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Die Inschriften des Bundeslandes Tirol

Politischer Bezirk Imst

50 Haiming, Pfk. Hll. Chrysanth und Daria 2. V. 16. Jh.

Bildfenster mit Namensinschriften, in der Südwand des Chorschlusses. Knapp unterhalb der Mitte der Fensterbahn befinden sich zwei in die jüngere Verglasung eingefügte hochrechteckige Felder mit den Vollwappen des Kaspar von Frundsberg und seiner Frau Margarethe von Firmian, jeweils unter zwei Helmen, zwischen zwei Balustersäulen, die einen Rundbogen mit maskenbesetzten Medaillons in den Zwickeln tragen. Unterhalb der Postamente sind weiße, gelb gerahmte Schrifttafeln mit zweizeiligen schwarzen Inschriften (links I, rechts II) eingefügt. Den zweiten Weltkrieg überstanden die Fenster durch die Umsicht des Denkmalamtes, das die Scheiben im Jahr 1943 abnehmen ließ1). Mehrere reparaturbedingte Bleistege durchziehen Schriftfeld I.

H. (der Schriftfelder) 10 cm, B. 30 cm, Bu. 3 cm. – Fraktur.


Textedition
			

I. Casper Von Freuntsperg Zü Mindlhaim / vnd S. Pettersperg Ritter Rö(mische)ra) Kay(serliche)ra) vnd / Kü(nigliche)ra) Ma( jestä)tb) (et)c(etera) Obrister Feldhaubtman (et)c(etera) · II. Margaretha vo(n) Freintsperg Geborne / Freyin zu fürmian sein gmahlc) :

Anmerkungen
a) r verkleinert hochgestellt.
b) t verkleinert hochgestellt.
c) es folgt ein geschwungenes Füllzeichen.


Wappen: Frundsberg2), Firmian3).


Kommentar

Kaspar von Frundsberg war der älteste Sohn Georgs von Frundsberg, der im Dienst Maximilians I. seit seiner Teilnahme am Schwabenkrieg 1499 eine steile Karriere gemacht hatte und auch noch unter Karl V. ein wichtiger Feldherr war. Auch Kaspar selbst zeichnete sich, nachdem er eine Karriere als Kanoniker in Augsburg, für die er als Kind bestimmt worden war, aufgegeben hatte, in kaiserlichen Diensten aus. Er tat sich besonders in den Kriegen Karls V. gegen die Türken (1532) und gegen Frankreich (1536) hervor. Kaspar starb am 31. August 1536 und liegt in Mindelheim begraben4).

Die Frau Kaspars, Margarethe, war die Tochter Georgs von Firmian, Landeshauptmannes in Tirol (gest. 1540), aus dessen erster Ehe mit Katharina von Thun. Sie überlebte ihren Mann – entgegen den Angaben in der Genealogie Mayrhofens – und starb nicht vor 15665).

Die beiden gegenständlichen Scheiben wurden wohl im zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts mit gestalterischer Bezugnahme auf die älteren Wappenscheiben der Familie von 1521 im Nebenfenster (Kat.-Nr. 45) angefertigt. Doch zeigt sich die zeitliche Distanz nicht nur im deutlichen Wandel der Schrift (so wird in den beiden jüngeren Inschriften die Gotische Minuskel endgültig zugunsten der moderneren Frakturschrift aufgegeben), sondern auch in der künstlerischen Ausgestaltung der Fenster: Wirken die ersten beiden Scheiben noch einfach, besonders die gemalte Scheinarchitektur additiv hinzugefügt und etwa die flankierenden Engel mehr in die Ecken gezwängt, so belegen gerade die Architekturmalerei der beiden jüngeren Scheiben mit dem deutlich erkennbaren Versuch, eine perspektivische Raumwirkung zu erzielen, und die klassisch anmutenden Portraits in den Ecktondi den Durchbruch der neuen Renaissance-Ideen in der tirolischen Glasmalerei. Einen Hinweis auf die genauere Datierung geben die Hochzeit Kaspars und Margarethes am 2. Mai 15296) und das Sterbedatum des Kaspar von Frundsberg 1536, doch könnten die Glasfenster auch nach seinem Ableben durch Margarethe oder ihren Sohn Georg, den letzten männlichen Frundsberger, gestiftet worden sein. Selbst in diesem Fall wird kaum mehr als ein Jahrzehnt seit dem Tod des Kaspar von Frundsberg vergangen sein, bis die Frau oder der Sohn die Fenster anfertigen ließen – wie im Übrigen auch der kunsthistorische und epigraphische Befund nahe legt. Am wahrscheinlichsten erscheint ein Entstehen in den 30er Jahren des 16. Jahrhunderts. Damit handelt es sich zwar um eine recht frühe Verwendung der Fraktur, doch sind gerade Inschriften in Glasmalereien oft näher an den Entwicklungen der geschriebenen Schrift als die meist konservativeren Inschriften auf anderen Schriftträgern (etwa Stein), was sich vor allem durch die Fertigungstechnik (Malerei bzw. Bildhauerei) erklären mag.

1) Trapp, Kunstdenkmäler 67.
2) Si 1,25 ( jedoch mit vertauschter Position der beiden Helme) bzw. Si TirA 22 und Taf. 3 sowie BayA2, 41 und Taf. 26 (vermehrtes Wappen, jedoch zwischen den Büffelhörnern ein Liebesknoten).
3) Si Tir 6 und Taf. 6 (freiherrliches Wappen); Bay 10 und Taf. 4 ( jedoch ohne Herzschild und mittleren Helm) bzw. FstA 73 und Taf. 91 (Freiherren von Firmian).
4) Haemmerle, Canoniker 86; Köfler, Land 587; Mayrhofen, Genealogien 3, 317 und Schwennicke, Stammtafeln 16, 12. Kaspar ist als Gerichtsherr in mehreren Urkunden von 1532 und 1535 zu finden; Hölzl, Gemeindearchive Imst 15/13, 19/42 und 19/47.
5) Margarethe von Frundsberg, die Witwe Kaspars, wird in zwei Urkunden aus dem Jahr 1545 und zusammen mit ihrem Sohn Georg erneut 1566 genannt; Hölzl, Gemeindearchive Imst 11/12, 19/52 und 19/53. Das präzisiert die Angabe bei Schwennicke, der Margarethe noch 1545/48 als Witwe sieht; Schwennicke, Stammtafeln 16, 12. Zugleich ist damit Mayrhofen widerlegt, nach dem Margarethe bereits 1535 starb; Mayrhofen, Genealogien 1, 161. Von Margarethes Vater Georg hat sich der Totenschild in der Pfk. St. Pauls in Eppan erhalten; Egg/Trapp, Totenschilde 92f.
6) So Schwennicke, Stammtafeln 16, 12.
Literatur

Mayrhofen, Genealogien 1, 161; 3, 317 und 6, 33. – Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 3, 215–222. – Haemmerle, Canoniker 86. – Trapp, Kunstdenkmäler 67. – Ammann, Oberland 150. – Hofer/Bachler, Haiming 29. – Dehio Tirol 299. – Franckenstein, Haiming (TKK). – Bitschnau, Burg und Adel 389f. – Köfler, Land 587 und 601f. – Köfler/Caramelle, St. Petersberg 333–358. – Trapp, Mann Taf. XXIV. – Egg, Kunst zwischen Schwaben und Tirol 330. – Mattejiet, Georg von Frundsberg 1001f. – Fornwagner, Geschichte 209f. – Hölzl, Gemeindearchive Imst 11/12, 19/52 und 19/53. – Schwennicke, Stammtafeln 16, 12. – Wolf, Rund- und Wappenscheiben 173f. (Abb. 195).



Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser

Zitierregel:
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte, ges. u. bearb. v. Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser (Die Deutschen Inschriften 82. Band, Wiener Reihe 7. Band, Teil 1) Wien 2013, Kat. Nr. 50,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/tirol-1/imst/tirol-1-obj50.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 60: Bildfenster des Kaspar und der Margarethe von Frundsberg (2. V. 16. Jh.)
©  ÖAW, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Werner Köfler)