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Die Inschriften des Bundeslandes Tirol

Politischer Bezirk Imst

94 Haiming, Kapelle Larchet 1633

Altar mit Stifterinschrift und Kreuzestituli, schwarz gefasstes und vergoldetes Holz bzw. Öl auf Leinwand, vermutlich ursprünglich im Stift Stams. Dreiachsiger Aufbau: Zentrales Altarbild mit Darstellung des Amplexus des Hl. Bernhard von Clairvaux (Umarmung des Heiligen durch den sich vom Kreuz herabbeugenden Christus, auf dem Kreuzesstamm der schwarz auf weißen Grund aufgemalte Titulus [I]). Das Altarbild wird von einem schwarzen Holzrahmen umfangen, der mit gemalten, goldenen Schmuckelementen verziert ist. Zu beiden Seiten der Mittelachse schwarze Säulen mit vergoldeten korinthischen Kapitellen auf hohen Postamenten, zwischen denen ein querrechteckiges Feld mit dreizeilig gold auf schwarzem Grund aufgemalter Inschrift (II) Platz findet. Der Rahmen ist links und rechts ausgebuchtet und weist in den rechteckigen Ausbuchtungen je eine goldfarben gemalte Blüte auf. Den Aufsatz des Altares bildet ein schwarz gefasster, gesprengter Dreiecksgiebel mit einem vergoldeten Strahlenkranz, in dessen Mitte der Kreuzestitulus (III) zweizeilig in Schnitzwerk ausgeführt ist.

H. (des Schriftfeldes) 11 cm (II), B. (des Schriftfeldes) 70 cm (II), Bu. 1,5 cm (I), 2 cm (II), ca. 6 cm (III). – Kapitalis.


Textedition
			

I. I. N. / R. I. II. PAVLVSa) ABBAS SACELLVM HOC ET ALTARE FIERI CVRA=/VIT,b) ET IN HONOREM SANCTISSIMI PATRIS NOSTRI BER=/NARDIc) DEDICAVIT . ANNO SALVTIS M DC X X X IIId) III. IN/RI

Anmerkungen
a) Anfangsbuchstabe vergrößert.
b) Abteilungszeichen als Punkt auf der Grundlinie ausgeführt.
c) Abteilungszeichen als doppelter Beistrich auf der Grundlinie ausgeführt.
d) es folgt ein vegetabiles Ornament.

Abt Paul trug für das Entstehen dieser Kapelle und des Altares Sorge und weihte (beide) zu Ehren unseres heiligsten Vaters Bernhard im Jahre des Heiles 1633 (II).


Kommentar

Der in der Stifterinschrift genannte Paul II. Gay war zwischen 1631 und 1638 Abt von Stams1) (vgl. Kat.-Nr. 107). Angesichts der Inschrift und des zisterziensischen Bildthemas liegt die Annahme einer Herkunft des qualitätvollen Altars aus einer Bernhardskapelle des Stiftes Stams, dessen Filiale die Pfarre Haiming ist, nahe. Das Bildthema (Amplexus des Hl. Bernhard) ist zudem als selbständiges Andachtsbild seit dem 15. Jahrhundert nördlich der Alpen verbreitet und gehört zu den Bildtypen, die in der Gegenreformation besonders geschätzt wurden2).

Das Altarbild schuf Paul Honegger (gest. 1649)3). Dieser aus dem württembergischen Mergentheim stammende Maler, der bis 1617 in Italien weilte, war bereits in den 1620er Jahren mehrfach für Stams tätig, wo er etwa ein Ölgemälde der Marienvision des Hl. Bernhard von Clairvaux und mehrere Altarblätter fertigte (vgl. auch Kat.-Nrr. 85, 96 und 99–106). Zu seinen wichtigsten Werken gehören außerdem die Deckenfresken in der Vorhalle der Hofkirche in Innsbruck (1618) und eine Kreuzabnahme in Stift Wilten (1623)4).

1) Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 3, 304 und NN., Äbte 216.
2) Squarr, Bernhard 371–385.
3) Die bei Dehio Tirol 300 genannte Signatur HP (für Paul Honegger) konnte vor Ort jedoch nicht aufgefunden werden; vielleicht ist sie an der unzugänglichen Rückseite des Altarblattes angebracht.
4) Ringler, Honegger 443 und Ammann, Barock 53–55; zu Honeggers Altarblättern für Stams und dessen Filialen s. Andergassen, Renaissancealtäre (2007) 263.
Literatur

Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 3, 304. – Ammann, Barock 53–55. – NN., Äbte 216. – Ammann, Oberland 151. – Dehio Tirol 300.



Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser

Zitierregel:
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte, ges. u. bearb. v. Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser (Die Deutschen Inschriften 82. Band, Wiener Reihe 7. Band, Teil 1) Wien 2013, Kat. Nr. 94,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/tirol-1/imst/tirol-1-obj94.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 81: Stifterinschrift (1633)
©  ÖAW, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Werner Köfler)