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Die Inschriften des Bundeslandes Tirol

Politischer Bezirk Landeck

245 Nauders, Burg Naudersberg 1617, 1628

Wappengrabplatte des Jakob Mitterhofer, kristalliner weißer Marmor, im Innenhof der Burg Naudersberg an der Wand. Der Stein war früher – zusammen mit einer weiteren Wappengrabplatte von 1598 (Kat.-Nr. 222) – am Turmunterbau der Pfarrkirche Hl. Valentin in Nauders angebracht gewesen. Beide Denkmäler wurden anlässlich einer Renovierung der Pfarrkirche 1981 abgenommen und dem Museumsverein Nauders übergeben, der sie in der Burg aufstellen ließ. Der hochrechteckige, von einer Umschrift (I) gerahmte Stein zeigt in den oberen zwei Dritteln des leicht vertieften Mittelfeldes das Vollwappen des Verstorbenen, der Schild ist einer mit kombiniertem Roll- und Knorpelwerk ausgeführten Kartusche aufgelegt. In den vier Ecken des Mittelfelds befindet sich je ein Wappenschild mit Initialen als Beischrift unter (links oben II und rechts oben III) bzw. über (links unten IV und rechts unten V) dem Oberrand. Unter dem Vollwappen befindet sich eine querrechteckige Inschriftenkartusche mit breitem Rollwerkrahmen, in die sekundär eine sechszeilige Inschrift eingemeißelt wurde (VI).

H. 190 cm (gesamter Stein) bzw. 25 cm (Inschriftenkartusche), B. 86 cm (gesamter Stein) bzw. 50 cm (Inschriftenkartusche), Bu. 4,5 cm (I) bzw. 3,5 cm (VI) und 4 cm (II–V). – Kapitalis.


Textedition
			

I. ANNOa) · 1617 · HAT · DER · ERNVESTa) · VND · / FIRNEMa) · IACOBa) · MITTERHOFERa) · AINER · ERSAMENa) · TYROLISCHENa) · LANDTSCHAFTa) · / BESTELTER · FENDRICHa) · DES · GRIC/HTS · NAVDERSPERGa) · DISEN · GRABSTAIN · MACHEN · LASSEN · ZVR GEDECHTN(VS)b) II. · C(aspar)c) · // · M(itterhofer) · III. · Mc) · // · G(räfinger) · IV. · Bc) · // · Cd) · V. · V(rsula)c) · // · S(teinmair)d) · VI. < IES(VS)e) // ANNOc) · DOMINI · 1628 / DEN · 24 · DE(CE)M(B)RIS · STA͜RB / DER · ERNV(EST) IACOB · MIT/ERHOFER · GOT · GEN/AD · DER · SELEN ·>

Anmerkungen
a) Anfangsbuchstabe vergrößert; Trennzeichen Dreispitze.
b) über N redundantes epigraphisches Kürzungszeichen; ZVR GEDECHTN(VS) deutlich kleiner ausgeführt und auf der Mittellinie geschrieben.
c) Trennzeichen Dreispitze.
d) Unterbrechung durch Rollwerkwalze der darüber liegenden Kartusche.
e) Nomen sacrum; Bestand: IHS; Jesusmonogramm mittig im Scheitel der Kartuschenrahmung; Kreuz auf dem Balken des H.

Wappen: Mitterhofer1), Mitterhofer1), Gräfinger2), unbekannt3), Steinmair4).


Kommentar

Der in den beiden ersten Inschriften genannte Jakob Mitterhofer lässt sich in der Genealogie Mayrhofens nicht auffinden, doch könnte er der Sohn des Caspar Mitterhofer und seiner Frau Ursula Steinmair gewesen sein, die sich im fraglichen Zeitraum greifen lassen und auf die sich die Initialen in Inschrift III und VI beziehen dürften5). Zwar legen die Wappen nahe, das G in Inschrift IV einem Mitglied der Familie Gräfinger zuzuschreiben, doch fehlt ein Träger eines mit M beginnenden Vornamens in dem betreffenden Zeitraum in Mayrhofens Genealogie, so dass auch die vermutlich seiner Frau zugehörigen Initialen in Inschrift V unaufgelöst bleiben müssen6).

Besonders interessant sind die zwei Hauptinschriften der Grabplatte (I, VI), da sie zeigen, wie man sich die Entstehung solcher Grabmonumente vorzustellen hat: Bereits zu seinen Lebzeiten hatte sich Jakob Mitterhofer seine eigene Grabplatte anfertigen lassen; die Wappenreliefs und die umlaufende Inschrift mit seinem Namen (I) waren also bereits vorhanden, als er starb. Nach seinem Tod verblieb nur die Anfertigung der zweiten Inschrift in der Kartusche (VI), in der sein eigentliches Todesdatum festgehalten wurde. Der Sinn eines solchen Handelns tritt uns am Ende der ersten Inschrift entgegen: ZVR GEDECHTN(VS), also um sich eine Memoria zu schaffen, ließ man hier die Grabplatte schon vor dem Tode fertigen. Der Fall mag nicht einzigartig sein, doch gibt der epigraphische Befund nur selten so deutlich das Motiv und die unterschiedlichen Entstehungszeiten der Inschriften preis.

1) Ein steigender Widder; ein Spangenhelm mit einem aus der Helmkrone wachsenden Widder als Helmzier.
2) Geviert; 1 und 4: gespalten, mit zwei abgewendeten Zweigen belegt; 2 und 3: ein Zickzackbalken über einem Dreiberg.
3) Gespalten; mit einer Kugel belegt. Damit entspräche dieses Wappen jenem der Eppan von Eppurg, die 1564 ausstarben; vgl. Siebmacher VI/3, 21 (Taf. 3). Die Auflösung des Buchstabens C ergibt sich damit jedoch nicht, so dass die Frage nach der Identität des Wappenträgers weiter offen bleiben muss. Eine weitere Möglichkeit wäre, dass es sich um ein Mitglied der Familie Kugler oder Kuenburg handelt, die ähnliche Wappen führten; Fischnaler, Wappen-Schlüssel 4, 395.
4) Ein schräggestellter Bogen.
5) Mayrhofen, Genealogien 5, 251.
6) Mayrhofen, Genelaogien 4, 104f.
Literatur

Ammann, Oberland 258. – Dehio Tirol 551.



Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser

Zitierregel:
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte, ges. u. bearb. v. Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser (Die Deutschen Inschriften 82. Band, Wiener Reihe 7. Band, Teil 1) Wien 2013, Kat. Nr. 245,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/tirol-1/landeck/tirol-1-obj245.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol  Politischer Bezirk Landeck  Nauders, Burg Naudersberg    •  Wappengrabplatte  •  weißer Marmor  •  Kapitalis  •  Inschriften des Totengedenkens  •  Jesusmonogramm  •  Eppan von Eppurg  •  Gräfinger zu Salegg  •  Kuenburg  •  Kugler  •  Mayrhofen, Stephan  •  Mitterhofer, Jakob  •  Mitterhofer, Kaspar  •  Steinmair, Ursula  •  Nauders, Pfarrkirche

Abbildungen

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Abb. 157: Wappengrabplatte des
Jakob Mitterhofer (1617/1628)
©  ÖAW, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Gerhard Watzek)