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Die Inschriften des Bundeslandes Tirol

Politischer Bezirk Imst

8 Stams, Stiftskirche (1348)

Fragment der figürlichen Grabplatte des Simon II., Herzogs von Teck, Sandstein, innen an der Südwand rechts neben dem Hochaltar, dort schon wenigstens um 1756. Die Grabplatte lag zunächst – entsprechend ihrer Bestimmung – im Boden und ist seit der Barockisierung der Kirche im 18. Jahrhundert aufgestellt. Noch im 18. Jahrhundert, vermutlich sogar noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, war die Grabplatte zwar schlecht, aber vollständig erhalten. Heute ist nur mehr der obere Teil vorhanden. Dargestellt ist der Verstorbene in voller Figur; er trägt eine Rüstung, seinen Schild und ein Schwert. Der unbehelmte Kopf des Toten ruht auf dem kissenartig quergestellten Helm samt Helmzier1). Ursprünglich scheint eine Sonne seinen Gürtel in der Mitte verziert zu haben2), doch war die Grabplatte einer Zeichnung Josef Schöpfs zufolge bereits im 18. Jahrhundert so stark abgetreten, dass genauere Einzelheiten schon damals kaum auszumachen waren. Inschrift dunkelbraun nachgezogen.


H. 97 cm (ursprünglich ca. 217 cm), B. 94 cm, Bu. 7 cm. – Gotische Majuskel.


Beschreibung, Standortangabe und Textergänzung nach Stiftsarchiv Stams, G VIIa n. 17, fol. 1 (Zeichnung von Josef Schöpf ).


Textedition
			

+ ANNO · DOMINI · / M · CCa)[– – – DOMINUS · SYMON · DUXb) / – – – / ...TIc) · LAURENCII ·] MARTIRISd)

Anmerkungen
a) der Rest des zweiten Schriftbands durch Beschädigung bereits im 18. Jahrhundert leer; ab hier die Ergänzung nach der Zeichnung Schöpfs.
b) statt X Fehlstelle bei Schöpf.
c) ergänze wohl SANCTI.
d) ab hier ist der Stein wieder erhalten; das M ist allerdings nur mehr zur Hälfte erkennbar; das S ist, um das Schriftband vollständig auszufüllen, auffällig breit gezogen (zwei Buchstabenbreiten).

Im Jahre des Herrn 1[...] (ist) der Herr Simon, Herzog [...] (am Tage des Heiligen) Märtyrers Laurentius (gestorben).


Datum: (1348) August 10.

Wappen: Teck3).


Kommentar

Aus dem erhaltenen und um die Überlieferung bei Schöpf ergänzten Bestand lässt sich mit einiger Sicherheit die originale Inschrift erschließen, die etwa wie folgt gelautet haben dürfte: + ANNO · DOMINI · / M · CCCXXXXVIII · DOMINUS · SYMON · DUX / DE TECK O(BIIT) IN DIE / SANCTI · LAURENCII · MARTIRIS. Freilich kann über die konkreten Kürzungen (etwa des OBIIT) und Schreibweisen der einzelnen Worte (etwa von TECK, das etwa auch als TECKH vorstellbar wäre) im nicht mehr erhaltenen Bestand nur mehr spekuliert werden. Die Inschrift bezieht sich auf Herzog Simon II. von Teck, einen Sohn Simons I. von Teck und der Agnes von Helfenstein, der 1343 in Bologna Rechtswissenschaften studierte, nach Lebersorg zusammen mit seinem Bruder Ulrich im Gefolge Kaiser Ludwigs ins Land kam und 1348 in der Stiftskirche von Stams hinter dem Chor an der rechten Seite begraben wurde4). Den genauen Todestag Simons geben Primisser, Burglehner und Gay mit dem 10. August an, was mit der Angabe der Inschrift übereinstimmt5).

Zwar berichtet Lebersorg auch, dass Simon von dem Adeligen Schwiker von Gundelfingen umgebracht worden sei, doch sind die betreffenden Stellen in der Handschrift widersprüchlich durchgestrichen und teilweise anders ergänzt worden6). Bereits Primisser zweifelte den Wahrheitsgehalt dieser Angaben an7) Offenbar verwechselte Lebersorg Simon II. von Teck mit dem berühmteren Herzog Konrad von Teck, der unter Herzog Ludwig die Landeshauptmannschaft in Tirol innehatte und somit der Stellvertreter des Tiroler Landesfürsten war8). Bei seinem harschen Versuch, die Ansprüche des Landesherren gegenüber den Tiroler Adeligen durchzusetzen, zog er sich deren Unmut zu; 1352 wurde er schließlich von dem besagten Schwiker, einem schwäbischen Adeligen, ermordet.

Das Geschlecht der Teck stammt aus Schwaben; Stammsitz ist die gleichnamige Burg. Ende des 12. Jahrhunderts nannte sich Adalbert, ein jüngerer Sohn Herzog Konrads I. von Zähringen, Herzog von Teck (oder Teckh, Deckh, Döckh). Diese zähringische Nebenlinie der Herzöge von Teck, zu der auch der hier besprochene Simon gehörte, starb 1439 mit dem Tod Ludwigs VI. aus, der in Basel der Pest erlag. Die Herzöge von Teck waren allerdings bereits im 14. Jahrhundert verarmt und traten deshalb in den Dienst anderer Fürsten, wie etwa das Beispiel Simons und seines Bruders Konrad zeigt9). Dass das 1981 bei der Restaurierung der Stamser Stiftskirche aufgefundene Steinfragment mit einem gelehnten gerauteten Dreieckschild zur verlorenen unteren Hälfte der Grabplatte Tecks gehört haben könnte10), ist angesichts des am linken Arm der Figur befindlichen Schilds und der einen anderen ursprünglichen Befund nahelegenden Nachzeichnung bei Schöpf auszuschließen.

1) Vgl. auch Hye, Wappen 39f.
2) Dies zeigt zumindest die Zeichnung von Josef Schöpf; Stiftsarchiv Stams G VIIa n. 17 fol. 1. Diese Zeichnung beweist aber auch den bereits im 18. Jahrhundert weit vorangeschrittenen Verwitterungsprozess des Steins.
3) Geweckt, vgl. Württembergisches Adels- und Wappenbuch 809f. Der Dreieckschild, den die Grabfigur am linken Arm trägt, ist heute zwar nur stark fragmentiert erhalten, doch überliefert Schöpfs Zeichnung das ursprüngliche Heroldsbild. Zudem erscheint auch die Helmzier des auf der Platte dargestellten Topfhelms, ein geschlossener Flug, geweckt.
4) Lebersorg, Chronik 74 (Haidacher 140f.) und Götz, Herzöge 46 (Stammtafel) und 50. Vgl. Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 3, 318. Simons Bruder, Ulrich von Teck, wird später für die Befreiung des Klosters von allen Zöllen in seinem Gericht zweimal von Lebersorg erwähnt; Lebersorg, Chronik 145 und 151 (Haidacher 260f. und 270f.). Ulrich fehlt in der Stammtafel Schwennickes, der auch Simons Todesjahr mit 1352 falsch angibt; Schwennicke, Stammtafeln 1/2, 274.
5) Gay, Historia I, cap. XI, 91; Primisser, Annales II, cap. XXII, § 7 und Primisser, Additiones III, cap. XXII, 28 (zitiert hier auch Burglehner). Bei Putsch wird – wie in der Is. – der Tag des Hl. Märtyrers Laurentius angegeben; Putsch, Res Tyrolenses 170. Entsprechend heißt es in seinen Collectanea: „Die mensis Augusti, in festo divi Laurentij Martyrum constantissimj, Aeniponti ex hoc calamitatis saeculo decessit ad perpetuam animarum requiem, illustrissimus, clarissimusque princeps ac dominus, dominus Simon dux à Teck, Conradj ducis Teckensis frater germanus, illustrissimj principis, potentissimique dominj Ludovicj electoris Brandenburgensis, ducis Bavariae, et Carinthiae, principisque comitatus Tirolensis etc. intimus consiliarius, capitaneus provincialis ad Athesim, et burgravius Tirolensis: cadaver in monasterio cisterciensj, Stambs dicto, sub mausolaeo lapideo ejus effigiem, staturamque referente contumulatum est“. Putsch, Collectanea fol. 112v.
6) Lebersorg, Chronik 74 (Haidacher 140, Anm. a und b). 1352 erhielten die Teck die Burg Ehrenberg zu Pfand, die zuvor Schwiker von Gundelfingen gehörte; Palme-Comploy/Palme, Ehrenberg 273.
7) Primisser, Additiones III, cap. XXII, 28. Dennoch findet sich im Index zu den Annalen unter den in Stams beerdigten Fürsten der Eintrag: „Simon de Deckio occisus, sepultus Stamsii“; Primisser, Index II, 29. Ähnlich auch in der Liste in Primissers „Grabstatt“ unter Punkt 26: „Simon, Herzog von Deck, umgebracht 1348“. Vgl. auch Primisser, Grabstatt § 31. Offenbar hat Primisser – trotz der späteren Korrektur in den Annales – im Index sein eigenes älteres Werk abgeschrieben.
8) Auf dieselbe Verwechslung mit seinem Bruder Konrad geht wohl auch die Bezeichnung des Simon von Teck als „Capitaneus Provincialis ad Athesim“ bei Putsch zurück (Putsch, Res Tyrolenses 170); an anderer Stelle nennt Putsch dann auch Simon ausdrücklich „Conradi Ducis Teckensis frater germanus“ und diesen den „Capitaneus prouinicialis ad Athesim, et Burgrauius Tirolensis“; Putsch, Res Tyrolenses 382.
9) Haug, Herzoge 760; Krahe, Burgen 600; Götz, Herzöge 50–56. Zur Herrschaftsentwicklung der Besitzungen des Geschlechtes vgl. Gründer, Studien 27–43.
10) So zuletzt Hye, Tirol 22f., 34–36 (Abb. II/9f.) und 164 (Anm. 21). Zu den beiden 1981 ergrabenen Wappensteinen s. Kat.-Nr. 7, Anm. 2f.
Literatur

Putsch, Res Tyrolenses 170 und 382. – Putsch, Collectanea fol. 112v. – Lebersorg, Chronik 74, 145 und 151 (Haidacher 140f., 260f. und 270f.). – Gay, Historia I, cap. XI, 91. – Stiftsarchiv Stams G VIIa n. 16 fol. 5 und VIIa n. 17 fol. 1. – Primisser, Grabstatt § 31 (und in der Liste der in Stams begrabenen Fürsten unter Punkt 26). – Primisser, Annales II, cap. XXII, § 7. – Primisser, Additiones III, cap. XXII, 28. – Primisser, Index II, 29. – Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 3, 318. – Haug, Herzoge 760–770. – Gründer, Studien 3–52. – Dehio Tirol 754. – Palme-Comploy/Palme, Ehrenberg 273. – Riedmann, Mittelalter 423. – Schwennicke, Stammtafeln 1/2, 265 und 274. – Schmitz-Esser, Inschriften (2003) 90f. – Hye, Wappen 39f. und Abb. 165. – Götz, Herzöge 50. – Hye, Tirol 23, 34, 36 und 164 (Anm. 21). – Schmitz-Esser, Stift Stams 222f.



Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser

Zitierregel:
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte, ges. u. bearb. v. Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser (Die Deutschen Inschriften 82. Band, Wiener Reihe 7. Band, Teil 1) Wien 2013, Kat. Nr. 8,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/tirol-1/imst/tirol-1-obj8.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 10: Wappengrabplatte des
Simon von Teck (1348)

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Abb. 11: Nachzeichnung

©  ÖAW, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Gerhard Watzek)