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Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten

Politischer Bezirk St. Veit an der Glan

60 Gurk, Pfk. u. ehem. Domkirche
Mariae Himmelfahrt
9. Jz. 14. Jh.

Wandmalerei innen an der Südwand der Querhauses mit der Darstellung der Vierundzwanzig Ältesten, eine rektanguläre Malerei, gerahmt von einer Blattborte. Das Mittelstück ist erhöht und wird von einem Kielbogen mit Krabben abgeschlossen: Auf einem Thron sitzt Christus, flankiert von zwei musizierenden Engeln. Darunter zeigt ein rechteckiges Bildfeld die Stifter dieses Altherren-Freskos, der Mann mit zwei Söhnen, die Ehefrau mit sieben Töchtern, die beiden Schriftbänder beim Stifterpaar sind zur Gänze verschliffen, die Iss. nicht mehr zu lesen. Links und rechts vom thronenden Christus sind je zwölf der Ältesten aufgereiht, die sich zum Thron hin bewegen. Bei jedem der 24 Ältesten ist ein einzeiliges Spruchband gemalt, die Iss. sind aber durchwegs stark verschliffen. Die Zählung beginnt links (I) und setzt sich rechts (II) fort. Das Fresko wurde 1918 von der überdeckenden Tünche befreit.

H. ± 180 cm, B. 723 cm, Bu. ± 4,5 cm. – Gotische Minuskel mit Majuskelversalien.


Textedition
			

I. Links: Ia. E[– – –]s · es[– – –]e · gl(ori)am[…] Ib. Honor · et · [– – –] · deoa) Ic. Sa[– – –]r · t(ri)b(us) · [– – –] Id. [.]ues · puer ·[..]creatur · d[......] Ie. E[cce] · leo [de tri]bu · iuda If. S(an)c(t)us · e[st] · ver[...] · vid[i]cans · [......] Ig. [Et dederunt gloriam]deo · celi · Ih. [– – –]ia[..] Ii. Ecce · agnu(s) · in · medio · senior(um) · Ij. Advrem(us)b) · deu(m) · dicentes · amen II. Rechts: IIa. [O · S]apiencia IIb. [O · A]donay · IIc. [O · R]adix · yesse · IId. [O · C]lauis · dauit · IIe. [O · O]riens IIf. O · Rex · gencium · IIg. [O · Em]anuel · rex · IIh. [O · R]ex · purificer · IIi. [O · – – –]so[....]i iusticie IIj. [O · J]erusalem IIk. [O] Salus [ho]minumc) IIl. [O – – –] · regum ·

Anmerkungen
a) lt. Besold möglicherweise nach Apc 7,12: Honor, et virtus, et fortitudo Deo nostro.
b) sic!
c) lt. Besold vielleicht Ps 59,13: Quia vana salus hominis.

. . .] Ruhm [. . . (Ia).
Ehre [. . . ] Gott (Ib).
. . .] Knabe wird auserwählt (Id).
Siehe, der Löwe aus dem Stamm Juda (Ie).
Heilig ist [. . . ] (If).
Und sie bezeugten Ehre dem Gott des Himmels (Ig).
Siehe das Lamm inmitten des Ältesten (Ii).
Lasst uns Gott anbeten und Amen sprechen (Ij).
O Weisheit (IIa).
O Wurzel Jesse (IIc).
O Schlüssel Davids (IId).
O Sonnenaufgang (IIe).
O König der Heiden (IIf).
O König Emmanuel (IIg).
O König, der Reinigung bringt (IIh).
O [. . . ] der Gerechtigkeit (IIi).
O Heil der Menschen (IIk).
O [. . .] der Könige (IIl).

Apc 5,5 (Ie); Apc 11,13 (Ig); Apc 5,6 (Ii); nach Apc 19,4 (Ij); Magnificat-Antiphonen der Woche vor Weihnachten (IIa–IIg).


Kommentar

Diese Schriftbänder dienen der näheren Erklärung der Ältesten, über deren Ikonographie in Gurk bislang noch wenig geschrieben wurde. K. Ginhart1) hat sich als Erster mit diesem Neufund beschäftigt, ohne aber auf die Texte der Iss. näher einzugehen. Er spricht von „wirklichkeitsfeindlichen Spruchband­fahnen“2). Als „südostalpines Zeugnis zu einem Kultmotiv aus der Apokalypse“ beschreibt L. Kretzenbacher3) diese Darstellung der „Vierungzwanzig Ältesten“. A. Besold4) hat sich eingehend mit der Ikonographie der Vierundzwanzig Ältesten und deren begleitenden Iss. auseinandergesetzt. W. Frodl datiert das Wandgemälde in das letzte Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts5).

1) Ginhart, Neue Entdeckungen 1927/28, 67f. – Vgl. auch Schnerich, Neufunde 74f.
2) Ginhart/Grimschitz, Gurk 105 (Anm. 23): „Die Spruchbandtexte (aus den so genannten O-Antiphonen) heben ihre Träger über die Sichtbarkeit ihrer volkstümlichen Geltung in die Sphäre einer literarisch-liturgischen Bedeutung“.
3) Kretzenbacher, Vierundzwanzig Älteste 579f.
4) Besold, Fresken 19f.
5) Frodl, Gotische Wandmalerei 71, Abb. 14, Farbtaf. IV.
Literatur

Schnerich, Dom zu Gurk 85. – Ders., Neufunde 74f. – Ginhart, Neue Entdeckungen 1927/28, 67f. – Ginhart/Grimschitz, Gurk 103f. – Löw, Domführer 50f. – Herzig, Gotische Wandmalerei 33f. – Frodl, Gotische Wandmalerei 71, Abb. 14, Farbtaf. IV. – Kretzenbacher, Vierundzwanzig Älteste 579f. – Besold, Fresken 19f., 77f. – Dehio Kärnten 2001, 259.



Friedrich Wilhelm Leitner

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan, ges. u. bearb. v. Friedrich Wilhelm Leitner
(Die Deutschen Inschriften 65. Band, Wiener Reihe 2. Band, Teil 2) Wien 2008, Kat. Nr. 60,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/kaernten-2/teil1/kaernten-2-obj60.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten - Teil 2
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten  Politischer Bezirk St. Veit an der Glan  Gurk, Pfk. u. ehem. Domkirche Mariae Himmelfahrt    •  Wandmalerei  •  Gotische Minuskel mit Majuskelversalien  •  Gurk, Domkirche

Abbildungen

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Abb. 53: Wandmalerei,
Altherren (9.Jz. 14.Jh.)
©  Landesmuseum Kärnten (Friedrich W. Leitner)