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Die Inschriften des Bundeslandes Tirol

Politischer Bezirk Landeck

205† Grins Nr. 72 1578, 16. Jh.

Wandmalereien mit Bauzahl, Buchstabenfolge und Jesusmonogramm, ehemals im so genannten „Großen Haus“ (Hotel bzw. Gasthof Maultasch) in Grins. Die Bauzahl fand sich „an einem hölzernen Oberboden“1) des Hauses (I). In den reichen Wandmalereien im Hausflur des ersten Obergeschosses befand sich über einer Szene, die die Anbetung der Hl. Drei Könige darstellte, eine Figur mit Schafskopf (?) und Fahne, die sich in einem Spiegel selbst betrachtet2). Die Fahne zeigte ein Andreaskreuz, bewinkelt von den ersten vier Buchstaben des Alphabets, links mit A beginnend und gegen den Uhrzeigersinn ausgerichtet (II). Auf der gegenüberliegenden Seite des Hausflurs war über einer Zimmertür die Figur eines Mönches in brauner Kutte angebracht; in dem von ihm aufgeschlagenen Buch eine Inschrift (III). Ebenfalls im Hausflur an der Stiegenanlage unter der Darstellung eines jugendlichen Brautpaares befand sich ein Jesusmonogramm (IV). Das Haus wurde beim Großbrand von Grins in der Nacht vom 25. auf den 26. November 1945 teilweise zerstört3). Die erhalten gebliebenen Wandmalereien im Flur und in den Erdgeschoßräumen wurden 1972 aufgedeckt und 1977 restauriert4).

Standortangabe, Beschreibung und Text nach Atz, Hausbemalung 156–158.


Textedition
			

I. 1578 II. A // B // C // D III. Afe Maria IV. IES(VS)a)

Anmerkungen
a) Nomen sacrum; Bestand: IHS.

Ave Maria (III).



Kommentar

Die Bezeichnung des Gebäudes als „Großes“ oder „Maultaschhaus“ bezieht sich auf die Tiroler Landesfürstin Margarethe (genannt Maultasch), die in Grins ein Jagdschloss besessen haben soll5); freilich gibt es für diese in der lokalen Tradition verankerte Legende keinerlei stichhaltigen historischen Beweis6). Die Malereien, die vor dem Brand des Hauses erhalten waren, entstanden jedenfalls nicht vor dem 16. Jahrhundert, wie auch die Datierung in Inschrift I zeigt. Das burgundische Astkreuz ist als Bilddevise des Ordens vom Goldenen Vlies gerade in maximilianischer Zeit im Oberland und im Vinschgau weit verbreitet7).

1) Atz, Hausbemalung 158. Damit dürfte die hölzerne Decke eines Obergeschoßraumes gemeint sein.
2) Der Verweis auf den Blick in den Spiegel lässt eher an eine Meerkatze denken.
3) Nöbl, Grins 152. Zum großen Dorfbrand vgl. auch Hölzl, Chronik 54–62.
4) Dehio Tirol 296.
5) Atz, Hausbemalung 155 und Nöbl, Grins 151f.
6) Vgl. dazu Hölzl, Chronik 13–16.
7) Vgl. dazu ausführlicher Hye, Andreaskreuz 459–464 und Hye, Wappen 199.
Literatur

Atz, Hausbemalung 155–158. – Nöbl, Grins 151f. – Hölzl, Chronik 13–16.



Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser

Zitierregel:
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte, ges. u. bearb. v. Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser (Die Deutschen Inschriften 82. Band, Wiener Reihe 7. Band, Teil 1) Wien 2013, Kat. Nr. 205,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/tirol-1/landeck/tirol-1-obj205.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol  Politischer Bezirk Landeck  Grins Nr. 72    •  Wandmalereien  •  Bauzahl  •  Buchstabenfolge  •  Jesusmonogramm  •  Maultasch, Margarethe  •  Grins  •  Vinschgau