RS.; P. Schurda; VS. Erzherzog Rainer; BdE. und anw. (Erzherzog Rainer 26. 12.), Rechberg, Mecséry, Nádasdy, Schmerling, Lasser, Plener, Wickenburg, Lichtenfels, Esterházy, FML. Schmerling; abw. Degenfeld, Burger, Forgách, [Hein]; BdR. Erzherzog Rainer 5. 1. 1863.
Nachdem der Ministerrat in der Sitzung vom 17. d. M. die Einführung der Bezirksvertretung in Böhmen, Mähren und Schlesien prinzipiell beschlossen hatte, wurde nunmehr zur Detailberatung des diesbezüglichen hierneben angeschlossenen Gesetzentwurfes geschritten.
Es trat zunächst die Frage in den Vordergrund, ob es notwendig ist, einen permantenten Bezirksausschuß (§ 3) zu bestellen. Der Staatsminister glaubte, diese Frage in einer längeren Auseinandersetzung bejahend beantworten zu sollen, indem er hervorhob, daß die Wirksamkeit dieses Organes nur eine beratende beziehungsweise eine administrative sein wird und daß die in dieser Richtung erhobenen Bedenken nur dann gerechtfertigt wären, wenn man diesen Körperschaften auch eine legislative Tätigkeit zuweisen würde. Nachdem übrigens die Konferenz im Prinzipe die Einführung von Bezirksvertretungen angenommen hat, so sei es nur als eine notwendige Konsequenz zu betrachten, daß diesen Körperschaften ein Ausschuß zur Seite gesetzt werde. Der Polizeiminister, welcher sich zwar nicht verhehlen konnte, daß diese Schöpfung nur die Geschäfte vervielfältigen, der Staatsverwaltung Verlegenheiten bereiten und den für die Regierung so wichtigen Einfluß der politischen Behörden lähmen werde, glaubte sich mit Rücksicht auf die im Prinzipe entschiedene Einbringung des Gesetzes bezüglich der Bezirksvertretung nur dahin bescheiden zu müssen, daß dieser Körperschaft auch ein permanenter Ausschuß zur Erleichterung des Landesausschusses beigesetzt werde, wobei es aber erwünscht sein dürfte, die Tätigkeit dieses Ausschusses auf das tunlichst geringste Maß zu beschränken. Der Minister Ritter v. Lasser erklärte sich mit der Bestimmung des § 3 vollkommen einverstanden. Sollen die Bezirksvertretungen geschaffen werden, so muß man auch gestatten, daß sie die zu ihrem Wirkungskreise gehörigen Befugnisse auch durch einen Ausschuß ausüben können. Die Bedenken gegen dieses Organ entfallen, wenn man die Aktion desselben auf jenes Maß beschränkt, wo es aufhört, staatsgefährlich zu werden. Das Aufsichtsrecht und die Exekutive behält die Regierung, während dieser Körperschaft nur eine beratende und administrative Tätigkeit zugewiesen ist. Dieser Stimmführer glaubte übrigens aufmerksam machen zu sollen, daß im § 50 des vorliegenden Entwurfes der Ausdruck „Bezirksstraßen“ wegzulassen wäre, zumal es in Böhmen eigentlich keine Bezirksstraßen, sondern Konkurrenzstraßen gibt. Der Minister des Äußern, der Minister Graf Nádasdy und der Finanzminister traten ebenfalls der Ansicht des Staatsministers bei. Der Handelsminister würde im Hinblick auf die Bedenken, welche von verschiedenen Seiten gegen dieses Organ geltend gemacht werden, jedenfalls abwarten, was der Landtag in dieser Frage tun wird, bis dahin also von der Bestellung eines Bezirksausschusses gar nichts erwähnen. Der Staatsratspräsident äußerte, er habe sich in der früheren Sitzung gegen die Bezirksausschüsse im Zusammenhang mit der prinzipiellen Opportunitätsfrage ausgesprochen. Wenn nun aber die Konferenz im Prinzipe dafür gestimmt hat, daß die Regierung die Initiative ergreifen und das bezügliche Gesetz einbringen soll, so müsse man seines Erachtens konsequenterweise auch die Notwendigkeit der Bezirksausschüsse anerkennen. Insoferne es sich hier um eine Detailberatung des Entwurfes handelt, so hätte Votant den Wunsch, daß die §§ 77 und 78, welche von der Einflußnahme der Staatsverwaltung handeln, derart modifiziert werden, daß die Berufung gegen die Beschlüsse der Bezirksvertretung und des Ausschusses an die Behörde geht. Der zweite Absatz des § 78 sage zwar, daß die politische Behörde berechtigt und verpflichtet sei, die Ausführung von Beschlüssen zu sistieren und die Entscheidung über die Frage, ob der Beschluß vollzogen werden kann oder nicht, von der Statthalterei einzuholen, dies sei aber keine Berufung, kein Rekurs, und doch scheine es hier ebenso notwendig, wie es in dem Gesetze vom 5. März 1862 Art. XVIII ausdrücklich vorkommt. Freiherr v. Lichtenfels machte daher den Vorschlag, diese beiden Paragraphe in dieser Richtung abzuändern und glaubte, daß dann, wenn dieses angenommen werden sollte, von jeder weiteren Detailberatung des vorliegenden Entwurfes Umgang genommen werden könnte. Der Staatsminister erklärte sich mit diesem Vorschlage einverstanden, und wurde sonach beschlossen, diese Modifikation vorzunehmen, so wie auch die Konferenz dem Antrage des Ministers Ritter v. Lasser, auch gleich im § 76 darauf Bedacht zu nehmen und dort dem ersten Absatze beizufügen „unbeschadet der der Staatsverwaltung zustehenden Einflußnahme“ einhellig beistimmte. Der Staatsratspräsident fand es dann auch zweckmäßig, daß die hier in Rede stehenden Modifikationen auch in dem Gesetzentwurfe betreffend die Kreisvertretung in Tirol vorgenommen werden.
Dem Originalprotokoll liegt der Gesetzentwurf betreffend die Bezirksvertretung für das Königreich Böhmen im Druck bei.
Reichsgemeindegesetz,
Zu Tirol siehe MR. v. 15. und 17. 12. 1862/I ( = Sammelprotokoll Nr. 301). Nach einer weiteren Besprechung im MR. I v. 5. 1. 1863 genehmigte der Kaiser mit Ah. E. v. 5. 1. 1863 die Einbringung aller von Schmerling am 17. 12. vorgelegten Gesetzentwürfe bei den Landtagen,
Der Staatsminister holte die Zustimmung der Konferenz zu dem Allerhöchstenortes zu erstattenden Vorschlage wegen Besetzung der durch den Tod des Klebelsberg vakant gewordenen Landeshauptmannstelle in Tirol ein.
Von den diesfälligen Propositionen des Statthalters erachtete der Staatsminister nur jene in Betracht ziehen zu sollen, welche die Berufung des Innsbrucker Oberlandesgerichtsrates Kiechl zu diesem Posten bezweckt, indem die Befähigung dieses Mannes sehr günstig geschildert und nur das eine eingewendet werde, daß er ein sehr schlichter Mann ist, der sehr zurückgezogen lebt und nur ungern diesem Rufe folgen werde, über welches Bedenken jedoch der Staatsminister umso mehr hinweggehen zu können vermeint, als Kiechl, wenn später eine andere passende Persönlichkeit aufgefunden werden sollte, immerhin von dieser Funktion über seinen Wunsch enthoben werden kann. Der Staatsminister würde daher, wenn die Konferenz zustimmt, die Ernennung des Kiechl zum Landeshauptmann von Tirol bei Sr. Majestät au. in Antrag bringen.
Der Ministerrat war hiermit einverstanden.
Der Oberlandesgerichtsrat Dr. Hieronymus v. Klebelsberg-Thumburg war am 7. 12. 1862 gestorben.
Dr. Johann Kiechl, von 1861 bis 1867 Abgeordneter der Stadt Bozen und liberal eingestellt, wurde mit Ah. E. v. 26. 12. 1862 zum Landeshautmann von Tirol ernannt,
Der Finanzminister machte der Konferenz die Mitteilung, es habe sich herausgestellt, daß der präliminierte Betrag für die in Ungarn, Siebenbürgen, Kroatien usw. disponibel gewordenen Beamten durch die in der Konferenz vom 17. d. M. beschlossene Verlängerung der Begünstigungsfrist bis zum letzten Juni 1863 bedeutend überschritten werden würde. In dieser Rücksicht hätte es nach der Meinung des Finanzministers von dem gemäß des obigen Konferenzbeschlusses zu erstattenden au. Vortrages abzukommen und sich einstweilen auf den Antrag zu beschränken, die Begünstigungsfrist bloß bis Ende April 1863 zu erweitern. In diesem Sinne habe der Finanzminister auch bereits Zuschriften an die Hofkanzler abgehen lassen, in welchen auch ausführlich die Notwendigkeit dargetan wird, die Last der Disponibilitätsgehalte endlich einmal vom Staate abzuwenden.
Auf die Bemerkung des Ministers Grafen Nádasdy, daß in der letzten Konferenz die Verlängerung der Begünstigungsfrist bis letzten Juni hauptsächlich deshalb beschlossen wurde, um die gehörige Zeit für die prinzipielle Behandlung dieser Angelegenheit zu gewinnen, erwiderte der Finanzminister, daß dieser eben die Überschreitung des Präliminares im Wege stehe, daß übrigens durch seinen Vorschlag wegen Erstreckung der Begünstigungsfrist bis April nicht präjudiziert, sondern dies nur ein vorsichtiger Vorgang wäre vorbehaltlich des Prinzipes, was dann weiter zu geschehen hat, indem bis April 1863 wohl hinlängliche Zeit zu Gebote steht, um über die prinzipielle Behandlung der disponiblen Beamten sich endlich einmal klar zu werden.
Hierüber fanden sich Se. k. k. Hoheit veranlaßt, die Frage zu stellen, ob die Konferenz mit Rücksicht auf die Mitteilung des Finanzministers von ihrem Beschlusse vom 17. d. M. abgehen oder an demselben festhalten wolle, worauf sich nach kurzer Diskussion, bei welcher der Staatsratspräsident unter Rekapitulierung der Konferenzverhandlungen vom 17. Oktober und 17. Dezember l. J. die Notwendigkeit der Erstreckung der Begünstigungsfrist bis wenigstens letzten Juni nachwies und Graf Nádasdy mit warmen Worten der traurigen Lage der aus Böhmen, Mähren und Galizien hinabgesendeten Beamten gedachte und hervorhob, daß man schon wegen der heutigen Abwesenheit des ungarischen Hofkanzlers von dem neulichen Beschlusse nicht abgehen könne, die Mehrheit der Konferenz für die Aufrechthaltung des Konferenzbeschlusses vom 17. d. M. aussprach.
Einfügung b–b Pleners.
Tagesordnungspunkt I.
Aufgrund der Verzeichnisse der disponiblen Beamten, die die Hofkanzleien gemäß Ministerratsbeschluß v. 17. 10. 1862/IV übermittelt hatten, war man im Finanzministerium, noch bevor alle Verzeichnisse vorlagen, zur Ansicht gelangt, daß aus budgetären Gründen das Begünstigungsjahr nur bis Ende April verlängert werden sollte, nachher aber die nicht untergebrachten Beamten
Über die Beschlüsse v. 17. und 20. 12. erstattete Erzherzog Rainer am 21. 12. 1862 Vortrag und legte folgenden Resolutionsentwurf vor, der vom Kaiser am 22. 12. 1862 unterzeichnet wurde:
Wien, am 26. Dezember 1862. Erzherzog Rainer.
Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 5. Jänner 1863.
Empfangen 5. Jänner 1863. Erzherzog Rainer.