RS.; P. Ransonnet; VS. Erzherzog Rainer; BdE. und anw. (Erzherzog Rainer 23. 12.), Rechberg, Mecséry, Nádasdy, Degenfeld, Schmerling, Lasser, Wickenburg, Lichtenfels, Forgách, Esterházy, Schlechta; abw. Plener, Pratobevera; BdR. Erzherzog Rainer 17. 1. 1862.
Der Sektionschef im Finanzministerium Freiherr v. Schlechta referierte über die Anträge des Finanzministers und des Staatsrates in bezug auf die in der Hofstaatsgebarung und in deren Kontrolle einzuführenden Modifikationen und las zuerst das die Grundlage der diesfälligen Verhandlung bildende Ah. Handschreiben vom 25. Mai d. J., womit dem Finanzminister im Vernehmen mit dem mittlerweilen verstorbenen Präsidenten der Obersten Rechnungskontrollsbehörde Freiherrn v. Krauß über diese Gegenstände ein Gutachten abgefordert wurde.
Sektionschef Baron Schlechta motivierte die nachfolgenden, in dem Vortrage vom 28. Julius d. J. gestellten Anträge des Finanzministers: 1. Das Erfordernis für den Ah. Hofstaat ist in dem dem Reichsrate vorzulegenden Staatsvoranschlag nur mit den Hauptsummen aufzunehmen. 2. Die bisherige Ingerenz des Finanzministers bei Zustandebringung der Voranschläge für die Hofstäbe wäre beizubehalten und zwar ohne Intervenierung der im Ah. Handschreiben erwähnten Kommission. 3. Jedem Hofstabe wäre die Gebarung mit der ordinären Dotation inner der Grenzen derselben nach den bisherigen Normen, jedoch mit der Modifikation überlassen, die Ersparung an einer Rubrik zur Deckung des Mehraufwandes bei einer andern zu verwenden. 4. Die Verwendung der Ersparnis bei einem Hofstab im ganzen zur Deckung des Mehrerfordernisses bei einem andern Hofstabe soll auch ferner nicht gestattet sein. 5. Die etwa notwendig werdenden Nachtragsdotationen sind von den Finanzen unter genauer Begründung in Anspruch zu nehmen und von dem Finanzminister vorbehaltlich der Rechtfertigung vor dem Reichsrate anzuweisen. 7. Die gegenwärtig bei der Hofstaatsbuchhaltung kumulierten Funktionen des Rechnungshilfsdienstes und der Kontrolle sind zu trennen und ist die letztere von der Kameralhauptbuchhaltung zu üben. 8. Die Hofstaatsgebarungsausweise werden Sr. Majestät im Wege des Finanzministers au. vorgelegt. 9. Die Voranschläge und Gebarungsausweise der Hoftheater sind wie bisher abgesondert und im Wege des Finanzministers Allerhöchstenorts zu überreichen.
Die Anträge des Staatsrates weichen von den obigen im wesentlichen nur bei folgenden drei Punkten ab: (Ad 2.) Der vom Ersten Obersthofmeister dem Finanzminister bekanntzugebende Hofstaatsbedarf ist unter Beiziehung eines Abgeordneten dieses Ministers, dann eines zweiten von Seite der Obersten Rechnungskontrollsbehörde in einer Kommission aus Mitgliedern der vier Hofstäbe unter einem von Sr. Majestät Ah. bestimmten Vorsitzenden einer eingehenden Prüfung zu unterziehen. (Ad 4.) Die in den Beratungen des Reichsrates unterzogenen, von Sr. Majestät genehmigten Voranschlage enthaltene Bedeckungssumme des ordentlichen Erfordernisses des Hofstaates bildet für diesen eine Gesamtdotation, inner deren Grenzen demselben die Gebarung mit Beobachtung der bestehenden Normen und dergestalt überlassen bleibt, daß Ersparungen bei der Dotation eines Hofstabes zur Deckung des Mehrbedarfs bei einem andern Hofstabe gegen Rechtfertigung des Mehrbedarfes bei Vorlage der Jahresgebarung verwendet werden dürfen. (Ad 7.) Eine Änderung in der dermaligen Kontrolle durch die Hofstaatsbuchhaltung hat vorderhand nicht einzutreten. (Ad 8.) Die Nachweisungen über die Jahresgebarung des Hofstaates sind in der obgedachten Kommission zu prüfen und von derselben gutächtlich Sr. Majestät zu unterbreiten.
Sektionschef Baron Schlechta erörterte die Bedenken, welche vom Standpunkte des Finanzministeriums gegen die divergierenden Anträge des Staatsrates obwalten. Die der Kommission hiernach zugeteilte Aufgabe werde daraus ein Mittelglied zwischen Ah. Sr. Majestät und dem Finanzminister bilden, der dadurch nicht mehr in der Lage wäre, die kritische Beurteilung der seinerzeit im Reichsrate von ihm zu vertretenden Positionen des Hofstaatsvoranschlages zuletzt noch unmittelbar vor der Ah. Entscheidung gegenwärtig zu halten. Hiezu kommt, daß jedes solche Mittelglied mit einem Umzuge und Zeitverlust für die Geschäfte verbunden ist. Die Kontrolle der Hofstaatsbuchhaltung könne nicht als eine völlig von den Hofstäben unabhängige gelten; diese Rechnungsbehörde gehöre nur nominal zur Kameralhofbuchhaltung, in der sie einen gesonderten, dem Einflusse des Hofbuchhalters fast ganz entrückten Körper bildet. Dieses Verhältnis zu ändern sei angezeigt. Dem Freiherrn v. Schlechta scheint die Aufgabe der Kommission, wie sie der Staatsrat im vorgelesenen Entwurfe gezeichnet hat, mit der dem Ah. Handschreiben vom 25. Mai zum Grund liegenden Idee nicht ganz übereinzustimmen. Nach der Auffassung des Sektionschefs dürfte die Ah. Absicht dahin gerichtet sein, über den in Absicht auf die Geldfragen nicht stets einträchtigen Chefs der Hofstäbe einen aus Repräsentanten aller Beteiligten zusammengesetzten und von einem hochgestellten unabhängigen Mann präsidierten Körper zu bilden, der die innere Gebarung bei den Stäben und deren Zweigen unmittelbar zu überwachen und die Verwendung der präliminierten Dotationen dergestalt zu leiten rücksichtlich au. zu beantragen hätte, daß die als Gesamtdotation aufzufassende Präliminarziffer des Hofstaats für das Ordinarium nicht überschritten werde. Eine Kommission mit dieser Wirksamkeit und in dieser Beschränkung könnte der Finanzminister nur als eine sehr erwünschte und wohltätige Institution begrüßen.
Eine weitere Frage ist aber die, ob jetzt schon der geeignete Augenblick eingetreten sei, um die neue Einrichtung ins Leben treten zu lassen. Referent glaube mit Hinblick auf die nahbevorstehenden reichsrätlichen Verhandlungen über den Hofstaatsvoranschlag für 1862 diese Frage verneinend beantworten und au. beantragen zu sollen: „Dieser Gegenstand habe auf sich zu beruhen und er sei bei Beratung des Hofstaatsvoranschlags für 1863 wieder Allerhöchstenortes in Erinnerung zu bringen.“
Staatsrat Freiherr v. Geringer konstatierte vorerst die in den beiderseitigen Ansichten stattgefundene Annäherung, indem der Finanzminister jetzt mit der Bestellung einer Kommission einverstanden ist, welche die Verwendung des für den ganzen Hofstaat präliminierten Ordinariums als Gesamtdotation, d. i. also mit der Übertragung ersparter Quoten auf andere Hofstäbe, zu leiten hätte. Durch die Teilnahme eines finanziellen Abgeordneten an den Arbeiten der Kommission würde die kurrente Gebarung der Kenntnis und dem Einflusse des Finanzministers nicht ganz entzogen und dieser Minister auch in der Lage sein, bei Beratung der Voranschläge und der damit im nahen Zusammenhange stehenden Gebarungsausweise im Schoß der Kommission durch jenen Abgeordneten alle nötig befundenen Erinnerungen und Bedenken geltend zu machen, sodaß dieselben bei der Vortragerstattung durch die Kommission noch rechtzeitig zur Ah. Kenntnis gebracht werden würden. Bei dem mündlichen Verkehre des fraglichen Abgeordneten mit jenen der Hofstäbe und bei der kommissionellen Aufsicht auf die kurrente Gebarung dürfte das wohlverstandene finanzielle Interesse auch mehr gewinnen als bei der dermaligen Ingerenz des Ministers durch Vortragserstattung über Präliminare und Gebarungsausweise. Eine lebendige Kontrolle träte dann an die Stelle einer sogenannten papierenen. Was die organischen Änderungen bei der Hofstaatsbuchhaltung betrifft, so habe sich selbst das Präsidium der Obersten Rechnungskontrollsbehörde gegen deren isolierte Vornahme erklärt. Übrigens sei dies ohnehin ein Punkt von untergeordnetem Gewichte. In Absicht auf die Nichtopportunität des gegenwärtigen Augenblicks zur Verwirklichung der neuen Einrichtung teilte Freiherr v. Geringer die Meinung der Vorstimme.
Der Präsident des Staatsrates glaubt, alle im staatsrätlichen Resolutionsentwurf formulierten au. Anträge festhalten zu sollen. Von der wechselseitigen Kontrolle, welche die Hofstäbe nunmehr im eigenen Interesse üben würden, könne man sich guten Erfolg versprechen. Die Leitung der Gebarung durch die Kommission, in welcher auch der Finanzminister vertreten wäre, würde gegen jetzt wesentlich vereinfacht. Bei dem Umstand, daß die Teilung der Ausgabsrubriken unter die Hofstäbe zum Teil auf keinem rationalen Grunde besteht, erscheine es umso mehr angezeigt, die Dotation der Hofstäbe als ein Ganzes zu behandeln. Die beantragte Trennung der Kontrolle von dem Rechnungshilfsdienste erscheine mindestens nicht notwendig. Freiherr v. Lichtenfels sehe nicht ab, warum nicht jetzt schon ein Ah. Ausspruch über die als zweckmäßig erkannten Änderungen erfolgen sollte, wenngleich die Tätigkeit der Kommission erst bei der Beratung über den Gebarungsausweis für 1861 und das Präliminar für 1862 zu beginnen haben wird. Der Minister des Äußern, der Vorstimme vollkommen beitretend, bemerkte, es sei ganz dem Geiste des konstitutionellen Systems angemessen, daß die Gesamtdotation des Hofstaates ohne alles Eingehen in die Details vom Reichsrate bewilligt werde. Der Polizeiminister ist gleichfalls dafür, daß die von den gegenwärtigen Ansichten des Finanzministers nicht sehr abweichenden Anträge des Staatsrates ohne längeren Aufschub die Ah. Genehmigung erhalten und die Kommission sofort Ah. eingesetzt werde. Baron Mecséry betrachtet es als mit dem Begriff einer Gesamtdotation (verschieden von einer Pauschalierung und einer unabänderlich fixierten Zivilliste) völlig vereinbarlich, daß allfällige Ersparnisse an die Finanzen zurückfließen und nicht auf das folgende Jahr übertragen werden. Das Korrelat hievon bildet der Anspruch auf Anweisung von Nachtragsdotationen bei vorhandener Unmöglichkeit, mit dem präliminierten Gesamtbetrag auszulangen.
Die sämtlichen Stimmführer vereinigten sich mit den Anträgen des Freiherrn v. Lichtenfels, rücksichtlich des Staatsrates, wobei Minister Ritter v. Lasser vor der Annahme eines Pauschalsystems für die Hofstaatsauslagen der Konsequenzen wegen warnen zu sollen erachtete, während der Minister des Äußern bemerkte, es werde doch in der Folge nichts erübrigen, als nach dem Beispiele der meisten konstitutionellen Staaten eine unabänderliche Zivilliste gesetzlich feststellen zu lassen, um den etwa zu versuchenden Nörgeleien und widrigen Diskussionen im Reichsrate vorzubeugen.
Einfügung Schlechtas.
Einfügung b–b Ransonnets.
Einfügung c–c Schlechtas.
Dieses Handschreiben hat folgenden Wortlaut:
Für die Beibehaltung der bisherigen Einflußnahme des Finanzministers wurde in dem Vortrag das Argument geltend gemacht, daß der Hofstaatsaufwand unstreitig zu den Staatsausgaben gehöre und daher gemäß der Verfassung vom Finanzminister vor dem Reichsrat zu rechtfertigen sei.
Gutachten des Staatsrates
Die im Handschreiben v. 25. 5. 1861 angeregte Kommission sollte also um einen Abgeordneten des Finanzministers vermehrt werden.
D. h. eines Abgeordneten des Finanzministers.
Mit Vortrag v. 10. 1. 1862 unterbreitete Erzherzog Rainer den Gegenstand dem Kaiser, der ihn entsprechend den Anträgen des Staatsrates, denen der Ministerrat beigetreten war, resolvierte mit der Ah. Entschließung bzw. dem Handschreiben v. 13. 1. 1862. Die wichtigsten Punkte waren: Die in Rede stehende Kommission wurde eingesetzt: die Dotation für den Hofstaat stellte für den Reichsrat eine Gesamtdotation dar, innerhalb welcher Einsparungen eines Hofstaates gegen Rechtfertigung bei einem anderen verwendet werden durften; durch die Festsetzung einer jährlichen Reservedotation sollte in Zukunft die Notwendigkeit zur Herbeischaffung weiterer außerordentlicher Dotationen entfallen; die Nachweisungen über die Jahresgebarung (Ad 8.) waren dem Finanzminister mitzuteilen, dann in der genannten Kommission zu prüfen und von dieser dem Kaiser vorzulegen,
Die Befürchtungen Rechbergs hinsichtlich der Diskussionen im Reichsrat waren übrigens unbegründet. Am 6. 5. 1862 legte der Finanzausschuß dem Abgeordnetenhaus den Bericht über das Hofstaatserfordernis vor; darin wurde die Sparsamkeit des Hofes betont; das Erfordernis wurde ohne Debatte gebilligt,
Wien, am 23. Dezember 1861. Erzherzog Rainer.
Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Venedig, 13. Jänner 1862.
Empfangen 17. Jänner 1862. Erzherzog Rainer.