Die Inschriften des Bundeslandes Tirol
Politischer Bezirk Imst
46 |
Untermieming (Mieming), Pfk. Mariä Himmelfahrt |
1538 |
Figürliche Grabplatte der Anna von Grienenstein, hellroter Marmor, seit 2006 in der Vorhalle an der Westwand, nördlich vom Haupteingang, vor dem Sommer 2005 in die nördliche Friedhofsmauer eingelassen. Die obere Hälfte des Steines zeigt, in einem von Balustersäulen getragenen Rundbogen, das Dreiviertelportrait der Verstorbenen mit Mantel und Schleier, die Hände zum Gebet gefaltet. In den vertieften Zwickeln des Bogenfeldes und an den Säulenbasen finden sich vier Schilde als Ahnenwappen. Unmittelbar unterhalb des Bildfeldes ist die sechszeilige Inschrift eingehauen, das unterste Viertel des Steines ist leer. Die Oberfläche des Steines ist besonders in der oberen Hälfte stark abgetreten. Inschrift schwarz nachgezogen.
H. 198 cm, B. 101 cm, Bu. 4 cm. – Gotische Minuskel mit Versalien.
Textedition
Anno d(omi)ni · 153<8> · dena) <.> · tagb) Jenner starb / die Edel vnd Ernsam
frow Anna von / Gronenstain geporn von Freyberg / Ludwig von Gronenstain
pflegers zw / Frundezhaim Ehelicher gemahel der / Gott gnädig seyec)
Anmerkungen
Wappen: Grienenstein1), Schöndorf (?)2), Freiberg3), Helmsdorf4)
Kommentar
Die Grabplatte erinnert an Anna von Freiberg, die mit Ludwig von Grienenstein verheiratet gewesen ist. Am 4. November 1518 war Ludwig von Kaiser Maximilian I. als Pfleger auf Freundsheim eingesetzt worden; 1529 bestätigte König Ferdinand Ludwig in seinem Amt und zeichnete diesen 1530 u. a. durch die Erhöhung der Burghut für seine treuen Dienste aus. Am 29. Juli 1541 überschrieb Ferdinand den Ansitz Ludwigs Sohn, Jakob von Grienenstein5). Seit 1524 waren die Grienensteiner landständisch6).
Die hier besprochene Grabplatte gleicht einigen Grabdenkmälern verstorbener Mitglieder der Familie Freiberg in der Anna-Kapelle im Kloster St. Mang zu Füssen. So dürfte das tiefe, kunstvolle Relief des Peter von Freiberg zu Eisenberg (gest. 1530) etwa für die Arkadengestaltung des Mieminger Steins Pate gestanden haben7).
Obwohl die letzte Stelle der Jahreszahl vermutlich ein Nachtrag ist und die Angabe des Sterbetags unterblieb, dürfte es sich um ein erst nach dem Tod der Anna von Grienenstein angefertigtes Denkmal handeln, da der angeführte Sterbemonat Jänner keine sekundäre Beschriftung darstellt. Möglicherweise war zum Zeitpunkt der – erst deutlich späteren? – Entstehung des Steins der exakte Todestag ebenso wie das exakte Todesjahr nicht erinnerlich. Vielleicht erklärt sich die auffällig starre eckige 8 der Jahresangabe auch aus der Korrektur einer fälschlich eingehauenen eckigen 2.
Literatur
Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
|
Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol Politischer Bezirk Imst Untermieming (Mieming), Pfk. Mariä Himmelfahrt • Figürliche Grabplatte • hellroter Marmor • Gotische Minuskel mit Versalien • Inschriften des Totengedenkens •
•
Freiberg, Anna •
Freiberg, Peter •
Grienenstein, Jakob, Ludwig •
Maximilian I. •
Freundsheim •
Füssen, Annakapelle •
Mötz, Gemeindearchiv •
Ofen •
Untermieming, Pfarrkirche
Abbildungen
Abb. 56: Grabplatte der Anna von Grienenstein (1538) ©
ÖAW, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Gerhard Watzek)
|