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Die Inschriften des Bundeslandes Tirol

Politischer Bezirk Landeck

143 Ladis, Pfk. Hl. Martin 1499

Glocke mit Glockenrede und Gussvermerk, im Turm. Am Hals zweizeilige Umschrift; es fehlen Schnur- oder Stableisten, um die Inschriftenzeilen oben und unten abzuschließen. Die Inschrift ist äußerst unregelmäßig ohne einheitliche Orientierungslinie angebracht worden und von schlechter Gussqualität; zudem erschwert starke Verschmutzung die Lesung, die deshalb nach kopialer Überlieferung überprüft und ergänzt wurde.

Text ergänzt nach Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 539.

Bu. 2,5 cm. – Majuskelmischschrift.


Textedition
			

SOa) · VE · LEICH · WIR · GELET · IM · ERT · SO · EMPACHGOT · D. E. EL · IM · AMMA · DOM(INI) · 1499 · / H(ERR) · CRIST(AN) · KESLER · HANNS · LAUX · ZONAM · VOM · AUGSPURG · GOS · MICH · HIM · H(ERR) · CASP(AR) · LEMZ ·

Anmerkungen
a) alle Trennzeichen der Is. als Blätter bzw. Blumenkübel ausgeführt.

Kommentar

Die unregelmäßige Anbringung der Schrift, die die Lesung erheblich erschwert, weist auf den zeittypischen Einsatz von Modeln für die einzelnen Buchstaben hin, wobei mehrere ungenügend fixierte Modeln offenbar auf der falschen Glocke noch vor dem Guss verrutscht sind. Die zahlreichen kuriosen Verschreibungen (etwa AMMA für ANNO) sind für die Glocken der Brüder Hans und Laux (Lukas) Zotman aus Augsburg1) durchaus charakteristisch2). Ebenso kennzeichnend für diesen Betrieb ist die verwendete Mischung von Formen aus Gotischer Majuskel und Frühhumanistischer Kapitalis. Zu ersterem Formenreservoir gehören etwa die mit zwar nicht allzu üppig aufgeblähten Bogenschwellungen, aber zugespitzter Außenkontur versehenen C und P etwa in CASP(AR) oder ein unziales H. Unter den verwendeten Buchstabenformen aus Frühhumanistischer Kapitalis ist vor allem das epsilonförmige E charakteristisch, daneben tritt auch ein schlank trapezförmiges A mit beidseitig überstehendem Deckbalken auf. Rein kapital ist dagegen das E in VE.

Nach der missglückten Inschrift der Glocke scheint am Guss neben Hans und Laux (Lukas) Zotman, die häufig in Gemeinschaft mit anderen Gießern arbeiteten, ein weiterer Gießer, Christian Kessler aus Innsbruck, beteiligt gewesen zu sein3).

1) S. Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 228 und Thurm, Bayerisch-Schwaben 24–26.
2) Vgl. etwa die Zotman-Glocke von 1510 (?) in Oberschönfeld (Lkr. Augsburg): LAVX· ZOM[AN] ANNATOMINI, s. Thurm, Bayerisch-Schwaben 25 (Abb. 43).
3) S. Thurm, Bayerisch-Schwaben 26 und 89 (Anm. 59). Ein Heinrich Kessler aus Hall in Tirol kann hingegen als Gießer im Tiroler Unterland zwischen 1496 und 1499 belegt werden; Wernisch, Glockenkunde 188.
Literatur

Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 228 und 539. – Egg, Süddeutsche Kunst 189. – Thurm, Bayerisch-Schwaben 24 und 89 (Anm. 59). – Ammann, Oberland 203.



Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser

Zitierregel:
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte, ges. u. bearb. v. Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser (Die Deutschen Inschriften 82. Band, Wiener Reihe 7. Band, Teil 1) Wien 2013, Kat. Nr. 143,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/tirol-1/landeck/tirol-1-obj143.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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