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Die Inschriften des Bundeslandes Tirol

Politischer Bezirk Landeck

222 Nauders, Burg Naudersberg 1598

Wappengrabplatte des Wilhelm Gräfinger, weißer kristalliner Marmor, im Innenhof der Burg Naudersberg an der Wand. Der Stein war früher – zusammen mit einer weiteren Wappengrabplatte von 1617 (vgl. Kat.-Nr. 245) – am Turmerdgeschoß der Pfarrkirche Hl. Valentin in Nauders angebracht. Beide Denkmäler wurden anlässlich einer Renovierung der Pfarrkirche 1981 abgenommen und dem Museumsverein Nauders übergeben, der sie in der Burg aufstellen ließ. Der hochrechteckige, oben flach segmentbogig abschließende Stein zeigt in den oberen zwei Dritteln des vertieften Mittelfeldes das Vollwappen des Verstorbenen, die Schildränder sind rollwerkartig eingebogen. Im unteren Drittel des Feldes ist eine querrechteckige Inschriftenkartusche mit schmalem Rollwerkrahmen aus dem Stein gearbeitet, die jedoch offenbar unbeschriftet blieb. Das Relieffeld wird von einer an der linken unteren Ecke des Steins einsetzenden erhabenen, durchwegs sehr gedrängt spationierten und bisweilen indistinkt ausgeführten Umschrift gerahmt, die gegen die Mitte hin durch eine Eierstableiste bzw. im Bereich der leeren Inschriftenkartusche von einer einfachen schmalen Leiste abgesetzt ist. Oberflächliche Beschädigungen betreffen die Inschrift am Ende des zweiten und am Beginn des dritten Schriftbandes jeweils an der Oberlinie.

H. 163 cm, B. 82 cm, Bu. 5,5 cm. – Kapitalis. Abb.


Textedition
			

AN(N)Oa) 15 · 98 HAT DER EDLVEST · WILHALMb) · GRA͜ EFIN/GER · V(ON) SALEC RO(EMISCH)c) KA(ISERLICHER)c) MAI(ESTÄT)d) / [PFLE]GERe) VND ZOLNER · ZV · SIG(MVNDSECK) IN DER VINSTR(MVENZ)f) DISEN / GRABSTAIN MACHEN LASENg)

Anmerkungen
a) alle Trennzeichen quadrangelförmig.
b) Trennzeichen aus Platzgründen nahe an die Oberlinie gerückt.
c) als Kürzungszeichen zwei übereinander gestellte durchbrochene Quadrangeln.
d) folgt ein schlingenförmiges Zeichen auf der Mittellinie (Umsetzung eines schreibschriftlichen kursiven etcetera?).
e) bei PFLE die obere Hälfte des Schriftbands weggebrochen.
f) von S bis zum Ende des Schriftbands Beschädigungen an der Oberlinie.
g) abschließendes Trennzeichen in die erhabene Rahmenleiste gerückt und durchbrochen.

Wappen: Gräfinger1).


Kommentar

Der in der Inschrift genannte Wilhelm III. Gräfinger zu Salegg war Pfleger und Zöllner auf der Finstermünz2). Er verstarb laut der Genealogie Mayrhofens vor 16093). Die in der Inschrift gegebene Abkürzung SIG bezieht sich auf Sigmundseck, einen Turm der Befestigungsanlagen in der Finstermünz, nach dem Zoll- und Pflegschaftsfunktion in der Finstermünz benannt waren4). Die Inschrift der Grabplatte bezieht sich nicht auf den Todestag des Wilhelm Gräfinger, sondern nennt nur das Jahr der Anfertigung des Steins. Offensichtlich wollte der Verstorbene so bereits zu Lebzeiten ein angemessenes Gedenken nach seinem Tod sicherstellen. Damit entspricht die Umschrift inhaltlich jener einer Grabplatte von 1617 bzw. 1628, die sich heute ebenfalls im Burghof von Naudersberg befindet (vgl. Kat.-Nr. 245). Da sich auf dieser jüngeren Grabplatte auch der Text der Kartusche im Innenfeld des Steins erhalten hat, auf der der eigentliche Todestag vermerkt wurde, handelt es sich wohl auch hier mit der Inschriftenkartusche um den für den Todesvermerk vorgesehenen Ort. Diese zweite Inschrift ist auf dieser Grabplatte jedoch verloren oder später freigelassen worden.

1) Geviert: 1 und 4 gespalten, belegt mit zwei abgewendeten Zweigen, 2 und 3 ein Zickzackbalken über einem Dreiberg; bekrönter Spangenhelm mit ausladender Helmdecke und Kleinod, als Helmzier ein mit sechs Pfauenfedern besteckter Hut.
2) Mayrhofen, Genealogien 4, 104. Die Gräfinger sind in dieser Zeit mehrfach als Pfleger und Zöllner auf Finstermünz belegbar; Palme-Comploy, Finstermünz 18.
3) Mayrhofen, Genealogien 4, 104.
4) Palme-Comploy, Finstermünz 18 und 23.
Literatur

Mayrhofen, Genealogien 4, 104. – Ammann, Oberland 257. – Dehio Tirol 551. – Palme-Comploy, Finstermünz 18 und 23.



Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser

Zitierregel:
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte, ges. u. bearb. v. Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser (Die Deutschen Inschriften 82. Band, Wiener Reihe 7. Band, Teil 1) Wien 2013, Kat. Nr. 222,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/tirol-1/landeck/tirol-1-obj222.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol  Politischer Bezirk Landeck  Nauders, Burg Naudersberg    •  Wappengrabplatte  •  weißer kristalliner Marmor  •  Kapitalis  •  Inschriften des Totengedenkens  •  Gräfinger, Wilhelm  •  Mayrhofen, Stephan  •  Finstermünz  •  Nauders, Burg Naudersberg

Abbildungen

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Abb. 149: Wappengrabplatte des
Wilhelm Gräfinger (1598)
©  ÖAW, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Gerhard Watzek)