RS.; P. Schurda; VS. Erzherzog Rainer; BdE. und anw. (Erzherzog Rainer 12. 12.), Mensdorff, Schmerling, Lasser, Plener, Lichtenfels, Esterházy, Burger, Hein, Franck, Zichy, Kalchberg; abw. Mecséry, Nádasdy; BdR. Erzherzog Rainer 28. 12.
Se. kaiserliche Hoheit der durchlauchtigste Herr Erzherzog Rainer eröffnete die Sitzung mit dem Bemerken, daß über Verlangen des Sektionschefs Baron Hock, behufs seiner weitern Unterhandlung in Berlin über die Intentionen der Regierung in der Zollfrage vollkommen ins klare gesetzt zu sein, eine engere Konferenz – bestehend aus dem Minister des Äußern, dem Staatsminister, dem Finanzminister, dem Leiter des Handelsministeriums und dem Baron Hock – abgehalten wurde, deren Ergebnis der Finanzminister heute dem vollen Ministerrate zur weitern Erwägung und Beschlußfassung vortragen werde.
Der Finanzminister referierte hierauf, das Komitee habe zunächst die Frage ins Auge gefaßt, was in Absicht auf den gegenwärtigen Stand der Zollangelegenheit nun zu geschehen hätte, und in dieser Beziehung vorerst erkannt, daß es notwendig sei, den einmal betretenen Weg der Unterhandlung mit Preußen fortzusetzen und dabei noch das Möglichste für uns zu erzielen suchen. Bezüglich des sodann weiter einzuhaltenden Ganges haben sich zwei Alternativen ergeben, nämlich ob der neue Zolltarif direkte an den Reichsrat gebracht werden soll, oder ob hierüber noch Staatsverträge abzuschließen wären, rücksichtlich ob nicht der Versuch gemacht werden sollte, auch mit Frankreich in Unterhandlung zu treten und dann erst die Sache, durch solchen Vertrag unterstützt, an das Haus zu bringen. Die Majorität des Komitees habe sich darin geeinigt, daß, wenn man bei den sofort wieder aufzunehmenden Unterhandlungen in Berlin zu irgendeinem Abschlusse gelangt sein wird, sodann auch mit Frankreich in Unterhandlung zu treten sein werde, weil nur dann, wenn die Verhandlungen mit diesen Staaten beziehungsweise Staatsvertretern als Eskorte für den Zolltarif ins Abgeordnetenhaus gebracht werden, eine Aussicht für die Annahme eines angemessenen neuen Zolltarifes bestehe, daß es aber notwendig sei, diesen Vorgang durch Ministerratsbeschluß schon derzeit festzusetzen, weil dem österreichischen Bevollmächtigten in Berlin sein Wirken dadurch ungemein erleichtert wird, wenn er wisse, daß später mit Frankreich unterhandelt wird, indem er es dann eher wagen kann, mit Preußen keinen Exklusivvertrag zu verabreden und preußische Prätentionen zurückzuweisen, ohne die Zollreform zu gefährden. Über diese Anträge der engeren Konferenz hätte also, nach der Anordnung Sr. kaiserlichen Hoheit, der heutige volle Ministerrat den Beschluß zu fassen. Es werde sich, fügte Referent schließlich bei, heute natürlich nicht um die Detailbestimmungen dieser etwaigen Unterhandlung, sondern darum handeln, im Prinzipe festzustellen, daß, im Falle sich in Berlin nicht viel tun lasse, mit Frankreich in Unterhandlungen getreten werde.
Bevor an die Beratung dieser Anträge gegangen werde, glaubte der Staatsminister eine Inzidenzfrage aufwerfen zu sollen, nämlich ob nicht auch mit England eine derartige Unterhandlung einzuleiten wäre, indem sich Stimmen von dort haben vernehmen lassen sollen, daß die englische Regierung so etwas erwarte. Ihm sei hierwegen offiziell wohl nichts bekannt, wenn aber in der Tat eine solche Intention bestehe und vielleicht zur Sprache gekommen sein sollte, so dürfte dies wohl ein Gegenstand sein, der mit der heutigen Frage im Zusammenhange zu behandeln wäre. Der Finanzminister bemerkte hierüber, Clarendon soll bei seiner hierortigen Anwesenheit wohl über die Notwendigkeit eines solchen Vertrages zwischen Österreich und England gesprochen haben; Näheres hierüber sei aber vom Grafen Rechberg dem Finanzminister nicht mitgeteilt worden. Edler v. Plener glaubte übrigens darauf aufmerksam machen zu sollen, daß, wenn man auch noch mit England negoziieren wollte, die ganze Sache weit hinausgeschoben werden und es dann unmöglich sein würde, die Zollreform noch in dieser Session zur Durchführung zu bringen. Auch liege derzeit kein Objekt für einen englisch-österreichischen Vertrag vor, weil Englands niedrige Einfuhrzölle schon itzt ohnehin Österreich zugute kommen, daher lediglich Österreich ohne neues Äquivalent Konzessionen machen müßte. Der Minister des Äußern bestätigte, daß Offizielles hierwegen nicht vorgekommen sei; daß England dahin strebe, sei nicht unbekannt, er halte aber dafür, daß von uns aus so etwas nicht angeregt werden sollte, zumal hieraus für Österreich keine besonderen Vorteile fließen dürften. Der Marineminister erinnerte, daß sich mit dieser Frage bereits auch die Triester Handelskammer beschäftigt und nach reiflicher Erwägung aller Verhältnisse erkannt habe, daß ein Vertrag mit England für unsere Industrie durchaus von keinem Nutzen wäre. Freiherr v. Burger sprach sich hier gleich auch in der Hauptfrage dahin aus, daß er den Anträgen des Komitees nur beistimmen könne, da auch nach seinem Dafürhalten der vorgeschlagene Weg der beste sei, der in der Sache zu betreten ist.
Der Minister Ritter v. Lasser erachtete vor Abgabe seiner Meinung noch einige Vorfragen stellen zu sollen. Fürs erste wolle er daran erinnern, daß Se. Majestät vor einigen Jahren ausdrücklich die Zusicherung zu erteilen geruhten, daß der Zolltarif nur nach Einvernehmen der Fachmänner geregelt werden soll; zweitens frage er, ob man die Absicht habe, mit Frankreich unter allen Umständen zu unterhandeln, oder nur dann, wenn mit Preußen kein Vertrag zustande kommt; und drittens, wie lange diese Verhandlungen dauern dürften und ob dann auch noch Zeit übrig bleibt, die Sache in dieser Reichsratssession einzubringen. Der hierauf zur Äußerung aufgeforderte Sektionschef Freiherr v. Hock bemerkte zunächst gegenüber der Inzidenzfrage des Staatsministers, daß seines Erachtens eine Verhandlung mit England absolut unmöglich ist, weil es uns durchwegs an Stoff fehle, um von England Konzessionen zu erlangen, mit einem Worte, um einen nur halbwegs für uns günstigen Vertrag zustande bringen zu können. Belangend die vom Minister Ritter v. Lasser verlangten Aufklärungen erinnerte Freiherr v. Hock ad 1., es sei allerdings richtig, daß Se. Majestät versprochen haben, daß in der Zollfrage Fachmänner vernommen werden, darauf könne man entgegnen, daß damals noch keine konstitutionellen Einrichtungen, sondern nur die Handelskammern bestanden haben, jetzt aber die Sache der vorhandenen Reichsvertretung zur Behandlung vorgelegt werde, wodurch das gedachte Versprechen eigentlich noch durchgreifender ausgeübt werde. Ad 2. meinte Freiherr v. Hock, daß die Unterhandlung mit Frankreich jedenfalls in Aussicht zu halten wäre, und zwar vorzüglich deshalb schon, weil dies als ein Hebel zu gebrauchen sein wird, um Preußen zu weiteren Zugeständnissen zu treiben. Was die Dauer der Verhandlungen ad 3. betrifft, so dürfte nach den in Prag stattgefundenen Unterhandlungen nunmehr in Berlin nicht mehr viel zu verhandeln übrig bleiben. Die Hauptdifferenz betreffe den formellen Punkt. Die anderen noch auszugleichenden Punkte seien meistens technischer Art, die auf die eine oder die andere Weise, und zwar in kurzer Zeit gelöst werden. Die Verhandlung mit Frankreich dürfte auch keine lange Zeit in Anspruch nehmen. Unser Verlangen reduziere sich auf zwei Hauptpunkte, nämlich erstens, daß uns Frankreich die Rechte der begünstigsten Nation einräume, und zweitens, daß uns die Begünstigung, welche es der direkten Schiffahrt gewährt, auch bezüglich der indirekten Schiffahrt eingeräumt werde. Es sei dies allerdings nicht so leicht erreichbar, weil dann Frankreich diese Begünstigung auch allen andern Nationen zugestehen müsse. Allein, setzen wir dieses nicht durch, so stehen wir dann anderen Staaten gleich, und die Unterhandlung wird sich nur auf einzelne Zollsätze beschränken. Besondere Schwierigkeiten dürfte also ein Vertrag mit Frankreich nicht geben. Auf die Frage des Ministers des Äußern, welche materiellen Vorteile wir aus einem solchen Vertrage mit Frankreich erwarten können, antwortete Baron Hock, daß hiedurch der Verkehr mit Frankreich ein lebhafter werde. Schon jetzt finden unsere Galanteriewaren, Holzwaren, Bauholz, Faßdauben, Rohstoffe etc. dort Absatz, dieser wird aber dann ein noch bedeutend größerer werden. Er habe übrigens bezüglich der österreichischen Erzeugnisse, die noch nach Frankreich gehen könnten, Erforschungen angestellt und darüber mit dem Sektionsrate Dr. Schwarz und mit dem hiesigen Fabrikanten Reckenschuß konsultiert, und beide hätten seine Meinung bestätiget, daß wir namentlich mit Modewaren einen großen Export nach Frankreich haben werden. Die französische Industrie in diesem Zweige sei wohl schön, elegant, aber gewiß nicht die wohlfeilste, und deshalb können wir wegen unserer Wohlfeilheit mit diesen Waren sehr stark konkurrieren. Der Minister Ritter v. Lasser erklärte sohin, damit einverstanden zu sein, daß nach Preußen auch mit Frankreich negoziiert werde, vorausgesetzt, daß wir dort nur geben, was unter allen Umständen durch den Zolltarif gegeben werden will; oder vielleicht können wir von dort doch etwas erlangen. Sein erster Gesichtspunkt in der Sache sei der, daß der neue Zolltarif rechtzeitig in das Abgeordnetenhaus eingebracht werde, denn fürs erste ist die Anwendung des § 13 des Grundgesetzes hier, teils weil der Inhalt der Thronrede die Vorlage des Zolltarifs vor dem Reichsrat besprach, teils wegen der im Jahre 1859/60 den Industriellen gegebenen Ah. Zusicherung, nicht angezeigt, und es müsse also das Haus hierüber schon im Grunde des gedachten Versprechens Sr. Majestät vernommen werden. Seines Erachtens wäre also gleich jetzt ein Termin festzusetzen, bis zu welchem die Unterhandlungen mit Preußen und Frankreich abgeschlossen und die Sache in das Haus gebracht werden müßte. Er würde vorschlagen, diesen Termin längstens mit Ende April 1865 zu bestimmen. Nachdem der Staatsratspräsident sich erbat, sein Votum erst dann abgeben zu dürfen, bis er die Ansicht des Vertreters des Handelsministeriums über eine Vertragsabschließung mit Frankreich gehört haben wird, gab Se. k. k. Hoheit dem Leiter des Handelsministeriums, Freiherrn v. Kalchberg, das Wort, welcher vorweg erklärte, daß er von einem Handelsvertrage mit Frankreich für uns keine Vorteile erwarte. Die Frage, welchen Enfluß ein solcher Vertrag auf den Verkehr Österreichs mit Frankreich nehmen würde, mache es vor allem notwendig, sich gegenwärtig zu halten, welche Verkehrsbeziehungen zwischen beiden Staaten bestehen und namentlich, welche österreichischen Erzeugnisse in Frankreich ein Absatzgebiet finden können. Hierüber habe er Erkundigungen eingezogen, und dieselben lassen entnehmen, daß nur Waren von geringer volkswirtschaftlicher Bedeutung Absatz nach Frankreich haben. Den Eintritt von Naturprodukten aber müsse Frankreich im eigenen Interesse gegen geringe Zölle gestatten, dazu bedürfe es also keines Vertrages. Es wäre aber auch eine irrige Voraussetzung, wenn man annehmen wollte, daß durch Zollermäßigungen von Seite Frankreichs unsere Großindustrie einen bedeutenden Markt in Frankreich gewinnen würde, denn wenn durch Zollermäßigung die Konkurrenzfähigkeit und der Markt für österreichische Waren hergestellt werden könnte, so müßte [er] sich fragen, warum Österreich nicht in England seit Aufhebung der Einfuhrzölle auf so viele Artikel, warum nicht in Belgien die österreichische Produktion seinen [sic!] reichen Absatz finde. Dem Absatze derselben stehe aber die Überlegenheit der französischen Industrie entgegen, und die österreichische Ware sei zur Zeit nicht imstande, die Konkurrenz mit französischen und englischen Waren auf französischen Märkten zu bestehen. Daß uns Frankreich keinen entscheidenden Vorteil bieten würde und auch nicht einmal bieten könne, das zeige der französisch-preußische Handelsvertrag, in welchem sich Frankreich für alle Artikel, welche die Hauptzweige seiner Industrie bilden, die höchsten Zölle vorbehalten habe, welche jene des Zollvereines um das Zehnfache und mehr übersteigen; Freiherr v. Kalchberg suchte dieses durch eine Vergleichung der Zollsätze für einige Warengattungen nach dem französisch-preußischen Zollvertrage mit dem österreichischen Tarifsentwurfe näher nachzuweisen. Er halte, fuhr Baron Kalchberg fort, es ferner für Österreich sehr bedenklich, sich durch einen Vertrag auf eine lange Reihe von Jahren auf bestimmte Zollsätze zu binden. Für unsere Schiffahrt haben wir aus einem Vertrage mit Frankreich auch durchaus keine Vorteile zu erwarten, denn Frankreich halte fest daran, ausländischen Schiffen nur für den direkten Verkehr Begünstigungen zuzugestehen, hievon werde es vorderhand nicht abgehen, und sei dies für uns um so nachteiliger, als für unsere Schiffahrt nur der indirekte Verkehr mit Frankreich Bedeutung hat, in dieser Beziehung aber etwas zu erlangen durchaus keine Hoffnung vorhanden sei, zumal diese Gleichstellung schon so vielfach von anderen Staaten versucht, aber von Frankreich konstant verweigert wurde. Aus allem dem gehe hervor, daß ein Vertrag mit Frankreich keinesfalls dringend sei und es durchaus nicht angezeigt erscheine, sich in einer so wichtigen Frage zu überstürzen. Freiherr v. Kalchberg bezweifelte auch, daß es möglich sei, bis Ende April die Sache dann an das Haus zu bringen, zumal zu einer Negotiation mit Frankreich gar nichts vorbereitet ist. Die Befürchtung, daß man mit dem neuen Zolltarife ohne Begleitung eines Staatsvertrages im Hause durchfallen werde, könne Votant nicht teilen. Die weit überwiegende Mehrheit im Hause seien Nichtindustrielle, lediglich Konsumenten von Produkten der Industrie, warum sollten diese gegen ihr eigenes Interesse, größere Wohlfeilheit, votieren? Und die Industriellen selbst, die werden kaum im Stand sein, ein schrofferes Zollsystem durchzusetzen. Freiherr v. Kalchberg stellte schließlich seine Anträge dahin: 1. Die Verhandlungen mit Preußen wären sofort zum Abschlusse zu bringen; 2. sei sodann auf Grundlage der in Berlin erzielten Ergebnisse weiterer Beschluß zu fassen, einerseits über die Zeit und die Art der Vorlage des Tarifes an den Reichsrat, andererseits über die Opportunität, die Zeit und Art etwaiger Verhandlungen mit Frankreich; und 3. seien in den diplomatischen Beziehungen zu Frankreich Verhandlungen mit demselben als etwa demnächst bevorstehend nicht in Aussicht zu nehmen. Der Staatsratspräsident bemerkte sohin, er sehe durch die Äußerung des Leiters des Handelsministeriums seine Besorgnis nur bestätigt, daß wir durch einen Handelsvertrag mit Frankreich keine Vorteile erreichen, sondern dasselbe es nur benützen würde, uns zu drücken; er erklärte sich sonach mit Freiherrn v. Kalchberg einverstanden, daß man sich mit der Verhandlung mit Preußen begnügen soll und, wenn da etwas zustande kommt, die Sache sofort an das Haus gebracht werde. Freiherr v. Hock fand hier zu bemerken, daß die Fortsetzung der Verhandlung mit Preußen wahrscheinlich eine Verhandlung mit Frankreich mit sich bringen werde, und zwar namentlich wegen des Art. 31, denn will man da etwas ausrichten, müsse man die Zustimmung Frankreichs haben, welche aber ohne Vertrag nicht möglich sei. Er negierte übrigens, daß ein Handelsvertrag mit Frankreich uns nicht nützlich wäre, und wies insbesondere darauf hin, daß Frankreich solche Handelsverträge mit England, Belgien, Schweiz etc. abgeschlossen hat, und man doch nicht annehmen könne, daß sich alle diese Länder von Frankreich täuschen ließen. Freiherr v. Hock könne auch die Hoffnung des Leiters des Handelsministeriums, den neuen Zolltarif im Reichsrate durchzubringen, nicht teilen, denn die Industriellen dort werden gewiß Prätentionen machen, die mit einem vernünftigen Zollsysteme nicht vereinbar sind, und er habe die Überzeugung, daß der Tarif, wie er jetzt vorliegt, dann bedeutend wird geändert werden müssen.
Nachdem bei der weiteren Umfrage der Minister Ritter v. Hein, sich auf seine schon früher abgegebene Meinung berufend, daß er zunächst im alleinigen österreichischen Interesse die selbständige Feststellung des neuen Zolltarifes im Wege einheimischer Legislative für notwendig und allein rätlich erachte, von Transaktionen mit Preußen und Frankreich keinen Erfolg erwarte und damit keine Pression auf eine in verderblicher freihändlerischer Richtung gehende Tariffeststellung verbunden sehen wolle, sondern zuerst und von jedem Pressionsversuche frei die Tarifberatung als erste Aufgabe betrachte, und der Kriegsminister der Meinung des Leiters des Handelsministeriums beitraten, der Minister Graf Esterházy und der ungarische Hofkanzler aber dem Antrage des Finanzministers respektive der engeren Ministerkonferenz beistimmten, und nachdem sohin Se. k. k. Hoheit konkludierten, daß die Mehrheit des Ministerrates dafür sei, daß die Verhandlung mit Preußen sofort wieder aufzunehmen sei und eine Verhandlung mit Frankreich in Aussicht gehalten werde, erbat sich der Staatsminister das Wort, um der Konferenz gegenwärtig zu halten, daß, nachdem bei der heutigen Beratung allseitig die Notwendigkeit erkannt wurde, daß der neue Zolltarif jedenfalls noch in der gegenwärtigen Reichsratssession eingebracht werde, der Termin hiezu längstens bis 1. April 1865 festgesetzt werden muß, weil es unmöglich sei, den Gesamtreichsrat über den Monat Mai hinaus noch tagen zu lassen, nachdem dann noch der Ah. Zusage gemäß der engere Reichsrat in Tätigkeit treten muß und im Herbste wieder die Landtage einzuberufen sein werden. In dieser Rücksicht glaube daher der Staatsminister von seinem in der engeren Konferenz abgegebenen Votum abgehen und dafür stimmen zu sollen, daß bloß mit Preußen weiter verhandelt und dann die Sache in Form eines Handelsvertrages vor das Haus gebracht werde. Nur wenn man in Berlin schnell zu einem Abschlusse gelangen würde und gegründete Hoffnung vorhanden wäre, die Unterhandlung mit Frankreich gegen Ende März zu Ende zu bringen, könnte der österreichische Bevollmächtigte ermächtiget werden, in diese Verhandlung sich einzulassen.
Der Ministerrat war mit der Festsetzung des Termines auf den 1. April 1865 einverstanden, und es wurde sofort beschlossen, es sei gegenwärtig noch nicht definitiv auszusprechen, daß mit Frankreich nicht verhandelt werde, sondern es habe der österreichische Komissär diese Verhandlung insoferne in Aussicht zu halten, als nach erfolgtem Abschlusse mit Preußen noch genug Zeit erürbigen würde, um auch noch diese zweite Unterhandlung bis zu dem bestimmten Termine (1. April) zu vollführen.
Schließlich stellte der Leiter des Handelsministeriums die Bitte, es möge ihm eine Abschrift der Instruktion des Baron Hock in ihrer letzten definitiven Ausfertigung mitgeteilt werden, da er dieselbe nicht besitze, was von Seite des Freiherrn v. Hock sofort zugesagt wurde.
Einfügung a–a Pleners.
Korrektur b–b Lassers aus:
Einfügung c–c Lassers.
Korrektur d–d Lassers aus
Einfügung Lassers.
Einfügung f–f Heins.
Randvermerk Schurdas:
MR. v. 10. 12. 1864.
George Villier Graf Clarendon, Mitglied des Kabinetts Palmerston II als Kanzler des Herzogtums Lancaster, war einige Wochen zuvor auf der Durchreise in Wien gewesen, vgl. MR. v. 18. 10. 1864,
Ah. E. v. 15. 10. 1860,
Direkte Schiffahrt = Transport von Waren direkt aus einem Hafen des Landes, dem das Schiff angehörte; indirekte Schiffahrt = Transport von Waren, die im Hafen eines dritten Landes geladen waren. Frankreich war auf Gegenseitigkeit bereit, fremde Schiffe bei direkten Einfuhren aus ihrem Land den eigenen in bezug auf Zölle und Abgaben gleichzustellen.
Vgl. MR. v. 10. 12. 1864, Anm. 6.
Grundgesetz über die Reichsvertretung, Beilage zum Februarpatent.
Siehe auch Kalchbergs Wortmeldung im MR. v. 10. 12. 1864 und die in Anm. 8 zit. vergleichende Übersicht.
Kalchberg legte seine Meinung auch in einem ausführlichen Votum nieder, das er dem Protokoll beizugeben bat, vgl. Anm. g. Diesem Votum sind seinerseits drei Beilagen angeschlossen:
Vgl. MR. v. 10. 12. 1864, Anm. 14.
MR. v. 2. 8. 1864/II,
Diese Zusage war in der Thronrede bei Eröffnung der dritten Reichsratssession gegeben worden. Zur Einberufung des gesamten, dann des engeren Reichsrates siehe
Am 15. 12. 1864 reiste Hock zur Fortsetzung der Verhandlungen nach Berlin; der Termin wurde nicht eingehalten: der Handels- und Zollvertrag zwischen Österreich und den Staaten des Deutschen Zollvereins wurde am 11. 4. 1865 abgeschlossen,
Fortsetzung im Ministerrat zum Zolltarif MR. v. 6. 2. 1865/VII, zu den Zollverhandlungen MR. II v. 15. 2. 1865/V.
Verhandlungen mit Frankreich wurden nach Abschluß des Vertrags mit dem Zollverein am 11. 4. 1865 aufgenommen, dazu
Siehe
Der Minister Ritter v. Hein brachte den Bericht des Ausschusses in der Rogawskischen Angelegenheit zur Sprache, in welchem der Standpunkt eingenommen wird, daß dem Abgeordnetenhause das Recht zustehe, über den Verlust des Mandates einzelner Abgeordneter endgültig zu entscheiden. Nachdem die Regierung gemäß Ministerratsbeschlusses die Kompetenz dieser Entscheidung negiert und er auch demgemäß in der diesbezüglichen Ausschußsitzung eine Erklärung namens des Ministeriums abgegeben hatte, so dürfte es wohl jetzt, wenn auch der Ausschußantrag auf Verlusterklärung des Rogawskischen Mandates lautet, schwer sein, bei der Verhandlung im Hause bezüglich der in dem Berichte ad I. angeführten, dem gedachten Ministerratsbeschlusse zuwiderlaufenden Anschauung zu schweigen, was einer förmlichen Desavouierung seiner Äußerung im Ausschusse gleichkäme.
Der Minister Ritter v. Lasser hielt es für angezeigt, bei der Debatte im Hause sich möglichst still zu verhalten und um die Motivierung sich gar nicht zu kümmern, weil man mit einem Ankämpfen dagegen nur den Beschluß des Ausschusses alterieren könnte, der doch für die Regierung günstig sei und allem Anschein nach eine große Majorität des Hauses erlangen werde. Auch der Staatsminister empfahl es, genau zu überlegen, ob mit einem Proteste gegen die Motivierung in der Sache nicht mehr geschadet als sich genützt würde. Er würde es durchaus nicht für klug halten, daß von Seite der Regierung die Sache weiter verfolgt und auf die Spitze getrieben werde, weil man damit nur höchstens das ganze in Frage stellen und die voraussichtliche Majorität sprengen könnte. Ritter v. Schmerling war also entschieden dafür, sich ganz reserviert zu halten und nur im äußersten Falle, wenn nämlich der Standpunkt der Regierung direkte angegriffen werden würde, sich in eine Entgegnung einzulassen. Hierwegen könne man aber nur während der Verhandlung selbst einen Beschluß fassen, und er wolle daher in dieser Richtung wachen und im geeigneten Momente mit den anwesenden Herren Kollegen Rücksprache pflegen.
Die Konferenz war hiermit einverstanden.
Zur Frage des Erlöschens des Abgeordnetenmandats des Karol Rogawski siehe zuletzt MR. v. 20. 11. 1864/I,
MR. v. 26. 11. 1864/I,
Die Plenardebatte im Abgeordnetenhaus fand am 13. 12. 1864 statt, ohne daß sich ein Regierungsvertreter zu Wort meldete; der Ausschußantrag wurde angenommen,
a) Der Finanzminister referierte, der Ausschuß über die Regierungsvorlage betreffend die Fortdauer der Steuer-, Stempel- und Gebührenerhöhung beantrage, daß die Erhöhung nicht für sechs Monate, sondern nur für drei Monate zu bewilligen wäre, weil Aussicht vorhanden sei, das Finanzgesetz bis Ende März zustande zu bringen. Er lege auf die Aufrechthaltung des sechsmonatlichen Termines keinen Wert und nehme keinen Anstand, in dieser Beziehung dem Antrage des Ausschusses – wenn es die hohe Konferenz billigt – zuzustimmen.
Der Ministerrat fand dagegen nichts zu erinnern.
b) Ferner referierte der Finanzminister, daß er in der nächsten Sitzung des Abgeordnetenhauses in der Lage sein werde, das in der heurigen Session neuerlich eingebrachte Punzierungsgesetz zu motivieren, und daß er gedenke, zur speziellen Begründung der Regierungsvorlage dem Präsidium des Hauses eine eigene Denkschrift zu übergeben, wozu er sich die Zustimmung der hohen Konferenz erbitte.
Der Ministerrat war damit einverstanden.
Zur jährlichen Verlängerung dieser Erhöhungen siehe MR. v. 3. 10. 1864/I, Anm. 11 und 12,
Das Gesetz wurde in beiden Häusern angenommen,
Punzierung = Kennzeichnung des Feingehaltes von Gold- und Silberwaren. Der Entwurf eines Punzierungsgesetzes war schon in der zweiten Reichsratssession in Verhandlung gestanden, siehe dazu MR. v. 1. 10. 1863/V,
Zum Gesetzentwurf siehe Vortrag Pleners v. 31. 10. 1864,
Der Marineminister referierte, der Ausschuß für die Regierungsvorlage betreffend die in den Häfen der österreichischen Seeküste zu zahlenden Tonnen-, Seesanitäts- und Kontumazgebühren habe bei seiner Beratung an dem betreffenden Gesetze einige Änderungen vorgenommen, welche von keiner besondern Bedeutung sind und überhaupt das Wesen des Gesetzes nicht stören. Referent gedenke daher, in der Finalsitzung des Ausschusses diese Änderungen zuzugestehen, und erbitte sich daher hiezu die Zustimmung der hohen Konferenz. Nachdem der Marineminister diese in der Beilage zusammengestellten Änderungen zur Kenntnis der Konferenz gebracht hatte, ergab sich weder dem Finanzminister noch sonst einem Stimmführer eine Bemerkung gegen den Antrag des Referenten.
Dem Originalprotokoll liegen ein gedrucktes, mit der Hand korrigiertes Exemplar des Gesetzentwurfs und eine handgeschriebene Zusammenstellung der Abänderungen bei.
Zu diesem Gesetzentwurf siehe MR. v. 14. 11. 1864/VIII, Anm. 19,
Beschlußfassung im Abgeordnetenhaus
Wien, am 12. September 1864. Erzherzog Rainer.
Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, am 28. Dezember 1864.
Empfangen 28. Dezember 1964. Erzherzog Rainer.