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Die Inschriften des Bundeslandes Tirol

Politischer Bezirk Landeck

190 Ried im Oberinntal, Pfk. Hl. Leonhard 1551

Wappengrabplatte des Franz von Spaur, weißer Marmor, außen an der Westwand rechts neben dem Portal, gegen Ende des 18. Jahrhunderts noch innen hinter dem Hochaltar im Chor1). Der schmale hochrechteckige Stein zeigt im vertieften, mit einfacher Hohlkehle gerahmten Mittelfeld das Vollwappen des Verstorbenen sowie darüber und darunter jeweils zwei aneinander geschobene Wappenschilde. Am Rand läuft eine vertieft erhaben gearbeitete, eng spationierte, fast indistinkt wirkende Inschrift um, die mit ihren Ober- und Unterlängen in die schmalen begrenzenden Leisten eingreift. Oberflächliche Beschädigung im unteren Drittel des zweiten Schriftbandes.

H. 200 cm, B. 89 cm, Bu. 8–9 cm. – Gotische Minuskel mit Versalien.


Textedition
			

A(n)noa) do(mi)nia) 1551 am 16 / tag Janvari ist der Edl vest Frantz fon Spavr / Erbschenkch der · F(ürstlichen)b) / Grafschaft Tirol got pevolhen desc) sel got gnat

Anmerkungen
a) Kürzungszeichen fehlt.
b) Trennzeichen quadrangelförmig.
c) d in der unteren Hälfte des Mittelbandes beschädigt.

Wappen: Spaur2), Weichs3), Potsch4), Mitterhofer5), Kripp6).


Kommentar

Franz von Spaur, Erbschenk von Tirol7), war seit 1537 mit Margarethe Mitterhofer verheiratet. Auf diese Ehe beziehen sich auch die beiden unteren Wappenschilde auf seinem Grabdenkmal: Margarethe war die Tochter des Jakob Mitterhofer zu Prutz und der Anna Kripp8). Aus der Ehe Franz’ von Spaur und der Margarethe Mitterhofer ging eine Tochter hervor, die 1562 Balthasar von Liechtenstein-Karneid und später Anton von Brandis heiratete9).

Ammann schreibt die Grabplatte, vielleicht angesichts des Materials, eines wohl aus Südtirol (Laas?) stammenden kristallinen weißen Marmors, einem Vinschgauer Steinmetzen zu10).

1) Resch, Monumenta 99. Vgl. auch Salner, Ried 30.
2) Si Tir 16 und Taf. 18 (Stammwappen) bzw. Bay 23a und Taf. 16 (Stammwappen); vgl. auch Württembergisches Adels- und Wappenbuch 743.
3) Si Bay 62 und Taf. 67 (die Spitze auf dem Stein jedoch eingebogen dargestellt).
4) Ein gebauchtes Trinkgefäß mit Deckel (?).
5) Ein dreizinniger Turm mit offenem Tor und drei Schießscharten auf einem Dreiberg.
6) Si Tir 10 und Taf. 11 (vermehrtes Wappen).
7) Nach Tinkhauser/Rapp war Franz von Spaur auch Gerichtsherr der Herrschaft Laudeck, doch fiel dieses Gericht nach Stolz erst 1655 an die Spaur und war Mitte des 16. Jahrhunderts noch im Besitz der Wehinger; Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 4, 468 und Stolz, Landesbeschreibung 2, 701. Laut Tinkhauser/Rapp wurde der Leichnam des Franz von Spaur unter dem Hochaltar der Rieder Pfarrkirche beigesetzt; ebda. Den Titel eines Erbland-Mundschenken und Panierträgers von Tirol trugen die Mitglieder der Familie Spaur bereits seit 1450; vgl. Wolfsgruber, Domkapitel 203.
8) Mayrhofen, Genealogien 5, 259 und Kripp, Kripp von Prunberg 47. Demnach heirateten Anna Kripp (gestorben vielleicht 1538, jedenfalls aber vor 1548) und Jakob Mitterhofer im Jahr 1511. Die Nähe zwischen den Verwandten erhellt aus einem Geldgeschäft im Jahr 1549. Wohl aufgrund der Türkengefahr leistete in jenem Jahr Annas Bruder Paul Kripp, u. a. zusammen mit seinem angeheirateten Neffen Franz von Spaur, ein Darlehen in Höhe von 2000 Gulden an die Oberösterreichische Regierung; Kripp, Kripp von Prunberg 52.
9) Kripp, Kripp von Prunberg 47. Nach Mayrhofen heiratete „Margret von Mitterhofen“ selbst in zweiter Ehe Anton von Brandis; Mayrhofen, Genealogien 5, 259.
10) Ammann, Oberland 301.
Literatur

Resch, Monumenta 99. – Mayrhofen, Genealogien 5, 259. – Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 4, 468. – Kripp, Kripp von Prunberg 47. – Ammann, Oberland 301. – Dehio Tirol 648. – Salner, Ried 30. – Klien, Kunstschätze 99.



Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser

Zitierregel:
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte, ges. u. bearb. v. Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser (Die Deutschen Inschriften 82. Band, Wiener Reihe 7. Band, Teil 1) Wien 2013, Kat. Nr. 190,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/tirol-1/landeck/tirol-1-obj190.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 136: Wappengrabplatte
des Franz von Spaur (1551)
©  ÖAW, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Gerhard Watzek)