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Die Inschriften des Bundeslandes Tirol

Politischer Bezirk Landeck

137 Serfaus, Fk. Hl. Georg ob Tösens 1482

Apostelbilder mit Tituli, Wandmalerei, als Teil einer geschlossenen malerischen Gesamtausstattung der Kirche (s. auch Kat.-Nrr. 135f. und 138) im unteren Bereich der Nordwand ausgeführt. In der oberen Wandhälfte im inhaltlichen Anschluss an die Szenenfolge der Westwand abschließende Darstellungen der Passion und der Auferstehung Christi. Von links nach rechts großes querrechteckiges Bildfeld Kreuztragung vor weit gespannter Stadtansicht; hochrechteckiges Bildfeld Kreuzigungsgruppe; im verbleibenden Wandabschnitt vier kleinere, annähernd quadratische Bildfelder zu zwei Paaren übereinander: im Uhrzeigersinn Kreuzabnahme, Pietà und Auferstehung, das linke untere Feld (wohl Grablegung) durch Einbau einer frühbarocken Kanzel zerstört. Unterhalb dieser Szenen durchlaufendes, stark reduziertes und fragmentiertes Bildregister mit Aposteln und Propheten in Halbfigur, durch gemalte Säulchen voneinander abgesetzt, anstelle von drei Figuren je ein Konsekrationskreuz aufgemalt. Die in der Westecke die Reihe eröffnende Halbfigur ist schwer beschädigt, die zweizeilige Inschrift des Spruchbands bis auf sinnentleerte Buchstabenreste, die einem unsachgemäßen restauratorischen Eingriff zuzuordnen sind, völlig verloren. Erkennbar sind von links nach rechts weiter die zwei einander zugewandten Apostel Thomas (mit Lanze) und Jakobus d. J. (mit einer Walkerstange); am unteren Rahmen des Feldes sind ihre nur mehr fragmentarisch erhaltenen und schlecht lesbaren Tituli in schwarzer Farbe auf weißem Grund zu erkennen (links I, rechts II). Weiter rechts, unmittelbar am Triumphbogen, der Prophet Daniel, ein gewundenes Spruchband mit zweizeiliger schwarzer Inschrift haltend (III). Eine Zeilenlinierung ist sichtbar. Der Gesamtbestand wurde stark beschädigt, besonders die Inschrift Daniels ist zudem durch massive unsachgemäße restauratorische Eingriffe fast völlig entstellt.

Bu. 3–4 cm. – Gotische Minuskel.


Textedition
			

I. s(anctus) thoma[s]a) II. s(anctus) iackbus ninorb) III. daniel · lap[i]s sinec) // [mani]b(us) de [.]e [...]/decoprantd) [– – –] // Meedaniele) [– – –] // est

Anmerkungen
a) nur mehr Fragmente des ursprünglichen Bestands zu erkennen.
b) sic! das ursprüngliche minor bei Restaurierung entstellt.
c) ab hier ist der Buchstabenbestand nicht nur sehr schlecht erhalten, sondern zeigt auch die Spuren starker Manipulation; Unterbrechung durch den Arm des Propheten.
d) so die getreueste Transkription des völlig entstellten Worts; es folgt ein Leerraum bis zur Unterbrechung durch den Arm Daniels.
e) sic! Rest dieses Abschnitts leer oder beschädigt; es folgte der Text des senkrecht abgewinkelten Abschnitts des Spruchbands.

Daniel: Ein Stein nicht von Hand (...) (III).

Paraphrase nach Dan 2,34 bzw. 2,45 (III).


Kommentar

Die Identifizierung der Apostel basiert auf ihren noch eindeutig erkennbaren Attributen, da die Tituli sich in äußerst schlechtem Zustand befinden. Obwohl der schlechte Zustand der dritten Inschrift eo ipso kaum mehr erschließen lässt, als dass es sich bei dem bärtigen Träger des Spruchbands um die Figur des Propheten Daniel handelt, so erlauben die lesbaren Wörter doch eine Eingrenzung der Bibelparaphrase auf zwei Stellen im Buch Daniel, die beide mit demselben Traum Nebukadnezars in Zusammenhang stehen und typologisch auf Christus bzw. auf die Jungferngeburt Marias bezogen werden können1).

Auch diese Wandmalereien werden dem Innsbrucker Maler Marx Danauer zugeschrieben, der sich in den Inschriften zu den Szenen an der Südwand explizit als Ausführender zum Jahr 1482 nennt (vgl. Kat.-Nr. 135). Die dortige Datierung wurde auch für die gegenständlichen Malereien übernommen.

1) Entweder handelt es sich um eine Paraphrase nach Dan 2,34 („videbas ita donec abscisus est lapis sine manibus et percussit statuam in pedibus eius ferreis et fictilibus et comminuit eos“) oder Dan 2,45 („secundum quod vidisti quod de monte abscisus est lapis sine manibus et comminuit testam et ferrum et aes et argentum et aurum Deus magnus ostendit regi quae futura sunt postea et verum est somnium et fidelis interpretatio eius“).
Literatur

Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 4, 561–563. – Ammann, Oberland 386. – Dehio Tirol 728f. – Klien, Kirchen (2002) 235f.



Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser

Zitierregel:
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte, ges. u. bearb. v. Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser (Die Deutschen Inschriften 82. Band, Wiener Reihe 7. Band, Teil 1) Wien 2013, Kat. Nr. 137,
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Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol  Politischer Bezirk Landeck  Serfaus, Fk. Hl. Georg ob Tösens    •  Apostelbilder  •  Tituli  •  Wandmalerei  •  Gotische Minuskel  •  Danauer, Marx