfler, Land 587 und 601f. – Köfler/Caramelle, St. Petersberg 333–358. – Trapp, Mann Taf. XXIV. – Egg, Kunst zwischen Schwaben und Tirol 330. – Mattejiet, Georg von Frundsberg 1001f. – Fornwagner, Geschichte 209f. – Hölzl, Gemeindearchive Imst 11/12, 19/52 und 19/53. – Schwennicke, Stammtafeln 16, 12. – Wolf, Rund- und Wappenscheiben 173f. (Abb. 194).



Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser

Zitierregel:
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte, ges. u. bearb. v. Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser (Die Deutschen Inschriften 82. Band, Wiener Reihe 7. Band, Teil 1) Wien 2013, Kat. Nr. 45,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/tirol-1/imst/tirol-1-obj45.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol  Politischer Bezirk Imst  Haiming, Pfk. Hll. Chrysanth und Daria   •  Bildfenster  •  Namensinschriften  •  Gotische Minuskel mit Versalien  •  FrundsbergKasparThomas d. J.Thomas d. Ä.  •  Lupfen, Christoph  •  Niedertor, Hugo  •  Niedertor, Margarethe  •  Tinkhauser, Georg  •  Wolkenstein, Elisabeth  •  Bozen  •  Haiming, Pfarrkirche  •  Silz, Burg St. Petersberg  •  Terlan an der Weinstraße, Friedhofskapelle