RS.; P. Marherr; VS. Erzherzog Rainer; BdE. und anw. (Erzherzog Rainer 22. 5.), Rechberg, Mecséry, Schmerling, Degenfeld, Lasser, Szécsen, Plener, Wickenburg, Pratobevera, Lichtenfels; abw. Vay; BdR. Erzherzog Rainer 4. 6.
Der griechisch-nichtunierte Patriarch Rajacsich hat um Beigebung des Archimandriten Gruić als Weihbischof gebeten. Nachdem Se. Majestät das Gesuch dem Staatsminister zur Vergutachtung zustellen zu lassen geruht haben und der Karlowitzer Sprengel sich über mehrere nicht zu Ungern gehörige Gebiete erstreckt, hielt sich der Staatsminister für berufen, wegen Ag. Bewilligung obiger Bitte, gegen welche weder in sachlicher noch in persönlicher Beziehung ein Bedenken besteht, Vortrag an Se. Majestät zu erstatten, wogegen nichts erinnert wurde. Nur hätte der Staatsminister — nach dem Antrage des Ministers Grafen Szécsen — vor der erfolgten Ah. Ernennung des Weihbischofs den ungrischen Hofkanzler in die Kenntnis zu setzen.
Gesuch des Patriarchen Joseph Rajacsich v. 8. 5. 1861, Beilage zu
Bereits am 18. 5. 1861 hatte Schmerling einen Vortrag in dieser Angelegenheit an den Kaiser gerichtet; er zog ihn aber nach dieser Besprechung zurück und sandte ihn an den ungarischen Hofkanzler zur Einsichtnahme,
Se. k. k. Hoheit der durchlauchtigste Herr Erzherzog Statthalter in Tirol haben in einem dem Staatsminister zur Vergutachtung zugekommenen au. Vortrage für sich bezüglich Südtirols dieselben außerordentlichen Befugnisse in Anspruch genommen, welche dem Statthalter in Venedig eingeräumt worden sind, indem in Südtirol analoge Verhältnisse wie im lombardisch-venezianischen Königreiche bestehen. Diese Befugnisse bestehen vornehmlich in der Ermächtigung, gefährliche Individuen zu internieren oder zu konfinieren, Vereine zu schließen, den Belagerungszustand zu dekretieren, von Gemeinden bei Unruhe und Widersetzlichkeit Schadenersatz und Geldbuße zu verlangen usw. Bisher hat der Statthalter in Venedig nur von den beiden ersten Befugnissen wirklich Gebrauch gemacht. Wenn nun auch nicht zu leugnen ist, daß in Südtirol ähnliche Verhältnisse wie im lombardisch-venezianischen Königreiche bestehen, so nahm der Staatsminister doch Anstand, für Se. k. k. Hoheit den Herrn Erzherzog Statthalter in Tirol auf die Erteilung jener Befugnisse jetzt schon einzuraten, weil dort bisher Widersetzlichkeiten nicht vorgekommen sind, ein feindlicher Einfall nicht zu besorgen ist, mithin strengere Maßregeln, wie Bestrafung von Gemeinden oder Verhängung des Belagerungszustands, derzeit kaum vorkommen dürften, die geringeren aber, falls sie nötig werden sollten, leicht im telegraphischen Wege mit den betreffenden Ministern vereinbart werden können; weil ferner die Einräumung jener außerordentlichen Befugnisse bloß über einen Teil der Sr. k. k. Hoheit anvertrauten Provinz nur geeignet sein würde, die Spaltung zwischen Nord- und Südtirol zu erhöhen und statt Beruhigung vielmehr Besorgnisse und Unzufriedenheit zu bewirken. Auch dürfte die Erteilung dieser Befugnisse itzt, nachdem die Internierung bereits Gegenstand einer Interpellation im Abgeordnetenhause geworden, zum Anlasse abermaliger Rückfragen und Verhandlungen daselbst genommen werden. Sollten sich später die politischen Zustände so verschlimmern, daß Gefahr auf dem Verzuge wäre, so könnten dann noch immer die geforderten Ausnahmsbefugnisse zugestanden werden.
Gegen diesen Antrag wurde nichts erinnert.
Der Vortrag Erzherzog Karl Ludwigs v. 4. 5. 1861 an den Kaiser wurde mit Handschreiben v. 6. 5. 1861 dem Staatsminister zur Begutachtung übersandt,
Bei den außerordentlichen Befugnissen, auf die sich Karl Ludwig bezog, handelte es sich um die Instruktion, die Georg Ritter v. Toggenburg bei seiner Ernennung zum Statthalter von Venedig am 6. 2. 1860 auf Vorschlag des damaligen Innenministers Goluchowski erhalten hatte,
Interpellation Riccabonas v. 29. 5. 1861, siehe MR. v. 12. 5. 1861, Anm. 1.
Die im Abgeordnetenhause vorgekommene Interpellation, wie der Unterrichtsrat organisiert sein und ob er administrative Befugnisse haben wird, gedenkt der Staatsminister dahin zu beantworten, daß über die Art der Organisierung dieses Rates die Verhandlung noch im Zuge sei, diese Frage also gegenwärtig noch nicht beantwortet werden könne, und daß hinsichtlich der Befugnisse desselben lediglich auf den Inhalt des Ah. Kabinettsschreibens vom 20. Oktober 1860 an Graf Rechberg hingewiesen werde, wornach der Unterrichtsrat die wissenschaftlichen und didaktischen Aufgaben zu verhandeln und zu vertreten haben wird.
Der Ministerrat war hiermit einverstanden.
Der Staatsminister brachte die Frage zur Sprache, welche Stellung das Ministerium bei dem Gesetze über die Immunität der Reichsrats- und Landtagsmitglieder den in den Häusern bevorstehenden Änderungsanträgen gegenüber einhalten soll. Man beabsichtigt — dem Vernehmen nach —, das Gesetz bloß auf die Reichsräte zu beschränken, die Sorge für die Immunität der Landtagsmitglieder den einzelnen Landtagen zu überlassen, ferner die Immunität auch auf die polizeiliche und Schuldenhaft auszudehnen, sie vom Tage der Einberufung des Reichsrates oder der Landtage wirksam sein und eine etwa schon bestehende Haft mit dem Moment der beginnenden politischen Tätigkeit des betreffenden Mitgliedes enden zu lassen.
Der Staatsminister glaubte, daß die Regierung auf ihrem Entwurfe zu beharren und denselben gegen alle Änderungsanträge zu verteidigen hätte und daß, falls einzelne Amendements, wie z. B. die Befreiung von der Schuldenhaft (wie Minister Freiherr v. Pratobevera und der Polizeiminister voraussetzen zu müssen glaubten: in beiden Häusern), angenommen würden, das Ministerium, nachdem es in Verteidigung seines Entwurfs seine Pflicht getan, zu erwägen haben werde, ob es nachgeben und das so amendierte Gesetz der Ah. Genehmigung empfehlen könne.
Die Konferenz war hiermit einverstanden, doch hätte der Polizeiminister gewünscht, daß man darüber ins reine komme, wie weit die Regierung hierbei gehen könne, damit, falls das amendierte Gesetz zur Ah. Genehmigung nicht geeignet befunden werden sollte, nicht dasselbe dann auf den einzelnen Landtagen wieder in Verhandlung genommen werde.
Zur Behandlung dieses Gegenstandes siehe MR. v. 3. 5. 1861/I.
Fortsetzung im MR. v. 28. 5. 1861/III.
Der galizische Landtag hat beschlossen, seinen Abgeordneten 3 f. Diäten zu geben, und die Statthalterei hat diesen Beschluß dem Staatsminister vorgelegt. Es fragt sich nun, ob dieser Beschluß ohneweiters auszuführen oder der Ah. Genehmigung Sr. Majestät vorbehalten sei. Nach der Ansicht des Staatsministers scheint letzteres der Fall zu sein, weil jener Beschluß das Land mit einer bleibenden Auslage belastet, wozu nach Analogie des § 20 des Landesstatutes die kaiserliche Genehmigung erfordert wird. Der Staatsminister gedächte daher, hierzu die Ah. Genehmigung Sr. Majestät einzuholen und in künftigen ähnlichen Fällen das gleiche zu tun.
Der Minister des Äußern bemerkte, daß die Diätenfrage bei Beratung der Landesstatute angeregt und absichtlich darüber keine Bestimmung aufgenommen worden sei. Er habe sich prinzipiell gegen bezahlte Vertreter ausgesprochen und halte an dieser Ansicht fest, weil bezahlte Vertreter den wahren Charakter der Landesvertretung alterieren, dem Lande bedeutende Auslagen verursachen und in eigennütziger Absicht die Dauer der Sessionen über Gebühr und Notwendigkeit zu verlängern trachten. Wenn indessen der Antrag des galizischen Landtags nicht zurückgewiesen werden könnte, so würde er mit dem Staatsminister für die Einholung der Ah. Genehmigung dazu stimmen, weil es sich dabei um eine Erweiterung der Bestimmungen der Landesstatute handelt. Auch der Polizeiminister trat der Meinung des Staatsministers bei, jedoch nur aus der Rücksicht, weil ein im Hause der Abgeordneten vorgebrachter ähnlicher Antrag (10 f. Diäten für jeden Abgeordneten im Reichsrate) — wie es scheint — als ein Internum des Hauses behandelt werden will. Sonst würde er dafür stimmen, daß den Landtagen selbst die Entlohnung ihrer Mitglieder überlassen werde, wenn sie aus Landesmitteln angewiesen und dazu kein der höheren Genehmigung bedürftiger Steuerzuschlag (§ 22) erforderlich wird.
Alle übrigen, also mehreren Stimmen waren für diese letztere Ansicht, nämlich für die Überlassung der diesfälligen Bestimmung an den betreffenden Landtag, nachdem Minister Freiherr v. Pratobevera auf § 22 der Landesordnung, welcher dem Landtage die Aufbringung der zur Erfüllung seiner Wirksamkeit erforderlichen Mittel überläßt, hingewiesen und Graf Szécsen bemerkt hatte, daß eine allfällige Abänderung einer derartigen Bestimmung leichter stattfinden kann, wenn sie bloß auf einem Landtagsbeschlusse beruht, als wenn sie durch die kaiserliche Sanktion zum Landesgesetz geworden ist.
Im Protokoll fälschlich
Beschluß v. 20. 4. 1861, desgleichen 1 fl. öW. Reisekostenentschädigung für jede Meile. Zum galizischen Landtag siehe besonders MR. v. 15. 7. 1861/II.
Die anderen Landtage hatten die Diäten und die Reisekosten für die Abgeordneten festgesetzt, ohne diesbezügliche Beschlüsse zur Sanktion vorzulegen,
Landesordnung für Galizien v. 26. 2. 1861,
Siehe MK. II v. 15. 1. 1861.
Siehe den nächsten Tagesordnungspunkt.
Laut § 22 der Landesordnung (vgl. Anm. 10) war der Landtag berechtigt, Zuschläge zu direkten Steuern bis auf 10% derselben einzuheben; höhere Zuschläge bedurften der kaiserlichen Genehmigung.
Dementsprechend beantragte der Staatsminister, dem galizischen Landtag mitteilen zu dürfen, daß der Beschluß
Im Hause der Abgeordneten ist der Antrag gestellt worden und wird demnächst zur Verhandlung kommen, daß jedem Abgeordneten 10 f. Diäten vom Tage der beginnenden Funktion und an Reisekostenvergütung 1 f. pro Meile aus dem Fonds erfolgt werden sollen, aus welchem die Reichsratsauslagen bestritten werden, und daß kein Abgeordneter darauf verzichten dürfe. Der Staatsminister glaubte hervorheben zu sollen, daß einerseits die Landtage als die Mandanten die Sorge für die Entschädigung ihrer Mandatare, d. i. ihrer Abgeordneten zum Reichsrate, aus Landesmitteln zu übernehmen hätten, daß aber andererseits zu erwägen sei, wie die Reichsräte nicht bloß Landes-, sondern wirkliche Reichsangelegenheiten zu verhandeln haben, daß sonach die dazu erforderlichen Mittel vom Staatsschatze herbeigeschafft werden müssen.
Da der Finanzminister die Richtigkeit dieser letzteren Ansicht anerkannte und sonach prinzipiell dem Antrage auf Erfolgung von Diäten aus dem Staatsschatze nicht entgegenzutreten vermöchte, so beschloß die Mehrheit, daß das Ministerium den Antrag im Reichsrate zwar prinzipiell nicht bekämpfen, jedoch jede im Schoße des Hauses sich ergebende Differenz zum Vorteile des Ärars benützen, namentlich die vom Finanzminister beantragte Ermäßigung der Diäten auf 8 f. und deren Feststellung bloß für die Dauer der gegenwärtigen Session (wie der Kriegsminister andeutete), dann die Berechnung der Meilengelder (nach Minister v. Lasser) vom Entsendungs-, d. i. vom Landtagsorte, insofern nicht die Benützung der Eisenbahnen möglich ist, wo dann nur die Eisenbahngebühr zu vergüten wäre, bewirken, endlich sich der Ansicht widersetzen solle, daß diese Angelegenheit bloß als ein Internum des Hauses anzusehen sei.
Der Minister des Äußern beharrte zwar auch hier bei seiner schon oben ad V prinzipiell ausgesprochenen Ansicht, glaubte jedoch, daß, wenn schon eine Entschädigung gegeben werden will, dieselbe mittelst eines Pauschales zu gewähren wäre, damit die Versuchung der Abgeordneten, sich recht lange im Genuß der Diäten zu erhalten, entfernt und somit die Dauer der Session möglichst abgekürzt und der Staatsschatz geschont werde, wogegen der Finanzminister jedoch bemerkte, daß es derzeit an einem Anhaltspunkte zur Bemessung eines solchen Pauschales gebreche. Minister Graf Szécsen endlich glaubte, daß das Ministerium sich in dieser Frage möglichst passiv verhalten sollte.
Einfügung b–b Lassers.
Dieser Antrag war vom Abgeordneten Dr. Spiridion Litwinowics, griechisch-unierter Bischof von Lemberg und Führer der ruthenischen Abgeordneten, am 13. 5. 1861 als Dringlichkeitsantrag gestellt worden,
Die Festsetzung der Diäten auf 8 fl. beantragte der Abgeordnete Johann v. Putzer-Reibegg,
Der Ausschuß hatte den Antrag als eine
Infolge obergerichtlicher Entscheidung über Berufung des Staatsanwalts (Konferenzbeschluß vom 3. Mai 1861) wird der Prozeß gegen die drei Journale „Wanderer“, „Presse“ und „Österreichische Zeitung“ wegen Mitteilung des Kossuthschen „Affidavits“ in der Banknotensache wiederaufgenommen und demnächst beim Landesgerichte die Schlußverhandlung stattfinden. Seither sind die Äußerungen, um deren Mitteilung willen jene Journale gerichtlich belangt werden, namentlich aber gerade jene Punkte, welche eigentlich das Verbrechen des Hochverrats begründen und welche Kossuth zu seiner Verteidigung anführte, auch auf dem ungrischen Landtage — mit noch Ärgerem — wiederholt und durch den Abdruck derselben in den Zeitungen abermals ins Publikum gekommen, und es kann hierwegen keine strafgerichtliche Prozedur stattfinden, indem der Landtag selbst die Veröffentlichung befohlen hat. Es wäre also itzt nach der übereinstimmenden Ansicht des Polizeiministers und des Ministers Freiherrn v. Pratobevera sehr auffallend, wenn die drei erstgenannten Journale wegen eines Artikels gerichtlich verfolgt und vielleicht verurteilt würden, bezüglich dessen oder wenigstens ganz ähnlicher, in den Grundsätzen und Ausführungen vollkommen übereinstimmender Äußerungen andere straflos bleiben, ja gar nicht belangt werden können. Beide Minister vereinigten sich daher zu dem Antrage, bei Sr. Majestät die Ermächtigung zur Niederschlagung der in Rede stehenden Untersuchung zu erbitten.
Mit Ausnahme des Ministers des Äußern, welcher dafür war, dem Gesetze seinen Lauf zu lassen, waren alle übrigen Stimmen für diesen Antrag, Minister Graf Szécsen übrigens noch mit der Bemerkung, daß er zwar auch dafür stimme, weil gegenwärtig nach Verlauf so geraumer Zeit die etwaige Bestrafung jener drei Journale ihre Wirkung verlieren würde, daß er jedoch sonst für die Aufrechterhaltung des Prinzips wäre, wornach die Immunität der Mitglieder eines politischen Körpers für ihre in der Versammlung abgegebenen Äußerungen nicht auch auf die Zeitungen übergeht, welche nicht insbesondere zur Veröffentlichung der Verhandlungen autorisiert sind.
Einfügung c–c Mecsérys.
Einfügung d–d Mecsérys.
Zu dieser Angelegenheit siehe MR. v. 3. 5. 1861/III. In dem gemeinsamen Vortrag v. 24. 5. 1861 beantragten der Justiz- und der Polizeiminister die Einstellung der strafgerichtlichen Untersuchung gegen die drei Tagblätter nach § 189 der Strafprozeßordnung, was der Kaiser mit Ah. E. v. 28. 5. 1861 gestattete,
Über eine Frage des Ministers Freiherrn v. Pratobevera, wie sich bei der selbst in ämtlichen Ausfertigungen und im Reichsgesetzblatt vorkommenden Verschiedenheit in der Benennung der Kronländer (es kommt z. B. einmal „Küstenland“, ein anderes Mal „Istrien, Görz, Gradiska und Triest“ vor) zu benehmen sei, wurde sich dafür entschieden, die ausführlichere Benennung als die gesetzlich geltende anzuwenden.
Wien, am 22. Mai 1861. Erzherzog Rainer.
Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Laxenburg, den 3. Juni 1861.
Empfangen 4. Juni 1861. Erzherzog Rainer.
Im Protokoll fälschlich