Inschrift-logo

  Suche         Druck     Hilfe  

 

Die Inschriften des Bundeslandes Tirol

Politischer Bezirk Landeck

218 Obsaurs (Schönwies), Kirche Hl. Vigil 1593, 1601, 1604

Ensemble von mehreren Graffiti (Namensinschriften, Spruchinschriften bzw. Wortdevisen und Jahreszahlen), Rötelstift, innen an der Langhaussüdwand im Ostjoch zwischen Kanzel und mittlerem Wandpfeiler rings um ein Konsekrationskreuz gruppiert. Zuoberst rechts nahe dem Wandpfeiler eine allein stehende einzeilige Inschrift (I), mit etwas Abstand darunter eine offenbar zusammengehörige und von einer einzelnen Hand ausgeführte Dreiergruppe von einzeiligen Inschriften (II), unmittelbar links der ersten eine Hausmarke in einen Kreis eingeschrieben, unter der letzten eine Hausmarke, identisch mit der des Eustach aus Tannheim an der Langhaussüdwand im nebenliegenden Westjoch (s. Kat.-Nr. 196). Unterhalb dieser Hausmarke in annähernd halbkreisförmiger Anordnung viermal dieselbe Jahreszahl (III–VI). Nach unten anschließend vierzeilige Inschrift (VII), unmittelbar darunter und mit der voranstehenden wohl eine zeitliche Einheit bildend, zweizeilige Inschrift (VIII), links davon die zugehörige Hausmarke mit Monogramm. Unmittelbar links des Konsekrationskreuzes eine sechszeilige Inschrift (X), dicht gefolgt von zwei weiteren, jeweils untereinander angeordneten Rötelinschriften (XI, XII). Rechts neben Inschrift XII folgt eine weitere Schriftzeile (XIII), die nach rechts zu einem Block von zwei weiteren Inschriften (XIV, XV), rechts unmittelbar am mittleren Wandpfeiler, vermittelt. Im 18. Jahrhundert weiß übertüncht, 1962–67 freigelegt und 1994/95 restauriert. Zu den Hausmarken s. die Nachzeichnungen in Anhang 1.

Bu. ca. 2–3 cm (I und II, VII–IX, XI–XV), ca. 9 cm (III, V und VI), ca. 4 cm (IV), 1 cm (X). – Deutsche Schreibschrift (Kurrent) und Kapitalis (XV).


Textedition
			

I. Jorg gnad Zu kam Ekha) II. vrban Renn Zumann / martin Pagruebel / Just Pach III. 1593b) IV. 1593 V. 1593b) VI. 1593b) VII. Hanns Paur / Gott ist Mein / hoffnu(n)g vnd mein / Zue verZichtc) VIII. Michel Falckh IX. 1600d) · Jar X. wenn got wil ßo / ißt mein Zil a lee) / ding Ein weil got / alein die Er vnd / sunst niemens / mer XI. wan Gott wil so ist mein / Zil + 1604 Jar / Crisstan penckf) XII. wan Gott / wil so ist mein / Zil Alle ding Ein / weill Gott Allain / die Eer su[n]st [– – – XIII. peter pig zu [– – – XIV. Hainrich Born / w[...] von Jls / 1601g) XV. H C / zu gott allein [– – –] / hoffnung

Anmerkungen
a) sic! Vielleicht für kamekh.
b) 1 und 5 teilweise konturiert.
c) sic!
d) 1 teilweise konturiert; es folgt ein senkrechter Trennstrich.
e) sic! für ale.
f) + 1604 und Crisstan Penck wohl noch vom Schreiber selbst fett nachgezogen.
g) folgt in eigener Zeile die zugehörige Hausmarke.

Deutsche Reimverse (X–XII).


Kommentar

Nach welchem Kamegg (etwa Niederösterreich, VB Horn?) sich Jörg Gnad (Inschrift I) zubenannte, ist unklar. Die in Inschrift II dokumentierte Dreiergruppe besuchte die Kirche offensichtlich 1593 zusammen mit Eustach auf Tannheim (s. Kat.-Nr. 196), einem Zumann aus Künzing (?), der offenbar auch für seine Reisebegleiter den Besuchervermerk abfasste. Tatsächlich wird auch Urban Renn in seiner Namensinschrift als Zumann bezeichnet. Möglicherweise war er mit den in einer Zunftscheibe (Kat.-Nr. 316) aus dem Gericht Ehrenberg genannten Hans und Erhart Renn verwandt. Ob Heinrich Born (?) aus dem steirischen Ilz stammte, muss offen bleiben. Das Reiseziel der Pilger lässt sich nur mehr schwer feststellen, doch deutet die neben weiteren Rötelinschriften auf der Südwand des Westjoches auftauchende Jakobsmuschel vielleicht auf Santiago de Compostela hin (vgl. Kat.-Nr. 196). Einmal mehr zeigen die verschiedenen Inschriften (X und XII) eindrucksvoll die unmittelbare Rezeption älterer Texte durch jüngere Schreiber.

Literatur

Kundratitz, Restaurierungsbericht 12.



Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser

Zitierregel:
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte, ges. u. bearb. v. Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser (Die Deutschen Inschriften 82. Band, Wiener Reihe 7. Band, Teil 1) Wien 2013, Kat. Nr. 218,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/tirol-1/landeck/tirol-1-obj218.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol  Politischer Bezirk Landeck  Obsaurs (Schönwies), Kirche Hl. Vigil    •  Graffiti  •  Namensinschriften  •  Spruchinschriften  •  Wortdevisen  •  Jahreszahlen  •  Rötelstift  •  Deutsche Schreibschrift (Kurrent)  •  Kapitalis  •  Born, Heinrich  •  Eustach aus Tannheim  •  Falck, Michael  •  Gnad, Jörg  •  Pach, Jakob  •  Pagruebel, Martin  •  Paur, Hans  •  Penck, Christian  •  Pig, Peter  •  Renn, Urban  •  Ilz  •  Kamegg  •  Künzing  •  Santiago de Compostela  •  Stöger