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Die Inschriften des Bundeslandes Tirol
Politischer Bezirk Landeck
193 |
Landeck, Maisengasse 2 |
1565, 1569 |
Fassadendekoration mit Wappendarstellungen samt Namensbeischriften und Wortdevise sowie Jahreszahlen, Wandmalerei. Drei- bzw. viergeschossiges Mittelflurhaus, die Giebelfassade bildet rechts einen zwei Drittel der Breite einnehmenden weit vorspringenden Seitenrisalit mit vier Fensterachsen aus, die linke Gebäudeseite tritt mit ein bzw. zwei Fensterachsen stark zurück. Umfangreiche, die gesamten Mauerflächen der Giebelseite einbeziehende Ausstattung mit gemalter architektonischer Gliederung (Fensterrahmen, wappengeschmückte Ortsteinquaderung der linken Kante des Risalits), und mehreren Wappendarstellungen. Am linken Gebäudeteil im ersten Obergeschoß links über dem linken Fenster, unmittelbar an der gemalten Ortsteinquaderung der Gebäudekante das burgundische Astkreuz, rechts daneben kleiner Wappenschild; unter dem Astkreuz, von der gemalten Rahmung eines sekundär eingebrochenen oder vergrößerten Fensters überschnitten, etwas größerer Wappenschild. Weiter rechts, unmittelbar über der linken oberen Ecke eines sekundär eingebrochenen bzw. vergrößerten Fensters und von diesem leicht überschnitten, großer Wappenschild. Rechts davon, in der rechten Ecke des linken Gebäudeteils, hochrechteckiges blaues, rot gerahmtes Feld mit Vollwappen, über der Helmzier auf gefälteltem weißen Spruchband einzeilig schwarz aufgemalte Wortdevise (I); unter der Fersenstelle gleichartig ausgeführtes Spruchband mit Namensinschrift (II), links unten durch das sekundär eingebrochene oder vergrößerte Fenster zerstört. In den beiden unteren Ecken des Feldes ursprünglich je zwei Stellen einer Jahreszahl, die beiden linken wiederum verloren (III). Zu beiden Seiten des Fensters im zweiten Obergeschoß je ein einwärts gewendeter Wappenschild. Im Hauptteil der Fassade (rechter Seitenrisalit) über dem mittleren Fenster des dritten Obergeschosses, unterhalb des Dachbodenfensters, zwei Wappenschilde (der linke linksgewendet), über den Oberrändern jeweils ein weißes gefälteltes Spruchband mit einzeilig schwarz aufgemalter Namensbeischrift (links IV, rechts V), zwischen beiden Schilden eine schwarz aufgemalte Jahreszahl (VI). Die Fassadendekoration war bis zum Zweiten Weltkrieg übermalt, kam dann aber bei einem Brand in der Kriegszeit, der das Haus beschädigte, zum Vorschein. Die malerische Ausstattung der Fassade wurde daraufhin 1957 freigelegt1), wobei der originale Charakter der gesamten Malereien einschließlich der Inschriften beeinträchtigt wurde.
Bu. ca. 6 cm (I), 4 cm (II), ca. 15 cm (III), ca. 15 cm (IV, VI), ca. 30 cm (V). – Fraktur (I und II) und Kapitalis (IV und V).
Textedition
I.
· // · Kuma) // Glück Erstehb) // Hoffnung · // ·
II.
– – –]o Richterc) · // Zu Lanndeckhd) ·
III.
[15]//·65e)
IV.
HAN//NSf) · SCHYREL · // RICHTERg)
V.
CAT//ERINAf) · SA//VRW//EININ
VI.
1h) · 5 · 69
Anmerkungen
Wappen: Österreich (Bindenschild), unbekannt2), Gienger3), Schyrel4), Tirol, Hl. Römisches Reich (?)5), Schyrel6), Saurwein7).
Kommentar
Das heutige Haus Maisengasse 2 war nach Ausweis der Fassadengestaltung zwischen wenigstens 1565 und 1569 im Besitz des damaligen Landecker Richters Hans Schyrel und von dessen Frau Katharina Saurwein. Vermutlich lassen sich anhand der datierten Wandmalereien wenigstens zwei Adaptierungsphasen des Gebäudes ablesen. Der mutmaßlich ältere linke Gebäudeteil dürfte spätestens 1565 mit Wandmalereien versehen worden sein, zu denen das Wappen des Landecker Pflegers, Leonhard Gienger (vgl. Kat.-Nr. 210) und die landesfürstlichen bzw. das Reichsadlerwappen und das Wappen des Bauherren als des von Gienger eingesetzten Richters gehören. Die Tatsache, dass sowohl das Wappen Giengers als auch das Schyrels an den Unterrändern durch den Einbruch des rechten Fensters im ersten Obergeschoß beschädigt sind, lässt darauf schließen, dass hier ältere, wohl spätgotische Fenster erst nach 1565 vergrößert wurden. An diesem Gebäudeteil wirken auch die Fensterrahmungen durchwegs (bei der Restaurierung 1957?) neu aufgemalt. Dagegen weist der durch die Jahreszahl 1569 datierte Wandmalereischmuck des rechten, wohl erst zu jenem Zeitpunkt umgebauten bzw. neu hergestellten Gebäudeteils keine Spuren von jüngeren Adaptierungen auf. Diesen Überlegungen folgend ist das früher im Hausinneren gefundene, jetzt vermauerte Graffito von 1520 wohl im von der Giebelseite aus gesehen linken, älteren Gebäudeteil zu suchen (Kat.-Nr. 164). Umfangreiche malerische Fassadendekorationen mit Wappen und Wortdevisen haben sich im Tiroler Oberland auch an anderen Richterhäusern erhalten8). Die Motivik und besonders die Detailformen der gemalten architektonischen Gliederung der Landecker Fassade erinnern sehr stark an die etwa gleichzeitigen Fassadengestaltungen in Wenns und Oetz (Kat.-Nrr. 60f.), die wohl einer gemeinsamen Werkstatt zuzuschreiben sind.
Literatur
Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
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Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol Politischer Bezirk Landeck Landeck, Maisengasse 2 • Fassadendekoration • Namensbeischriften • Wortdevise • Jahreszahlen • Wandmalerei • Fraktur • Kapitalis •
Gienger, Leonhard •
Saurwein, Katharina •
Schyrel, Hans •
Oetz •
Stuben, Richterhaus •
Wenns
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